100 Prozent Wasserkraft „Unser Strombedarf hat sich im Verhältnis zum Umsatz halbiert“

Bernhard Schön ist Geschäftsführer des Liebensteiner Kartonagenwerks.

Bild: Liebensteiner Kartonagenwerk
24.03.2021

Das Thema Nachhaltigkeit hält Einzug in die Köpfe vieler Entscheider von produzierenden Unternehmen. Aber nicht nur Rohstoffe, sondern auch grüner Strom wird immer gefragter. Vorreiter ist das Liebensteiner Kartonagenwerk, welches seit 2012 Energieoptimierungsmaßnahmen fährt. Bernhard Schön, Geschäftsführer des Werks, erzählt im Interview, wie es zu der Umstellung auf Grünstrom kam und warum Machen wichtig ist.

Ich möchte Sie erst einmal zur Entscheidung beglückwünschen, auf 100 Prozent Grünstrom umzusteigen. Wie kam es dazu?

Die Firma VERBUND beliefert uns schon seit Jahren im Energiemix. Unser Energiemanager macht für uns den Stromeinkauf und erzählte mir, dass es die Möglichkeit gibt, auf 100 Prozent Wasserkraft umzusteigen. Denn auf der einen Seite haben wir top Wellpappe, mit der wir sehr viel CO2 einsparen – warum sollen wir nicht auch mit grünen Strom ins Rennen starten?

Quasi ein rundherum nachhaltiges Produkt, von den Rohstoffen bis zur grünen Produktion?

Ja, das kann man so sagen.

Wie war Ihre Reaktion auf die Idee Ihres Energieberaters?

Ja, denn unsere Kunden fragen immerzu nach unserem CO2-Fußabdruck. Das hat uns noch zusätzlich motiviert, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen.

Wie Sie schon erwähnt haben, agieren Sie sehr nachhaltig. War es folglich kein großes Umdenken für Sie, auf 100 Prozent Grünstrom umzusteigen?

Nein. Und wir hatten auch keine Ausfälle. Der Strom kommt ja weiterhin aus der Steckdose; jetzt ist er eben grün. Die Umstellung ist nur eine administrative Frage. Aber das Thema Energie, auch Energie einsparen, steht für uns seit Jahren im Mittelpunkt. Wir sind nach ISO 9001 Qualitätsmanagement, ISO 140001 Umweltmanagement und ISO 50001 Energiemanagement zertifiziert. Das heißt, wir müssen sowieso nachweisen, dass wir jedes Jahr energieeffizienter werden. Und insofern beschäftigen wir uns mindestens zwei Mal im Jahr mit dem Thema.

Ist Ihnen bekannt, dass auch andere Unternehmen auf den grünen Zug aufgesprungen sind?

Ja, das Umdenken ist in der kompletten Wirtschaft vorhanden. Allerdings reicht das Umdenken allein nicht aus, es muss auch umgesetzt werden.

VERBUND bietet Strom aus Wasserkraft an. War das auch der Grund, sich für diesen Versorger zu entscheiden?

Nein. Der VERBUND war bei unserem grauen Energiemix bereits mit dabei. Es war jedoch ein logischer Schritt, von grau zu grün mit dem VERBUND zu gehen.

Seit wann achten Sie auf Rohstoffe und auf grüne Energie; wann hatten Sie etwa die Erkenntnis, dass Sie hier nachrüsten müssen, um zukunftsfähig bleiben?

Unseren Rohstoffbereich haben wir bereits 2012 umgestellt. Anschließend haben wir in der gesamten Beleuchtung auf LED gewechselt. Das war zum damaligen Zeitpunkt wahnsinnig teuer. Aber es hat sich schnell bezahlt gemacht. Dann ging es weiter mit der Heizung. Hier nutzen wir heute die Abwärme unserer Maschinen und Kompressoren und haben nicht mal mehr eine Heizung im Betrieb. Also Sie sehen, wir haben schon früh damit begonnen, uns fit für die Zukunft zu machen.

Das heißt also, Sie würden anderen Unternehmen raten, die Investitionen in Nachhaltigkeit zu tätigen?

Definitiv ja!

Kostet Sie die grüne Energie mehr?

Es sind minimale Mehrkosten, aber die nehmen wir gerne in Kauf.

Aber ich möchte jetzt noch mal ganz kurz nachfragen, warum Sie sich denn konkret für den VERBUND entschieden haben?

VERBUND war bei uns im grauen Energiemix schon immer mit an Bord. Vor dem Hintergrund, dass VERBUND 100 Prozent Wasserkraft vertreibt, war es für uns der nächste logische Schritt und quasi das Sahnehäubchen, den Strom direkt vom VERBUND zu beziehen.

Wie lief hier die Zusammenarbeit ab – partnerschaftlich oder gab es auch Schwierigkeiten?

Nein, überhaupt nicht. Wir haben unseren direkten Ansprechpartner und wir haben unseren regelmäßigen Austausch.

Können Sie vielleicht noch einen kurzen Ausblick geben, wo Sie die grüne Energie in fünf Jahren bei den produzierenden Unternehmen sehen. Glauben Sie, dass hier ein Umdenken stattfindet, auch was die Dekarbonisierung betrifft?

Allein schon über die Klimadebatte oder Klimaneutralität, die wir in Europa bis 2050 erreichen wollen, wird sich Grünstrom immer mehr durchsetzen. Aber auch die anderen Energien werden und müssen sauberer werden. Aber unsere Zahlen sprechen für sich: Von 2013 bis Ende 2020 hat sich unser Strombedarf im Verhältnis zum Umsatz halbiert. Das heißt, wir haben im Prinzip damals im Vergleich zu heute pro Euro Umsatz doppelt so viel Strom benötigt. Das zeigt deutlich, dass dieser ganze Mix aus Maßnahmen, den wir umsetzen, einfach Sinn ergibt.

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