Maschinenübergreifende Kommunikation mit PackML Verpackungsmaschinen einfach integrieren

Die Zahl der Unterstützer von PackML erweitert sich neben den OMAC-Mitgliedern P&G, Nestlé, Arla Foods, Church & Dwight, Miller Coors, PepsiCo, Corning stetig.

Bild: Lenze
06.05.2020

Die Verpackungsbranche hat sich mit PackML einen eigenen Standard gegeben, der den Bau und die Integration von Verpackungsmaschinen in eine Linie deutlich vereinfacht. Mit der Entwicklung hin zu Industrie 4.0 setzt sich die Erfolgsgeschichte fort. Denn PackML trägt mit dazu bei, die Vorteile der digitalen Dividende zu heben.

Wenn das Spielzeug fertig zusammengesetzt oder die Lebensmittel bearbeitet sind, dann müssen sie irgendwie zum Kunden kommen. Dafür braucht es zunächst eine Verpackung. Und so findet sich am Ende fast jeder Fertigungs- und Produktionslinie eine Verpackungsmaschine. Lange war es schwierig, diese in den Fertigungsprozess einzubinden, ebenso die Erneuerung und Erweiterung. Denn jeder OEM kochte sein eigenes Süppchen und folgte nur seinen eigenen Regeln.

In der Automatisierungsbranche hat sich allerdings schon lange die Erkenntnis durchgesetzt, dass Standards am Ende allen nutzen, und so fand sich die Branche schließlich zusammen und entwickelte einen gemeinsamen Standard, der die babylonische Sprachverwirrung am Ende des Fließbandes aufhob: den PackML-Standard, der dafür sorgt, dass Maschinen, Bediener und übergeordnete Informationssysteme eindeutig und unmissverständlich miteinander kommunizieren können.

Gemeinsame Sprache gefunden

Die Verpackungsmaschinensprache oder Packing Machine Language, kurz PackML, ist ein von der Organization for Machine Automation and Control (OMAC) definierter Industriestandard. PackML ist auch als Technical Report TR88.00.02 der ISA-Norm bekannt, der Maschinenzustände, Modi und Tag-Namenskonventionen definiert. Er gilt nicht nur für Verpackungsmaschinen. Dieser Standard kommt auchl bei der Programmierung der SPS und bei der Erstellung von HMI-/SCADA-Systemen zum Tragen. Er gründet sich auf drei Teilbereiche:

  • Die Zustandsmaschine: Sie definiert 17 Maschinenzustände und steuert den Betriebsablauf der Maschine. Damit die Maschinen besser bedienbar sind, garantiert die Zustandsmaschine eine einheitliche Struktur innerhalb des Maschinen-Codes und schützt sie vor unlesbaren Software- Strukturen (Spaghetticode). Es können allerdings neben den verbindlichen Standards noch anbieterspezifische Erweiterungen implementiert werden.

  • Der Mode Manager: Dieser garantiert den nahtlosen, konsistenten Fluss der von der Ausrüstung gelieferten Daten während des Übergangs von einem Betriebsmodus auf den anderen (automatisch, manuell, Reinigung, …). Mithilfe des Mode Managers wird definiert, wie der Übergang von einem Modus auf den anderen erfolgt und ob er überhaupt zulässig ist.

  • Die PackTags: Sie liefern Standardinformationen, die zwischen den Maschinen (horizontale Kommunikation) sowie von der Ausrüstung an ein übergeordnetes Informationssystem (vertikale Kommunikation) ausgetauscht werden müssen. Die PackTags-Struktur besteht aus Admin-, Zustands- und Kommando-Tags. Darüber hinaus liefern sie Analyseinformationen über Alarm- und Grundursachen sowie auch die Statusinformation für eine OEE-Berechnung. Der Standard enthält eine Namenskonvention und umfasst die Definition der Daten, in erster Linie Datenformate und die physikalische Einheit der Daten.

Wer also nach einer Geschwindigkeitsinformation sucht, weiß, wie man den richtigen Tag findet und wie man ihn handhabt. Auf diese Weise tauschen alle Maschinen einen einheitlichen und harmonisierten Datensatz mit der gesamte Produktionslinie aus.

PackML jetzt Industrie-4.0-tauglich

Die Zahl der Unterstützer von PackML hat sich kontinuierlich erweitert. Neben den OMAC-Mitgliedern P&G, Nestlé, Arla Foods, Church & Dwight, Miller Coors, PepsiCo, Corning haben auch andere Unternehmen den Wert des Standards für ihr Geschäft erkannt. So setzen inzwischen auch Unternehmen wie Mars, Velux, Danone, Beiersdorf, Henkel oder Abbott Laboratories PackML ein.

Einen großen Schritt Richtung Industrie 4.0 erzielten die PackML-Unterstützer, als sie ihre Kräfte mit der OPC Foundation bündelten. Gemeinsam entwickelten sie die OPC UA PackML Companion Specification als standardisiertes Kommunikationsprotokoll für alle Lieferanten. Besagte Companion Specification ermöglicht dem Maschinenhersteller das Einrichten eines verschlüsselten und validierten Datenaustauschs mit einer anderen Anlage. Im Rahmen des OPC-UA-Standards kann eine Maschine ihre Gegenstellen automatisch erkennen. Auch Informationen über gelieferte PackTags und Zustände sind dann vollständig transparent – und das sogar automatisiert.

Vorteile für OEM und Anwender

Doch die Vorteile liegen nicht nur auf technischer Seite. Eine einheitlichere Struktur vereinfacht auch Bedienung und Wartung, so dass hier der Schulungsaufwand sinkt und zugleich die Fehlerhäufigkeit reduziert wird. Bei Erweiterungen oder Erneuerungen ermöglicht die Standardisierung erhebliche kürzere Integrations- und Inbetriebnahmezeiten. Und nicht zuletzt ist es auch ein strategischer Vorteil, wenn der Anwender in einem offenen Markt den besten Anbieter und die beste Maschine auswählen kann, statt Einschränkungen aufgrund von herstellerspezifischen Technologien und Schnittstellen unterworfen zu sein.

Und was für den Anwender gilt, hilft auch dem OEM. 80 bis 90 Prozent des Codes für eine standardkonforme Programmierung sind wieder verwertbar. Die Erstellung des Codes beschleunigt sich, da er weniger komplex ist und weniger Aufwand für die Implementation spezifischer Schnittsstellen anfällt. Kundenspezifische Anpassungen lassen sich leichter als Module realisieren und verkürzen die Time-to-Market. In der Praxis ergeben sich bis zu 60 Prozent weniger Aufwand beim Debugging, und bis zu 40 Prozent kürzere Zeiten vom Beginn der Entwicklung bis zur Inbetriebnahme. Vier Wochen weniger Auslieferungszeit stellen einen enormen Wettbewerbsvorteil dar.

Weitere Kostenvorteile ergeben sich im After-Sales-Service. Da die Maschinen eine höhere Konsistent aufweisen, finden sich die Techniker des OEM auf den Maschinen unterschiedlicher Kunden schneller zurecht. Zudem sind Updates, Patches und Weiterentwicklung der Software wesentlich einfacher möglich.

Der nächste Evolutionschritt

Für den Automatisierungshersteller Lenze, der sich in verschiedenen Gremien ebenfalls an der Weiterentwicklung des Standards beteiligt, ist die Entwicklung damit noch lange nicht ausgereizt. Wie der Einsatz der OPC Companion Specification die Automatisierung noch weiter vorantreiben kann, zeigt das Unternehmen mit seinem Konzept „Plug & Produce“ – einfach einstecken und loslegen. Auf diese Weise soll sich eine Produktionsstraße in Zukunft einfach und ohne großen Zeitverlust an wechselnde Anforderungen flexibel anpassen lassen. Im Modellprojekt sind unterschiedliche Module integriert: Infeed, Pick&Place, Packaging, Paletizer und Outfeed. Sie stehen beispielhaft für alle benötigten Skills, die der Produktion zur Verfügung gestellt werden müssen.

Neben der Companion Specification kommt hier ein weiteres Industrie-4.0-Element zum Tragen: Die Verwaltungsschale, auch „digitaler Zwilling“ genannt. Sie ist Teil des Referenzarchitekturmodells Industrie 4.0 (RAMI 4.0), das im April 2018 verabschiedet wurde. Die Kombination dieser beiden Standards ermöglicht eine offene, herstellerübergreifende Kommunikation zwischen den beteiligten Modulen und der SPS, die in eine automatisierte Konfiguration der Verpackungseinheit mündet.

Damit können OEMs die Integration von neuen oder zusätzlichen Maschinen weiter vereinfachen. Der Anwender wiederum ist in der Lage, seine Fertigung stärker zu flexibilisieren, da eine Umrüstung deutlich schneller erfolgen kann und weniger Kosten verursacht. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind quasi die digitale Dividende der Standardisierung mit PackML, OPC UA und Verwaltungsschale.

Fazit

Die Abkehr von proprietären, herstellerspezifischen Technologien und Schnittstellen macht sich auf vielen verschiedenen Ebenen bezahlt. PackML ist ein Beispiel dafür, wie eine ganze Branche zum gemeinsamen Nutzen zusammenarbeitet und Hindernisse abbaut. Mit der Weiterentwicklung zur OPC UA Companion Specification ist dem Standard nicht nur der Schritt in die aktuelle Dekade von Industrie 4.0 gelungen. Sondern er legt auch den Grundstein für weitere Vereinfachungen und Verbesserungen, die sich durch neue Konzepte wie „Plug & Produce“ manifestieren.

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