Andrea Alboni Der Stellenwert von Cobots

Als General Manager Western Europe verantwortet Andrea Alboni seit Dezember 2020 die Aktivitäten von Universal Robots (UR) in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Damit leitet Alboni einen der wichtigsten Absatzmärkte des Cobot-Pioniers.

Bild: Universal Robots
23.10.2023

Kollaborierenden Robotern wird eine florierende Zukunft vorhergesagt, weil der Bedarf enorm steigt. Das Wort Kollaboration beschreibt aber für Andrea Alboni, General Manager Western Europe bei Universal Robots, weit mehr als einen Cobot. Im Gespräch mit publish-industry geht es um Arbeitsweisen, Wachstum und Trends rund um die Robotik.

Universal Robots vergrößert sich in Deutschland. Was gab den Ausschlag dafür?

Wir reagieren auf die hohe Nachfrage und das große Potenzial der kollaborierenden Roboter über alle Branchen hinweg. Im neuen Gebäude haben wir mehr Raum, um mit unserem immer größer werdenden Team kreativ und produktiv zu arbeiten. Nicht zuletzt wollen wir als Universal Robots am Standort München auch als attraktiver Arbeitgeber sichtbarer werden. Das wichtigste Argument für den größeren Standort, neben der regionalen Verbundenheit, wird der große Showroom und deutlich ausgebaute Kapazitäten für Cobot-Schulungen sein. Training und Ausbildung für unsere Kunden sowie die Zusammenarbeit mit ihnen ist ein zentraler Kern unserer Tätigkeit.

Ist der neue Standort also eine Anlaufstelle für Kollaboration?

Kollaboration liegt in unserer DNA. Kollaboration ist nicht nur eine technische Besonderheit unserer Roboter, sondern es ist unsere Art der Zusammenarbeit mit Kunden, Partnern und Unternehmen. Das können große Namen wie unsere Partner Sick oder Schunk sein, aber auch Start-ups. Denn ihnen fehlt es nicht an Ideen, aber am Marktzugang. Wir haben den Marktzugang. Wir wollen Innovationen fördern. Nur so können wir wirklich neue Applikationen entwickeln und Probleme lösen. Kollaboration bedeutet für Universal Robots auch die Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten und Universitäten. Diese Stärke und Vielfalt der Akademien müssen wir gerade im Mittelstand noch viel mehr ausnutzen und gegenseitig voneinander profitieren. Kollaboration sehen viele Mittelständler immer noch als komplex an und versuchen, alleine Lösungen zu finden. Wir wollen dazu beitragen, Hemmschwellen aus dem Weg zu räumen. Darum hören wir unseren Kunden auch ganz genau zu und laden sie ein, in unserem neuen Standort Konzepte zu testen, auszuprobieren und kollaborativ zu denken.

Kollaborativ sind auch Ihre Roboter. Worin sehen sie die treibenden Kräfte für weiteres Wachstum bei Cobots?

Es gibt leider einen sehr negativen Trend; das ist der demographische Wandel. Laut Statistiken und Vorhersagen soll es in Deutschland 2050 rund 10 Millionen weniger Menschen geben. Das ist eine gewaltige Veränderung in unserer Gesellschaft. Und schon jetzt reden wir nicht mehr über Fachkräftemangel, sondern über die Arbeitskräftekrise. Wir müssen also darüber nachdenken, wie wir künftig Tätigkeiten und Prozesse ausüben können, die heute noch Menschen machen. Beispielsweise sagten uns vor fünf Jahren alle, dass Cobots und Schweißen nicht funktionieren wird. Jetzt ist das Roboterschweißen einer unserer stärksten Bereiche. Und warum? Weil die Fachkräfte für das Schweißen fehlen! Ein erfahrener Schweißer kann dank unserer Cobots seine Produktivität vervielfachen. Schauen Sie sich die Gastronomie an, Personal fehlt hier extrem, viele Betriebe müssen schließen. Das gilt auch in der Hotellerie – überall werden Roboter-basierende Lösungen gesucht und teilweise auch schon eingesetzt. Oder denken Sie an Pflegeroboter, die beispielsweise für die Bewegungstherapie nach Knie-Operationen dienen. Der Markt für Cobots ist also alleine schon durch den demographischen Wandel stark getrieben. Ein weiterer Treiber für Wachstum ist das Reshoring von Produktionsstätten. Für konkurrenzfähige Fertigungskosten muss auch hier verstärkt auf Robotik gesetzt werden – und das unabhängig vom Fachkräftemangel. Unsere Roboter werden immer besser und einfacher zu bedienen, um die Hürden zum ersten Schritt in die Robotik weiter zu senken.

Was sind bei Ihren Gesprächen mit Kunden die Hauptbewegründe, warum viele noch immer Abstand von Robotik nehmen: Kosten, Komplexität oder „lässt sich eh nicht automatisieren“…

Ein Hauptgrund sind immer noch Vorurteile, es sei zu komplex und zu teuer mit Robotern. Allerdings können wir diese Argumente in Gesprächen mit Kunden sehr schnell beseitigen. Wir zeigen so viele Beispiele auf, wo Unternehmen jeder Größe und Branche bereits mit Robotern erfolgreich automatisieren und der Return of Invest nachweislich spätestens nach einem Jahr erreicht wurde. Wenn Kunden in unserem Showroom und Schulungszentrum erstmal selbst mit einem Cobot hantieren und die Möglichkeiten sehen, wie einfach es funktioniert, sind sie sofort Feuer und Flamme für die Technologie. Wie flexibel sich unser Cobot für verschiedene Aufgaben innerhalb kürzester Zeit anpassen lässt, überrascht immer noch viele Unternehmen. Natürlich lässt sich nicht alles automatisieren mit Cobots, hier spielt dann simple Physik rein. Sind zu hantierende Produkte zu schwer oder der Bewegungsradius zu groß, dann eignen sich natürlich klassische Industrieroboter viel besser und das kommunizieren wir dann auch so.

Verschwinden die Grenzen zu Industrierobotern zunehmend? Schließlich werden die Cobots immer leistungsfähiger…

Es gibt eine Überlappung. Die Grenze haben wir mit unserer neuen UR20-Generation auch weiter nach oben bewegt in Bezug auf Performance, Traglast, Reichweite und Wiederholgenauigkeit auf die Laufzeit. Natürlich spielen gerade die großen Industrieroboter weiter in ihrer eigenen Liga und sie behalten dort auch ihre Daseinsberechtigung. Agieren wir allerdings im erwähnten Grenzbereich, so haben unsere Leichtbauroboter neben der einfachen Usability einen weiteren entscheidenden Vorteil: sie brauchen nur eine simple 220-V-Steckdose, nicht mehr!

Liegt aber der Hauptvorteil der Cobots in der Flexibilität und nicht in seinen kooperativen Fähigkeiten? Denn diese werden doch eh selten genutzt oder…

Nein, denn es gibt mehr kollaborative Anwendungen, als man denkt. Weil unsere Kunden die Cobots aber oft in überraschend genialer Weise einsetzen, möchte man das verständlicherweise auch für sich behalten. Aber Kollaboration mit dem Roboter ist nicht nur die direkte Zusammenarbeit, sondern auch die Vorbereitung von Tätigkeiten. Der Cobot kann beispielsweise ohne Schutzeinrichtung und Zäune die nächsten passenden Bauteile bereitlegen, oder eine Palette bestücken. Mitarbeiter:innen sitzen derweil daneben und führen andere Aufgaben durch. Kollaboration ist also auch Koexistenz von Mensch und Cobot. Die Grenze zwischen beiden ist offen und flexibel.

Der Kunde will aber im Prinzip keinen Cobot, sondern eine Lösung für sein Problem. Bieten Sie auch fertige Applikationslösungen an?

Wenn wir die Möglichkeit haben, die Hürde für die Automatisierung nach unten zu ziehen, dann machen wir das – aber immer zusammen mit unseren Partnern. Zu den ersten schlüsselfertigen Applikationen zählen beispielsweise Schweißlösungen für MIG-, MAG- und TIG-Schweißen von Lorch und Migatronic. Zudem bietet Ecosphere Automation eine Lösung zur Automatisierung von Stanz-, Press- und Umformungsaufgaben an. Der Vorteil dieser Komplettlösungen liegt natürlich auf der Hand – unsere Kunden müssen das Rad nicht neu erfinden und können stattdessen gleich loslegen. Im Kern unserer Tätigkeit bleibt aber der Cobot, weil der Bedarf an den Robotern in den unterschiedlichsten Märkten und Applikationen einfach enorm die nächsten Jahre sein wird.

Wie sieht eigentlich die Lieferfähigkeit von Universal Robots aus?

Wer heute einen Roboter von uns bestellt, bekommt ihn in zwei Wochen. Schnelle Lieferfähigkeit war, ist und bleibt unser zentrales Ziel. Kunden wollen und können nicht Monate auf einen neuen Roboter warten, denn sie müssen auch ihrerseits schnell und flexibel auf Marktbedürfnisse reagieren können. Lieferfähigkeit beziehe ich aber nicht nur auf das Produkt. Wir liefern auch schnell, wenn Kunden ein Problem haben und Lösungen suchen. Durch unsere hohe Expertise bei Cobots seit 2005 sowie unserem hochqualitativen Partnernetzwerk sorgen wir immer für schnelle Antworten und Problemlösungen.

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