Marcel Mühlemann Biobasierte Kunststoffe für Elektronikkomponenten

SCHURTER AG ELECTRONIC COMPONENTS

Marcel Mühlemann ist Product Manager bei Schurter mit Hauptsitz in der Schweiz. Er profitiert von 15 Jahre plus Erfahrung im Product Management und einer nachgewiesenen Erfolgsbilanz in nationalen und internationalen Positionen, Projekt-/Programmmanagement, Bid-Management sowie Business Development im Bereich von Software- und Hardware-
Produkten.

Bild: Schurter
20.10.2023

Die Zeit ist reif: Kunststoffe auf pflanzlicher Basis sind ein Engineering-Topthema bei Schurter. Nach unzähligen Tests und der Erarbeitung profunden Know-hows haben wir jetzt eine Technologie entwickelt, um einen „grünen Kunststoff“ für elektronische Komponenten zu nutzen. Doch was sind grüne Kunststoffe überhaupt?

Dass die Menschheit ihren ökologischen Fußabdruck schnell reduzieren muss, bezweifeln nur noch wenige. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass sich unser Klima schneller als vorhergesagt verändert.

An unserem Stammsitz in Luzern beschäftigen sich deshalb die hellsten Köpfe und findigsten Ingenieure ausgiebig mit neuartigen Kunststoffen. Es handelt sich dabei um technische Polymere, basierend auf nachwachsenden, pflanzlichen Rohstoffen. Diese Kunststoffe ersetzen und ergänzen in den Gehäusen diverser Gerätesteckverbindungen die rohölbasierten Materialien.

Bislang bestehen elektronische Komponenten fast ausschließlich aus technischen Kunststoffen, deren Rohstoffe aus Rohöl gewonnen werden. Die gesamte Kunststoffproduktion basiert somit auf nicht erneuerbaren Ressourcen, was in Anbetracht des schnell zunehmenden wissenschaftlichen, sozialen und normativen Rufs nach Nachhaltigkeit im großen Kontext geändert werden muss.

Eine mögliche Alternative dazu sind Kunststoffe, welche aus pflanzlichen Rohstoffen hergestellt werden. Diese verfügen über einen neutralen CO2-Fußabdruck während der gesamten Produktlebenszeit. Im Labor konnten unsere Ingenieure verschiedene dieser Kunststoffe auf Herz und Nieren prüfen. Der best­geeignete Kunststoff wird aus Rizinusbohnen gewonnen. Die Rizinuspflanze wächst als Brachepflanze in semi-ariden Zonen und konkurrenziert somit nicht mit der Nahrungsmittelproduktion.

Es muss sichergestellt sein, dass im gesamten Produktkreislauf (Cradle-to-Grave) eine deutliche CO2-Einsparung erfolgt. Für ausgewählte, repräsentative Produkte aus dem Portfolio ist eine entsprechende Analyse durch eine unabhängige Firma durchgeführt worden. Der neue Kunststoff weist im Vergleich mit rohölbasiertem Kunststoff einen bis zu 2/3 reduzierten CO2-Fußabdruck auf.

Der Anbau von Rizinusbohnen für die Herstellung dieser Kunststoffe bietet Möglichkeiten für eine nachhaltige Beschaffungskette. Rizinusbohnen können in einer Vielzahl von Regionen weltweit angebaut werden und erfordern im Vergleich zu anderen Nutzpflanzen wenig Wasser und Düngemittel.

Aus ökologischer Sicht ist ein Einsatz pflanzenbasierter Rohstoffe somit sinnvoll. Seit längerem liefen deshalb Versuche, um zu prüfen, ob mit diesem Material Komponenten hergestellt werden können, welche optisch und mechanisch den hohen Qualitätsstandards von Schurter gerecht werden.

Wie sich ein Kunststoff in der Praxis verhält, lässt sich nicht immer aus einem Datenblatt ablesen. Also mussten unzählige Tests, wie beispielsweise das Fließverhalten im Spritzgussverfahren, die mechanische Belastbarkeit, die thermische Beständigkeit und viele mehr durchgeführt werden.

Diese Testreihen haben gezeigt, dass die Produkte die Qualitäts- und Sicherheitsvorschriften vollumfänglich erfüllen. Am Ende mussten die Produkte den Sicherheitsvorschriften der IEC 60320-Norm entsprechen. Kurzgefasst: Das neue biobasierte Gehäusematerial, das wir für unsere Green Line Steckerserie verwenden, steht seinem Rohöl-Pendant in nichts nach.

Der „grüne Kunststoff“ bildet erst den Anfang einer nachhaltigen Evolution in der Elektronikindustrie. Wir sind fest entschlossen, unsere Innovationskraft weiterhin für die Entwicklung umweltfreundlicher Lösungen einzusetzen. Die Green Line ist hierfür ein wegweisendes Beispiel, wie Nachhaltigkeit, Leistung und Innovation erfolgreich kombiniert werden können.

Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Für die alle 5 Jahre neu definierte, überarbeitete Unternehmensstrategie wurde dem Thema Nachhaltigkeit besondere Aufmerksamkeit zuteil. In den letzten Jahren wurden diverse Firmensitze und Produktionsstätten in Europa (Schweiz, Tschechien, Rumänien, Ungarn), Asien (Indien, China und Singapur) modernisiert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Allein der Umbau des Stammsitzes in Luzern betrug 30 Millionen CHF.

Im Gegenzug weisen die neuen oder renovierten Gebäude massiv gesteigerte Wärmedämmwerte aus, die Beleuchtung verschlingt nur noch einen Bruchteil dessen, was vorher verbraucht wurde. Und bei den Mitarbeitenden wurde das Bewusstsein für minimal notwendigen Energieverbrauch geschärft.

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