Schraubautomaten flexibilisieren Kamerageführte Leichtbauroboter schrauben „sehend“

Insbesondere bei schwierig zu positionierenden Werkstücken oder Fertigungstoleranzen ist das „sehende“ System im Vorteil, denn es ist nicht mehr (nur) auf die vorprogrammierten Schraubpositionen angewiesen.

Bild: iStock, filo
08.04.2021

Kollaborative Leichtbauroboter, kurz Cobots, finden in Handling und Montage immer mehr Verbreitung. In Kombination mit einem Vision-Sensor, der ihnen den Weg zum Ziel weist, lassen sie sich besonders flexibel einsetzen.

Kollaborative Robotersysteme, die Seite an Seite mit menschlichen Mitarbeitern Handling- oder Montageaufgaben übernehmen, haben die Anwendungsschwelle für die Robotik erheblich gesenkt. Mit Cobots lassen sich auch solche Anwendungen automatisieren, für die ein Robotereinsatz bisher zu aufwändig und zu teuer erschien. Denn obwohl die kollaborativen Roboter oftmals nicht ohne weitere Sicherheitsmaßnahmen eingesetzt werden, weisen sie oft vergleichsweise günstige Systemkosten sowie eine einfache Installation und Bedienung auf.

Es überrascht daher nicht, dass Cobots in den letzten Jahren in Handling- und Montageanwendungen zunehmend Verbreitung gefunden haben und heute in vielen Industriebranchen, vom Maschinenbau über die Automobilindustrie bis hin zur Elektronikfertigung, anzutreffen sind. Optional lassen sich Cobots mit Vision-Sensoren kombinieren, welche die nötigen Umgebungsinformationen liefern, um den Robotergreifer oder das am Roboterarm befestigte Werkzeug zielsicher in die richtige Position zu bringen.

Eine wichtige Montageanwendung in der Industrie ist das automatisierte Schrauben: Hierfür hat das im Raum München ansässige Unternehmen Weber Schraubautomaten im letzten Herbst einen Cobot-basierten Schraubautomaten auf den Markt gebracht. Der Leichtbau-Schrauber SEV-P ist als Alternative zu klassischen, jeweils für eine spezifische Anwendung ausgelegte Schraubautomaten gedacht, denn er lässt sich über einen einfachen Wechsel der Schraubspindel des (Vakuum-)Eindrehwerkzeuges und des Roboterprogramms schnell an unterschiedliche Aufgaben anpassen. Der SEV-P kann Schraubelemente in beliebiger Größe verarbeiten und einen automatischen Werkzeugwechsel durchführen. Über Adapterflansche lässt sich das System zudem an verschiedene Cobot-Fabrikate anpassen.

Vision-Sensor liefert Umgebungsinformationen

Durch kamerageführte Robotik lässt sich die Flexibilität und Vielseitigkeit des Systems noch deutlich erhöhen. Zum einen kann auf die – kostenaufwändige – Herstellung von produktspezifischen mechanischen Aufnahmen, welche das Bauteil präzise zum Schraubroboter ausrichten, verzichtet werden, denn die Positionsdaten für den Schraubvorgang werden jetzt vom Vision Sensor geliefert. Zum anderen führen Fertigungstoleranzen oder verrutschte Werkstücke nicht mehr zu Problemen, da Schraublöcher auch bei Versatz zur eingelernten Position präzise angefahren werden.

Der speziell für Robotikanwendungen entwickelte Vision-
Sensor Visor Robotic gehört mit seiner hohen Bildauflösung von bis zu fünf Megapixeln, mehreren Detektoren für die robuste Teileerkennung und einfachen Kalibriermethoden für sämtliche Einsatzzwecke zu den besten Geräten seiner Klasse. Spezielle Schnittstellenmodule zu den wichtigsten Roboterplattformen (unter anderem Universal Robots und Kuka) ermöglichen eine sehr einfache Einrichtung der Roboteranwendung.

Räumliche Erfassung der Bauteilkoordinaten

Obwohl es sich beim Visor Robotic um eine 2D-Kamera handelt, ermöglicht der neue Detektor „Kontur 3D“ eine echte, räumliche Lageerfassung von Objekten, sodass sich neben der 2D-Position auch Höhenverschiebung und Neigung von Bauteilen ermitteln lassen. Auf diese Weise ist ein präzises Anfahren sämtlicher Schraubpositionen möglich, auch wenn das Werkstück im Vergleich zur eingelernten Position verschoben oder verkippt zugeführt wird.

Die Bewegung des Roboterarms mit der Schraubspindel wird in diesem Fall automatisch an die veränderten Koordinaten angepasst. Bei Bedarf lässt sich zusätzlich ein „Ergebnisoffset“ einstellen; dies bedeutet, dass ein Bauteil anhand eines charakteristischen Merkmals erkannt wird, die eigentlichen Bearbeitungspunkte aber an anderer Stelle liegen können. Sie können einfach abgeteacht werden, die Koordinatenkorrektur berechnet der Visor Robotic automatisch.

Mehr Flexibilität durch „sehendes“ Schrauben

Der von Weber Schraubautomaten entwickelte Leichtbau-
Schrauber SEV-P ermöglicht es, den Schraubvorgang schnell und einfach an unterschiedliche Produkte anzupassen. Insbesondere bei häufigen Produktwechseln ergeben sich dadurch Effizienz- und Kostenvorteile gegenüber klassischen, produktspezifischen Schraubautomaten. Noch flexibler einsetzbar wird das Gerät durch Ergänzung mit einem Vision-Sensor.

Insbesondere bei schwierig zu positionierenden Werkstücken oder Fertigungstoleranzen ist das „sehende“ System im Vorteil, denn es ist nicht mehr (nur) auf die vorprogrammierten Schraubpositionen angewiesen. Kosten für produktspezifische Werkzeugträger lassen sich einsparen und die Bearbeitungsqualität durch das stets präzise Anfahren der Schraubpositionen erhöhen. Da Roboter und Sensor nahtlos miteinander kommunizieren, lässt sich das System auch von Anwendern ohne Spezialkenntnisse in Bildverarbeitung oder Roboterprogrammierung einrichten.

Bildergalerie

  • Der Vision-Sensor liefert die benötigten Umgebungsinformationen. Position und räumliche Orientierung des Werkstücks werden anhand der beiden charakteristischen Öffnungen im Blech erkannt.

    Der Vision-Sensor liefert die benötigten Umgebungsinformationen. Position und räumliche Orientierung des Werkstücks werden anhand der beiden charakteristischen Öffnungen im Blech erkannt.

    Bild: SensoPart

  • Der Leichtbau-Schrauber SEV-P von Weber Schraubautomaten lässt sich schnell und einfach an unterschiedliche Anwendungen anpassen. Auch ein automatischer Werkzeugwechsel ist möglich.

    Der Leichtbau-Schrauber SEV-P von Weber Schraubautomaten lässt sich schnell und einfach an unterschiedliche Anwendungen anpassen. Auch ein automatischer Werkzeugwechsel ist möglich.

    Bild: SensoPart

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