Digitalisierung der Produktionslinien Solarzellen Made in Europe

Die am Fraunhofer CSP vorhandene Mess- und Klassifizierungsplattform „MK4“ bietet Prozess- und Datenanalytik für die Hochleistungs-Photovoltaik-Produktion.

Bild: Fraunhofer CSP
04.03.2024

Solarzellen Made in Europe können sich durch hocheffiziente Technologien und Einhaltung umweltfreundlicher Produktionsprozesse und -standards von der Konkurrenz absetzen. Hier setzt das EU-finanzierte Verbundprojekt Pilatus an, das bis 2025 drei digitalisierte Pilotlinien für die Produktion von Siliziumwafern, Solarzellen und PV-Modulen in Europa schaffen will. Das Ziel ist dabei die Überführung der neuesten Rückkontakttechnologie für Heterojunction-Solarzellen in eine Massenfertigung.

Der Qualitäts- und Leistungsumfang der in Europa verorteten Herstellung von Materialien und Komponenten für die Photovoltaik, etwa Siliziumwafer, Solarzellen und -module, ist für die weitere Entwicklung der Branche von wesentlicher Bedeutung.

Es gilt, Abhängigkeiten von Importen auf allen Fertigungsstufen zu reduzieren und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen. Der Fokus liegt auf der Produktion von hochwertigen und effizienten Solarzellen mit neuesten Technologien. Ein weiterer Aspekt der Herstellung in Europa ist die Einhaltung umweltfreundlicher Produktionsstandards. Dies beinhaltet die Verwendung von recycelten Materialien, den Einsatz erneuerbarer Energien in der Produktion und die Minimierung von Abfällen und Emissionen.

Made in Europe

Das EU-finanzierte Projekt Pilatus setzt an diesem Punkt an und will mit digitalisierten Pilotlinien den Wettbewerbsvorteil des Faktors „Hergestellt in Europa“ stärken. Dabei soll die gesamte Wertschöpfungskette in Europa verbleiben und den neuesten Umweltstandards entsprechen.

Im Projekt wird die patentierte Tunnel-IBC-Technologie genutzt, um das Ziel einer Massenfertigung von Solarzellen im M10-Format (monokristallines Silizium als Material, 10 Zoll Durchmesser) zu erreichen. Durch die Tunnel-IBC-Technologie werden die Verluste in der Solarzelle reduziert und die Effizienz erhöht. Es handelt sich dabei um eine spezifische Art der Rückseitenkontaktierung, die es ermöglicht, die komplette Vorderseite einer Solarzelle für den Lichteinfang und damit die Stromerzeugung zu nutzen.

Im Projekt soll weiterhin der ökologische Fußabdruck klein gehalten werden, durch den Einsatz von recycelten Werkstoffen und Ökodesign-Praktiken zur Erleichterung der Demontage von Photovoltaik-Modulen und Produktionsanlagen, die den Umweltstandards entsprechen.

Die Pilotlinie für Photovoltaik-Module soll eine jährliche Produktionskapazität von mindestens 170 MW erreichen, begleitet von einer Zellkapazität von 190 MW. Durch die Kombination von Inline-Messtechnik und Industrie 4.0-Konzepten entlang der gesamten Produktionskette werden die Zellen und Module während des gesamten Herstellungsprozesses analysiert, um so Rückschlüsse auf mögliche Fehler und Schwachstellen direkt während der Produktion ziehen zu können. So kann sichergestellt werden, dass am Ende des Projekts eine Ausbeute von über 90 Prozent erreicht wird und Photovoltaik-Module eine Lebensdauer von über 40 Jahren erreichen.

Automatisierung des Systems

Die Arbeiten am Fraunhofer CSP zielen auf die Entwicklung eines automatisierten Inline-Metrologiesystems, bei der Künstliche Intelligenz (KI) während der messtechnischen Datenkette zum Einsatz kommt.

Zunächst wird KI für die Extraktion von Merkmalen aus Bilddaten von Proben und für die korrekte Erkennung und Klassifizierung von Merkmalen und Defekten eingesetzt. Im weiteren Verlauf der Kette werden KI-basierte Algorithmen auf die extrahierten Klassifizierungs- und Merkmalsdaten aus dem Messgerät angewendet, um Muster zu finden, die auf Prozessfehler hinweisen und als direktes Feedback für die Prozesssteuerung verwendet werden können.

„Hierfür werden wir die am Fraunhofer CSP verortete Hochdurchsatz-Metrologie- und Klassifizierungsplattform MK4.0 nutzen, die im Projekt mit IBC-Inline-Metrologie-Lösungen und Sensorik für die statistische Zelldatenanalyse und KI-Bildalgorithmen ausgestattet wird“, sagt Dr. Marko Turek, kommissarischer Gruppenleiter „Diagnostik und Metrologie Solarzellen“ am Fraunhofer CSP.

Offline-Verfahren

Für die Offline-Solarzell-Charakterisierung sollen am Fraunhofer CSP Defektbereiche auf den IBC-Solarzellen im Nanometerbereich erkannt und mit mikrostrukturellen Methoden analysiert werden, um die defektverursachenden Produktionsschritte zu identifizieren.

Darüber hinaus wird mit Offline-Testverfahren die Degradationsstabilität der IBC-Solarzellen anhand etablierter Tests für lichtinduzierte Degradation und UV-Degradation sichergestellt. Die IBC-Solarzellen werden dazu in einer LED-basierten Beleuchtungseinheit mit anpassbarem Lichtspektrum getestet und einer anschließenden elektrischen Leistungsanalyse getestet.

„Mit dieser Kombination aus produktionsnahen Inline-Metrologie-Lösungen und hochkomplexen Labormethoden unterstützen wir nicht nur die effiziente Fertigung, sondern auch die gesamte Produktqualität“, ergänzt Turek.

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