Grundlagenforschung zu Magnetisierung Entwicklung von kleinsten elektronischen Bauelementen

Durch neue Erkenntnisse in der Magnetisierung könnte es zu neuen Möglichkeiten in der Elektronikwelt kommen.

Bild: iStock; RedVector
26.09.2023

Forschende der Universitäten Augsburg und Groningen konnten zeigen, dass das Standardbild der Magnetisierungsumkehr erweitert werden muss. Ihre Erkenntnisse bereichern nicht nur die Grundlagenforschung, sondern eröffnen neue Perspektiven im Bereich der Kontrolle der Magnetisierung auf kleinsten Skalen und bietet somit ein großes Potenzial zur Entwicklung von wesentlich kleineren elektronischen Bausteinen für die Elektronik der Zukunft.

Fast jeder kennt das Phänomen von Magneten am Kühlschrank, die nach einiger Zeit ihre Magnetisierung verlieren und einfach herunterfallen. Dass die „Haftkraft“ der Magneten wiederhergestellt werden kann, indem man den Magneten in die Nähe eines weiteren, noch magnetisierten Magneten bringt, ist eines der ersten Dinge, die Schülerinnen und Schülern über Magnetismus beigebracht wird und ein Alltagsbeispiel für das Verhalten solcher ferromagnetischer Materialien in einem Magnetfeld.

Zu diesem sogenannten Hysterese-Verhalten gehört auch, dass man die Magnetisierung des ferromagnetischen Materials auch „umkehren“ kann, wenn man die Richtung des angelegten Magnetfelds ändert. Dieser Vorgang ist eine der wichtigsten technologischen Anwendungen magnetischer Materialien von magnetischen Speichermedien bis hin zu Schaltelementen der Mikroelektronik.

Bei dieser Magnetisierungsumkehr gibt es einen Punkt, an dem die Magnetisierung Null wird, bevor sie die Richtung wechselt. Dieser Zustand wird üblicherweise durch das Auftreten makro- oder mikroskopischer Bereiche des magnetischen Materials, sogenannte magnetische Domänen, beschrieben, deren Magnetisierungen in unterschiedliche Richtungen zeigen, sodass sie sich gegenseitig aufheben und die Gesamtmagnetisierung verschwindet.

Neue Forschungsergebnisse aus Augsburg und Groningen

Eine Gruppe Augsburger Physiker konnte unter Federführung von Dr. Somnath Ghara und Dr. Joachim Deisenhofer (beide Arbeitsgruppe von Prof. Istvan Kezsmarki) zusammen mit Kollegen aus Groningen zeigen, dass dieses Standardbild der Magnetisierungsumkehr mittels der Kompensation von Domänen auf makro- oder mikroskopischer Skala nicht für alle Materialen zutrifft und erweitert werden muss.

Die Forscher kombinierten Messungen der Magnetisierung, der elektrischen Polarisation, der optischen Eigenschaften im THz-Frequenzbereich und theoretische Simulationen und fanden heraus, dass die Magnetisierungsumkehr in dem polaren Magneten (Fe:Zn)2Mo3O8 durch einen antiferromagnetischen Zustand geschieht, das heißt einen Zustand, in dem die Kompensation der Magnetisierung nicht nur auf makro- oder mikroskopischer Skala sondern auf atomarer Ebene abläuft. Diese Quantenmaterialien stehen auch im Zentrum des neuen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bewilligten Transregio-Sonderforschungsbereiches TRR360 unter Federführung der Universität Augsburg und der Technischen Universität München.

Neue Möglichkeiten im Bereich der Spintronik

Diese Entdeckung ist nicht nur bemerkenswert seitens der Grundlagenforschung im Bereich der Magnetisierungsphänomene, sondern eröffnet neue Perspektiven im Bereich der Kontrolle der Magnetisierung auf kleinsten Skalen und bietet somit ein großes Potential zur Entwicklung von wesentlich kleineren elektronischen Bausteinen für die Elektronik der Zukunft.

Die Tatsache, dass die charakteristischen optischen Anregungen des Materials im THz-Frequenzbereich liegen, eröffnet zusätzliche Möglichkeiten extrem schneller Schaltprozesse im Bereich der Spintronik.

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