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Lösungsansatz für Querschnittsgelähmte? Neuralink hat erstmals Gehirnchip beim Menschen eingesetzt

Das Start-up Neuralink hat erfolgreich einen drahtlosen Gehirn-Computerchip bei einem Menschen implantiert.

Bild: istock, peterschreiber.media
01.02.2024

Mit den eigenen Gedanken das Smartphone und das Tablet betätigen oder sogar gelähmte Körperteile wieder bewegen können: Das ist keine Science Fiction sondern bald vielleicht ganz alltäglich. In den USA konnte nun ein entscheidender Schritt in diese Richtung gegangen werden.

Das Start-up Neuralink konnte nun erstmals einen drahtlosen Gehirn-Computerchip bei einem Probanden implantieren. Die Person habe das Implantat der Größe von fünf aufeinander gestapelten Münzen am Sonntag erhalten und erhole sich gut, erklärte der Unternehmer und Milliardär Elon Musk auf der Social-Media-Plattform X. Erste Ergebnisse zeigten „eine vielversprechende Erkennung von Neuronenspitzen“.

„Es ist insgesamt beeindruckend, wie schnell das Unternehmen nach der Gründung in eine klinische Studie gekommen ist“, sagt Thomas Stieglitz, Professor für Medizinische Mikrotechnik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Allerdings: „Die Datenlage, anhand derer man das irgendwie bewerten kann, ist sehr dünn.“ Es gebe zu Neuralink zwar Pressemitteilungen und Youtube-Videos, „aber nichts, was man sonst aus dem Bereich der Wissenschaft kennt“, so Stieglitz.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte dem Unternehmen im vergangenen Jahr die Erlaubnis für Studien mit Menschen erteilt. Zuvor wurden die Technik an Affen getestet.

Geräte allein durch Gedanken steuern

Implantiert wird der Chip mit Hilfe eines Roboters, der die über 1.024 Elektroden mittels einer extrem feinen Nadel mit dem Gehirn verbindet. Neuralink suchte für ihre klinische Studie nach Patienten mit Tetraplegie, einer Form von Querschnittlähmung, die sowohl die Beine als auch die Arme betrifft.

Denn: das Ziel ist es, Menschen mit einer Lähmung aller vier Gliedmaßen die Möglichkeit zu geben, Geräte allein mit ihren Gedanken zu steuern, wie auf der Website des Unternehmens erläutert wird. Wenn Personen sich auf Bewegungen vorbereiten, wird ein spezifischer Bereich im Gehirn aktiviert, und die Elektroden fangen diese Signale auf. Dies ermöglicht es, sich lediglich eine Bewegung vorzustellen, um beispielsweise einen Cursor am Computer zu steuern. Der Fachbegriff hierfür lautet „Brain Computer Interface“ (BCI). Im vergangenen September schrieb Neuralink diese Studie für potenzielle Probanden aus, jedoch ist die genaue Anzahl der von der FDA zugelassenen Patienten nicht bekannt.

Seit 2016 hat das Neurotechnologie-Unternehmen an Gehirnimplantaten gearbeitet. Durch diese Schnittstellen strebt Musk an, neurologische Erkrankungen wie Alzheimer, Demenz und Rückenmarksverletzungen zu behandeln.

Es gibt andere Unternehmen und Forschungseinrichtungen

Neuralink ist jedoch nicht das einzige Unternehmen, das an Hirn-Computer-Schnittstellen arbeitet. Das australische Unternehmen Synchron konnte bereits im Juli 2022 vermelden, dass es einem US-Patienten einen Chip im Gehirn eingepflanzt hat.

Ein weiterer Wettbewerber ist Blackrock Neurotech aus Salt Lake City. Das Unternehmen möchte Lähmungen und andere Erkrankungen lindern und hat bereits bei etwa 40 Patienten erfolgreich einen Hirnchip implantiert. Die Übertragung der Daten erfolgt über eine kabelgebundene Verbindung, die durch die Schädeldecke verläuft. Die Gründer Marcus Gerhardt und Florian Solzbacher arbeiten an einer drahtlosen Lösung.

Auch in der Schweiz ist bereits erfolgreich Forschung zu BCIs betrieben worden. Im vergangenen Jahr haben Wissenschaftler der polytechnischen Hochschule Lausanne eine Studie publiziert. Die Forscher konnten einem Patienten, der nach einem Unfall zehn Jahre an einer Lähmung der Arme und Beine gelitten hatte, durch die Implantierung einer Gehirn-Rückenmarks-Schnittstelle dazu verhelfen, dass er die Bewegungen seiner Beine wieder kontrollieren konnte. Der 38-Jährige konnte sogar durch Gehhilfen wieder sehr eingeschränkt, jedoch eigenständig laufen.

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  • So sieht der Chip aus.

    So sieht der Chip aus.

    Bild: Neuralink

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