Anlagenplanung mit Low-Code Augmented Reality in der Fertigung

Gerade im produzierenden Gewerbe existiert immenses Potential, das Unternehmen bei der Lösung des zunehmenden Spannungsfelds zwischen Mensch, Technologie und Organisation unterstützen kann.

Bild: iStock, gorodenkoff
17.03.2023

Erst galt Augumented Reality als Spielerei der Games- und Entwicklerindustrie. Dann verhalf das Handyspiel Pokémon-Go der Technologie zum kommerziellen Erfolg. Mit der stetigen Weiterentwicklung der Technologie und insbesondere der Endgeräte erweiterten sich jedoch die Anwendungsszenarien auch über den privaten Bereich hinaus.

Die Anwendungsszenarien für Augmented Reality gehen inzwischen über den privaten Bereich hinaus, gleichzeitig ist der Einsatz der Technologie in der Fertigungsindustrie noch nicht angekommen. Dabei besteht gerade im produzierenden Gewerbe immenses Potential, das Unternehmen bei der Lösung des zunehmenden Spannungsfelds zwischen Mensch, Technologie und Organisation unterstützen kann. Denn sie stehen derzeit unter enormem Druck durch den zunehmenden Fachkräftemangel, volatile internationale Lieferketten, sich ständig ändernde Kundenanforderungen sowie steigende Betriebs- und Instandhaltungskosten. Anlagen- und Prozesseffektivität müssen ständig optimiert werden.

Hier kommt das aktuelle Forschungsprojekt „PlanAR“ (Einsatz von Augmented Reality in der Anlagenplanung und Materialflussoptimierung - Effizienzpotenziale und psychologische Wirkungen auf den/die Nutzer sowie Aufbau einer Technologietransferplattform) der Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt ins Spiel. Es hat zum Ziel die Möglichkeiten und Potenziale der Augmented-Reality-Technologie im Produktionsumfeld für KMU nutzbar und beherrschbar zu machen. Dafür entwickelt und erforscht das Projektteam der Hochschule in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Psychologie I der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und den Industriepartnern Möhringer Anlagenbau, Siemens und Trips eine Augmented Reality-Plattform für industrielle Anwendungen. Im Mittelpunkt stehen dabei sowohl der Technologietransfer zwischen Wissenschaft, AR-Anwendungsentwicklung und Industrie als auch die Erforschung menschlicher Faktoren.

Praxisanspruch als Prämisse

Zahlreiche Anwendungsfelder mit anwendungsreifer Technologiereife sind bereits absehbar und das Potenzial zur Optimierung verschiedener Geschäftsprozesse hoch – so die Prämisse des Forschungsprojekts PlanAR. Diese These gilt es für die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt gemeinsam mit ihren Projektpartnern im laufenden Projekt zu belegen.

Dabei hat das PlanAR-Team von Anfang an die Bedürfnisse der Industrie im Blick und richtete das Projekt agil nach ihnen aus. Was sind die tatsächlichen Herausforderungen und Bedürfnisse der Industrie? Welche AR-Anwendungsszenarien sind für die Fokusgruppen relevant und bringen einen Mehrwert für produzierende Unternehmen? Basierend auf Forschungsergebnissen und Feldtests wurde die Relevanz von AR-gestützten Planungsprozessen aufgezeigt.

Der Fokus liegt dabei auf der Anlagenplanung, da die frühzeitige Erkennung von Störfaktoren immense Kosten und Ressourcen einsparen kann. Dies bildete die Grundlage für die Plattform PlanAR, die eine teilvirtuelle Planung und Inbetriebnahme von Produktionsanlagen ermöglichen soll. Für den Prototyp wird die Microsoft HoloLens 2 mit dem Mixed Reality Tool Kit verwendet. Die Plattform soll jedoch auf einer Vielzahl von Endgeräten eingesetzt werden können.

Basis für eine mögliche „Plug&Play“-Anwendungsumgebung ist die offene, auf Low-Code basierende Softwarearchitektur. Dadurch soll die Anbindung an plattformunabhängige Systeme (zum Beispiel Comos) gewährleistet werden, wodurch Planungsprojekte, wie die Visualisierung einer neuen Anlage zur Erweiterung einer bestehenden Produktionsumgebung, ermöglicht werden sollen. Insgesamt bietet die Möglichkeit, Anlagen mittels AR-Technologie virtuell abzubilden, signifikante Vorteile: Fehler werden frühzeitig erkannt und können ohne großen Budget- oder Ressourcenaufwand korrigiert werden. Nicht wertschöpfende oder gar überflüssige Elemente können vermieden werden und die Abstimmung mit den Beteiligten wird durch die unkomplizierte Visualisierung deutlich optimiert.

Virtuelle Planung Realität werden lassen

Konkretes Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, Maschinen- und Anlageninstallationen medienbruchfrei virtuell zu planen, über das AR-CMS zu verwalten und am Zielort nutzergruppenspezifisch zu validieren beziehungsweise. direkt mittels AR anzupassen. Dieser an die Realität angepasste Planungsstand soll in die PlanAR-Plattform zurückgespielt und somit aktualisiert werden. Die PlanAR Plattform soll weiterhin die Visualisierung von Echtzeitinformationen (zum Beispiel ERP-/ MES-Daten oder Dashboards) und damit die datengetriebene Optimierung von realen Geschäftsprozessen ermöglichen.

Dies kann unter anderem in der Prozessindustrie einen wichtigen Differenzierungsfaktor im Engineeringprozess darstellen. Im Anlagenbau, zum Beispiel bei der Planung von Portalkränen, können durch Animationen des augmentierten digitalen Zwillings Materialflüsse und Prozessparameter beim Teilehandling im Brownfield optimiert werden, noch bevor der Konstruktionsprozess abgeschlossen ist und die Fertigung der Maschine beginnt.

Grundlage der PlanAR-Plattform sind zwei Komponenten: Das PlanAR-CMS und der XR-Client. Durch den XR-Client, der auf der HoloLens 2 läuft, wird dem Anwender eine neuartige dreidimensionale Benutzeroberfläche mit Gestensteuerung zur Realisierung immersiver Layoutplanungen zur Verfügung gestellt. Im PlanAR-CMS werden die verwendbaren digitalen Assets und Inhalte, also die gescannten Anlagen und virtuellen Elemente, 3D-Modelle, Texte und Echtzeitdaten verwaltet, in einer Bibliothek gespeichert und den entsprechenden Projekten zugeordnet, um bei Bedarf verwendet zu werden.

Innovation durch Low-Code

Bei der Entwicklung von PlanAR kam unter anderem die Low-Code-Plattform Simplifier zum Einsatz. Diese Technologie bietet den Vorteil, dass Anpassungen schnell und effizient umgesetzt werden können – sowohl im Verlauf des Forschungsprojektes als auch in der praktischen Anwendung.

Der hohe Konfigurationsgrad der Low-Code-Plattform bietet zudem die Möglichkeit, unterschiedliche Systeme einfach zu integrieren, Prozesse nahtlos abzubilden und Datenquellen ohne großen Aufwand zu implementieren. Damit ist der spätere Einsatz der PlanAR-Plattform in verschiedenen Unternehmen mit unterschiedlichen Systemlandschaften gewährleistet.

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