Interview mit Joachim Klingler, Frizlen, zu Lastwiderständen „Wir erhalten jeden Tag Anfragen für Tests von Ladeinfrastruktur“

Joachim Klingler ist Vertriebsleiter von Frizlen.

Bild: Thomas Moeller
12.04.2019

Je komplexer Elektronik wird und je stärker sie zum Einsatz kommt, desto mehr muss auch ihre korrekte Funktion geprüft werden. In vielen Fällen kommen dafür Prüfwiderstände zum Einsatz. Joachim Klingler, Vertriebsleiter von Frizlen, erklärt im Interview, welche Vorteile sie bieten, wieso sie gerade besonders gefragt sind und welche Rolle dabei Rechenzentren und die Elektromobilität spielen.

E&E:

Herr Klingler, Frizlen hat im letzten Jahr 156 Lastwiderstände an den Gebäudetechnikausstatter Spie Lück geliefert. Wofür benötigt man so viele Lastwiderstände?

Joachim Klingler:

Spie Lück simuliert damit ein großes Rechenzentrum. Dieses besteht aus zwei Bauabschnitten mit jeweils vier Datenhallen. Der erste Abschnitt ist bereits in Betrieb genommen. Unsere Lastwiderstände werden dabei genutzt, um die Energieversorgung des Rechenzentrums und die Klimatisierung zu überprüfen bevor die teuren Server installiert werden. Die Stromversorgung in solchen Rechenzentren ist immer redundant aufgebaut. Das bedeutet, sobald in einem Versorgungsstrang ein Fehler auftritt und dieser zusammenbricht, steht ein weiterer zur Verfügung und kann die Versorgung übernehmen. Dadurch haben die Server immer Energie und laufen beständig weiter. Für diese redundanten Systeme sind mindestens zwei getrennte Stromkreisläufe in den Zentren vorgesehen. Diese müssen alle getestet werden, ob sie sicher funktionieren, ob die Umschaltung zwischen ihnen funktioniert und auch ob sie die notwendige Leistung bereitstellen.

Von welcher Leistung sprechen wir dabei?

Bei dem Projekt simulieren wir pro Datenhalle ein Megawatt. Insgesamt sprechen wir damit von einer Leistung von 8 MW, entsprechend ungefähr 5.000 großen Servern. Das ist schon eine ganze Menge.

Wie testen Sie die Klimatisierung?

Große Rechenzentren erzeugen sehr viel Wärme. Deshalb brauchen sie eine leistungsfähige Kühlung. Diese muss vor der Inbetriebnahme auch getestet werden. Unsere Lastwiderstände können deshalb große Abwärme erzeugen. Dadurch lässt sich dann das Temperaturmanagement des Serverraums überprüfen.

Ist die thermische Simulation nur ein Beiwerk oder kommt ihr derselbe Stellenwert wie der elektrischen zu?

Da gibt es keinen Unterschied. Beide Simulationen sind essenziell. Ein großer Vorteil unserer Widerstände ist, dass sich mit ihnen beides gleichzeitig simulieren lässt.

Rechenzentren in Deutschland sind aufgrund von Datenschutzbedenken gegenüber US-amerikanischen Unternehmen immer häufiger im Gespräch. Entstehen deshalb hierzulande mehr davon?

Auf jeden Fall. Wir haben innerhalb kurzer Zeit bereits die dritte Anfrage erhalten. Viele große Unternehmen stellen ihre IT gerade neu auf. Die Firmen überlegen, ob sie Kapazitäten per Cloud zukaufen oder selbst ein Rechenzentrum bauen. Immer mehr von ihnen entscheiden sich für ein eigenes Zentrum.

Welche Leistung benötigen diese üblicherweise?

Das ist sehr unterschiedlich. Wir arbeiten gerade an zwei neuen Projekten in diesem Bereich. Bei dem ersten liefern wir 60 Einheiten mit insgesamt 360 kW, bei dem zweiten geht es um 44 Stück mit fast 900 kW. Ein großer Vorteil unserer Systeme ist, dass sie sich beliebig wiederverwenden lassen. In Rechenzentren werden fast ausschließlich 19-Zoll-Racks eingesetzt. Deshalb fertigen wir unsere Lastwiderstände auch in diesem Format. Unsere Kunden können die Geräte dadurch für verschiedene Aufträge einsetzen. Sie sind nicht an einen bestimmten Ort oder ein Projekt gebunden. Immer vorausgesetzt natürlich, dass die Leistung ausreicht.

Bei den beiden Projekten unterscheiden sich die Geräte sehr stark in der Leistung.

Wir bieten beispielsweise Systeme mit 6 und 20 kW an. Sie lassen sich in praktisch beliebiger Anzahl kombinieren. Die Leistung ist somit frei skalierbar.

Welche Anpassungen bieten Sie sonst noch an?

Häufig benötigen verschiedene Kunden unterschiedliche Anschlüsse an den Geräten. Einige möchten die Leistung auf einmal schalten, andere wiederum in verschiedenen Stufen. Leistung, Stufen und Anschlüsse sind die drei Themen, bei denen wir Varianten anbieten. Das brauchen unsere Kunden, und wir sind natürlich gerne bereit, dem nachzukommen. Wir arbeiten außerdem gerade an mobilen Transportträgern für unsere Geräte. Sie sind für Serverräume gedacht, die nicht mit Kalt-Warm-Gängen ausgestattet sind und in denen noch keine Server-Racks stehen. In dem Fall müssen die Geräte frei im Raum positioniert werden, und dafür ist ein Transportträger sinnvoll.

Ihre Widerstände kommen auch bei Generatoren und Batteriespeichern zum Einsatz. Sind Rechenzentren dennoch das Haupteinsatzgebiet?

Im Moment sind sie das, was die 19-Zoll-Ausführung betrifft. Unsere Geräte sind wie gesagt auf die dort üblichen 19-Zoll-Racks abgestimmt. Bei Batteriespeichern und Generatoren ist dieses Format nicht üblich. Natürlich gibt es Versuchsaufbauten, die darauf ausgerichtet sind, aber die Regel ist das nicht. Deshalb bieten sich für diese Anwendungen teilweise andere Modelle an, wie Leistungswiderstände.

Sind solche Widerstände auch bei Elektromobilität gefragt?

Wir liefern sehr viele Leistungswiderstände für Anwendungen im Zusammenhang mit Elektromobilität. In der Regel betrifft das die Lade- und Entladeinfrastruktur. Diese muss auch getestet werden. Es vergeht praktisch kein Tag, an dem wir nicht eine Anfrage dazu erhalten. Es geht dabei aber nicht nur um die einzelnen Geräte und Systeme, sondern ebenso um die gesamte Netzinfrastruktur. Die Ladesäulen müssen alle mit Strom versorgt werden. Auch das dafür notwendige Stromnetz und die Energieverteilung muss simuliert werden. Für diese Tests liefern wir ebenfalls Leistungswiderstände.

Die Nachfrage nach Prüfwiderständen steigt also generell?

Bei Rechenzentren erleben wir gerade einen besonderen Boom, aber auch in vielen anderen Bereichen wächst die Nachfrage sehr stark, etwa bei Belastungswiderständen zum Testen von Notstromaggregaten.

Gehen Sie davon aus, dass die Nachfrage auch künftig weiter zunimmt? In letzter Zeit wird schließlich immer öfter eine Abkühlung der weltweiten Konjunktur vorausgesagt.

Wir gehen von keinem signifikanten Abschwung in unserem Bereich aus. Die Elektrifizierung der Welt schreitet immer weiter voran und es kommen immer neue Betätigungsfelder hinzu. Die angesprochenen Rechenzentren und die Elektromobilität sind nur zwei Beispiele dafür. Das Jahr hat für uns sehr gut mit einem Auftragsplus begonnen. Dieser aktuell bestehende, unglaubliche Boom wird sich sicher nicht in der Form fortsetzen. Einen großen Rückgang erwarten wir aber auch nicht.

2017 hat Frizlen ein neues Bürogebäude bezogen und zusätzliche Maschinen in Betrieb genommen. Sie investieren also in einen Ausbau der Produktion?

Absolut. Wir haben unseren Maschinenpark erweitert und die Automatisierungen unserer Produktion vorangetrieben. Mit Letzterem tragen wir unserem Standort im Süden Deutschlands Rechnung, der nicht der kostengünstigste ist. Dadurch sichern wir Arbeitsplätze. Mittlerweile beschäftigen wir 135 Mitarbeiter, sind also noch mal kräftig gewachsen. Erfreulicherweise konnten wir im letzten und auch in diesem Jahr viele Neuprojekte gewinnen.

Planen Sie weitere Investitionen?

Nachdem wir in 2018 die letzte der neuen Maschinen, eine automatisierte Biegeanlage, in Betrieb genommen haben, sind wir nun in der Vorfertigung sehr gut aufgestellt. Selbst wenn wir weiter stark wachsen, verfügen wir dort über genügend Kapazitäten. Die Endfertigung muss aber noch mal vergrößert werden. Dafür haben wir bereits ein Baugesuch eingereicht.

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