Erzeugten Strom selber verbrauchen Potenzial von Prosuming für die Energiewende heben

Trotz der vielversprechenden Möglichkeiten, die Prosuming bietet, stehen rechtliche und regulatorische Hürden einer vollständigen Realisierung im Weg.

Bild: publish-industry / DALL·E
28.02.2024

Privathaushalte, Gewerbe und Industrie haben jetzt die Chance, nicht nur Energie zu verbrauchen, sondern auch selbst zu erzeugen und aktiv an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft teilzunehmen. Daher veröffentlicht der BDEW 14 Handlungsempfehlungen zur Erschließung der Potenziale des Prosuming.

Schon heute sind über 50 Prozent der Stromerzeugung erneuerbar und zunehmend dezentral. Sowohl Privatpersonen als auch Gewerbe und Industrie können sich als Betreiber und Nutzer von dezentralen Erzeugungsanlagen, wie beispielsweise PV-Anlagen, vermehrt und aktiv an der Energiewende beteiligen.

Erzeuger und Verbraucher

Eine Möglichkeit ist das sogenannte Prosuming. Durch technische Entwicklungen wie Hausspeicher und strombasierte Anwendungen wie Wärmepumpen oder Ladesäulen für Elektrofahrzeuge haben private Betreiber von Erneuerbaren-Anlagen vielfältige Möglichkeiten, einen wachsenden Teil ihres erzeugten Stroms selbst zu verbrauchen. Der Erzeuger (engl. „Producer“) ist also zunehmend auch gleichzeitig Verbraucher (engl. „Consumer“) und verbindet beide Rollen zum „Prosumer“.

„Es gibt bereits eine Vielzahl innovativer technischer Lösungen für effiziente Energieerzeugung, -speicherung und -nutzung in Betrieben, Gebäuden oder an Energieerzeugungsstandorten. Allerdings werden diese unter dem heutigen rechtlichen und regulatorischen Rahmen kaum realisiert“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Die hohen Potenziale von Prosuming zeigt auch eine Studie von Fraunhofer ISE und Energy Brainpool im Auftrag des BDEW auf, die eine Reihe möglicher Prosuming-Anwendungen untersuchte.

Um diese Potenziale zu heben, hat der BDEW nun 14 Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Diese betreffen unter anderem die Vereinfachung und Netzintegration von großen Prosuming-Anwendungen, die Bereitstellung von Flexibilitäten für Verteilnetzbetreiber, die Marktteilnahme von Prosumern, den Smart-Meter-Rollout, die Nutzung von Speichern und die Anwendung von Sektorkopplungstechnologien.

Problematische Regelungen

Ein besonders großes Hemmnis seien die aktuellen Regelungen für größere Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Stromerzeugung und -nutzung, erklärt Andreae: „Der Betreiber einer Erzeugungsanlage zur Eigenversorgung wird nach derzeitigem Recht zu einem ‚Energieversorger‘ sobald er weitere Verbraucher mit seiner Anlage beliefert – mit allen einhergehenden energiewirtschaftlichen Pflichten. Diese Pflichten sollten generell für alle Versorger vereinfacht werden, um den aktuell hohen Aufwand zu minimieren.“

Der BDEW schlägt daher vor, entsprechend dem europäischen Recht eine ‚kollektive Eigenversorgung‘ einzuführen, bei der sich Stromverbraucher innerhalb der Prosuming-Anwendungen im Eigenverbrauchs- und Mieterstromkonstrukt – also aktuell hinter einem definierten Netzanschluss – vertraglich zu einer kollektiven Eigenversorgung zusammenschließen können. So könnte die Prosuming-Quote und damit die Wirtschaftlichkeit von Anwendungsfällen deutlich gesteigert werden.

„Durch Prosuming könnten nicht nur ganze Quartiere künftig eine hohe Selbstversorgung erreichen, sondern auch Wertschöpfung und Akzeptanz der Energiewende vor Ort erheblich gesteigert werden, da die Bürgerinnen und Bürger sich unmittelbar durch Investitionen an der Energiewende beteiligen können. Durch Erschließung von Flexibilitäten können Prosumer zudem einen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems leisten“, sagt Andreae. „Wir sollten diese Potenziale nutzen. Die Rahmenbedingungen für das Prosuming müssen deshalb dringend angepasst werden.“

Klar sei aber laut Andreae: „Auch ein Energiesystem mit hoher dezentraler Versorgung muss finanziert werden. Prosumer müssen deshalb einen verursachungsgerechten Beitrag zur Finanzierung der Netzinfrastruktur leisten und gleichzeitig perspektivisch ihre Flexibilitäten netz-, system- und marktdienlich einsetzen.“

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