Interview „Jeder Kunde legt Wert auf Nähe.“

Heitec AG



14.02.2012

Roland Chochoiek, Geschäftsgebietsleiter Elektronik, Heitec AG, im Gespräch mit E&E-Chefredakteur Michael Brunn über Elektronik-Fertigung am Standort Deutschland.

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Was sind die Erfolgsfaktoren deutscher Elektronik-Fertiger?

Das ist allem voran die Tatsache, dass wir nahe beim Kunden sind. Das bedeutet natürlich physisch, aber auch gedanklich. Wir müssen den Kunden in seiner Anwendung, in seinen Schwierigkeiten im Engineering verstehen. Wenn wir das bieten, sind wir gut aufgestellt.

Wo liegen die Schwächen - wo ist Deutschland nicht konkurrenzfähig?

Wenn es sich um Produkte handelt, die einen sehr hohen Montageanteil haben und einfache, gering wertschöpfende Anteile erfordern, ist Deutschland sicherlich nicht der optimale Standort. Das kann ich in Ländern, wo die Lohnkosten niedriger sind, günstiger machen. Aber man muss realistisch sagen, dass es nur in wenigen Ausnahmefällen möglich ist, ein Produkt mit einfachen Handgriffen von einer ungelernten Kraft in hoher Qualität fertigen zu lassen. In den anderen Fällen sind wir hier besser aufgestellt, davon bin ich überzeugt.

Wie wirken sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland auf das Fertigungsgeschäft aus?

Die gesamte Kundenbasis, die sich ja auch im Hause Heitec im Wesentlichen aus den industriellen Anwendern rekrutiert, hängen stark am Export. Ein gutes Exportklima mit allem, was dazu gehört, ist hier sicher ein wesentlicher Faktor. Im Moment geht es der Branche insgesamt gut, weil der Export boomt. Und das schlägt auf die Elektronik im Allgemeinen und die Fertigung im Besonderen durch.

Was sind die Gründe für ein Unternehmen, die Fertigung auszulagern?

Da gibt es sowohl strategische als auch betriebswirtschaftliche Gründe. Auf der strategischen Seite muss sich ein Unternehmen immer die grundsätzliche Frage nach der eigenen Kernkompetenz stellen. Wodurch unterscheidet man sich in Produkten oder Dienstleistungen von den Mitbewerbern? Man kann jetzt die eigenen Ressourcen auf die Dinge konzentrieren, die ein Unternehmen wirklich unterscheiden. Oder man kann versuchen, das Rad mehrfach neu zu erfinden. Es ist sinnvoll, die eigenen Ressourcen auf die Entwicklung von Differenzierungsfaktoren anzusetzen und Aufgaben, die nicht die Kernkompetenz sind, auszulagern. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoll, fixe Kosten zu variablen zu machen. Der Kunde lässt nur dann fertigen und bezahlt Fertigung, wenn sie benötigt wird - er muss nicht selber eine riesige Infrastruktur und die Kosten vorhalten, die damit verbunden sind.

Ist ein Fertigungs-Dienstleister für bestimmte Produkte oder Branchen besonders interessant?

In Branchen, wo das Thema „geistige Kundennähe“ eine Rolle spielt, wenn die Produkte komplexer, erklärungsbedürftiger werden, wenn die Einführung eines neuen Produkts aufwändiger, komplizierter wird und eine sehr enge Interaktion zwischen Entwicklung und Fertigung fordert, spielt die lokale Fertigung eine größere Rolle. Und dann greifen auch die genannten Vorteile am besten.

Wie stark werden neben der reinen Fertigung andere Dienstleistungen in Anspruch genommen, beispielsweise Entwicklung?

Sehr stark. Das ist aus meiner Sicht auch einer der entscheidenden Faktoren bei Beantwortung der Frage, ob Fertigung in Deutschland überhaupt sinnvoll ist. Bei uns im Hause Heitec ist die Fertigung aus der Notwendigkeit der Entwicklung hervorgegangen. Wir sind schon mehr als 25 Jahre als Entwicklungsdienstleister tätig, und da sind die ersten Kunden an uns herangetreten mit der Bitte, auch einmal einen Prototypen aufzubauen. Daraus ergab sich dann die Nachfrage nach Kleinserien und schließlich nach der Serienfertigung. So sind wir letztlich von der Entwicklungsseite zur Fertigung gekommen. Und ähnlich ist es jetzt mit den Aspekten der Gehäusetechnik, die wir auch anbieten, also Elektronik-Aufbausysteme, industrielle Elektronik-Gehäuse. Letztlich ist es das Gesamtpaket, was für den Kunden interessant ist. Die reine Fertigungsdienstleistung an sich ist da deutlich unattraktiver als wenn man eben auch die Entwicklung versteht und die Anwendung, die dahinter steht. Die reine Fertigung nimmt daher auch nur etwa ein Drittel unseres Geschäftes ein.

Sind deutsche Fertiger auch für ausländische Kunden interessant?

Eher nicht, das muss man ganz offen sagen. Das Argument für deutsche Fertiger ist die bereits erwähnte Kundennähe. Das bedeutet nicht nur, die Sprache zu verstehen, sondern auch die technischen Inhalte zu begreifen, den Kunden in der Entwicklung zu unterstützen, eng mit seinem Entwicklungsteam zusammenzuarbeiten. Das gilt natürlich nur, solange ich auch diese Kundennähe bieten kann. Je weiter man sich von Deutschland entfernt, desto weniger attraktiv wird die Fertigungsdienstleistung. Jeder Kunde legt Wert auf die Nähe, und so sucht sich ein Kunde aus dem Ausland typischerweise eher einen lokalen Anbieter.

Ist „Made in Germany“ angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Lage noch einmal ein zusätzlicher Vorteil?

Gerade vor dem Hintergrund, dass wir gewissermaßen ein Synonym für Engineering-Kompetenz im Weltmarkt sind, hilft das noch einmal ein Stück weiter. Wir können die Qualität nicht nur in der „banalen“ Produktqualität bieten, sondern auch in der Qualität der Kundenbeziehung, in der Qualität des Verständnisses und letztendlich in der tiefgehenden Engineering-Kompetenz.

Wie sehen Sie die künftige Entwicklung in der Elektronik-Fertigung im Allgemeinen und für Heitec im Besonderen?

Wenn wir weiterhin auf unsere Stärken setzen und unsere Kundennähe - eben nicht nur die physische - auch leben, haben wir nichts zu befürchten. Daher bin ich nach wie vor zuversichtlich.

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