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Umweltverschmutzung durch Fukushima-Kühlwasser Japan pumpt radioaktiv belastetes Kühlwasser in den Pazifik

Japan plant, ab August 1,3 Milliarden Liter radioaktiv belastetes Kühlwasser aus dem AKW Fukushima Daiichi in den Pazifik zu pumpen, trotz fehlender unabhängiger Überwachung und Folgenabschätzung.

Bild: iStock, narvikk
28.08.2023

Im August sickerte aus japanischen Regierungskreisen durch, dass der Beschluss gefasst wurde ab dem 24. August 2023 nach und nach 1,3 Milliarden Liter radioaktiv belastetes Kühlwasser aus dem AKW Fukushima Daiichi in den Pazifik zu pumpen. Im März 2011 kam es in vier der sechs Reaktoren zu Super-GAUs. Seitdem wird zur Not-Kühlung der geschmolzenen Reaktorkerne und Brennelemente laufend Wasser in die Reaktorruinen gepumpt.

Große Mengen des in über tausend Tanks gelagerten Kühlwassers sind weit über die gesetzlichen Grenzwerte belastet: Selbst nach Filterung mit dem immer wieder fehlerhaften „Advanced Liquid Processing System (ALPS)“ ist das Kühlwasser nicht nur mit Tritium, sondern auch mit langlebigen krebserregenden Radionukliden wie Strontium und Cäsium in Konzentrationen bis zu 19.909-fach über den Grenzwerten belastet.

„Jede Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt hat negative Auswirkungen auf Flora, Fauna und Menschen, wie die wissenschaftliche Gemeinschaft in den letzten Jahrzehnten vielfach bestätigt hat“, sagt Dr. Reinhard Uhrig, Anti-Atom-Sprecher von Global 2000. „Das Ablassen von über einer Milliarde Liter radioaktivem Kühlwasser in den Pazifik hat natürlich negative Folgen, die vom Betreiberkonzern Tepco und der japanischen Regierung verharmlost und vertuscht werden.“

Fehlende Folgenabschätzung, kein unabhängiges Monitoring

Nach internationalen Standards hätte die japanische Regierung dem Betreiberkonzern eine grenzüberschreitende Umweltprüfung (UVP) nach UN Espoo- und Aarhus-Konvention vorschreiben müssen. Dazu müsste der Konzern eine detaillierte Folgenabschätzung (Umweltbericht) vorlegen, die dann von Strahlenschutz-Experten sowie der Zivilgesellschaft analysiert und kommentiert werden kann. Fehler müssten korrigiert werden.

Japan hat diese UN-Konventionen nicht unterzeichnet und hält sich daher nicht an das international vorgesehene Vorgehen: Zuerst verkündete die japanische Regierung im April 2021 den Ablass-Plan, und forderte erst auf Druck von Nachbarstaaten Tepco auf, überhaupt eine Folgenabschätzung vorzulegen, die sieben Monate später veröffentlicht wurde. Diese Abschätzung durch die Betreibergesellschaft Tepco wurde von Fachleuten wegen ihrer Unzulänglichkeit, ihrer Verspätung und ihrer zu positiven Annahmen stark kritisiert.

Schlimmer noch liegt die Überwachung der geplanten Freisetzung in den Händen der Betreibergesellschaft Tepco selbst, die bereits seit zwölf Jahren immer wieder die Kontrolle über die technischen Abläufe in Fukushima verliert und Fehler vertuscht. So kam es zuletzt aufgrund eines menschlichen Versagens zu einem Leck in einem der Schläuche für das Abpumpen des radioaktiven Wassers - bereits vor Ablass-Beginn im Juni 2023. Zwar soll die Japan Atomic Energy Agency in das Monitoring eingebunden werden, die jedoch keine unabhängige Regierungsorganisation ist und stark den pro-nuklearen Kurs der Regierung vertritt.

IAEO-Bericht als Feigenblatt

Die japanische Regierung lud zusätzlich die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO zur Überprüfung der Tepco-Pläne ein. Die Wissenschaftler der Behörde führten ausführliche Analysen durch und sprachen sich unter vier Augen teils sehr energisch gegen die Pläne aus.

Doch die japanische Regierung und Tepco nutzten die Involvierung der IAEO als Feigenblatt, um selbst fundierte Expertenkritik und Informationsanfragen zurückzuweisen. So wurde die Präsentation des IAEO-Abschlussberichts am 4. Juli 2023 als Werbeevent der japanischen Regierung für die angebliche Unbedenklichkeit der Freisetzung inszeniert, was den Bedenken der Wissenschaftlern nicht entspricht.

„Global 2000 verurteilt aufs Schärfste die politisch motivierte Fehlentscheidung der japanischen Regierung, das radioaktiv belastete Fukushima-Kühlwasser über Jahrzehnte in den Pazifik abzupumpen. Alternative Ansätze wie die Lagerung in Großtanks oder Verfestigung wurden nicht geprüft, genauso wenig wie die langfristigen Folgen der radioaktiven Verseuchung“, so Uhrig abschließend. „Wir fordern die österreichische Bundesregierung auf, auf diplomatischem Weg scharfen Protest gegen das Vorgehen Japans einzulegen, das einen gefährlichen Präzedenzfall für den Umgang mit radioaktiven Stoffen setzen würde.“

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