Distribution & Dienstleistung Wer nicht kooperiert, verliert

28.04.2012

In einer Welt der schnellen Veränderungen, in der der Wettbewerb täglich härter wird, bieten Kooperationen für Unternehmen vielfältige neue Möglichkeiten. Doch die Gefahr, zu scheitern, ist deutlich größer als die Chance, Erfolg zu haben. Daher muss man genau bedenken, wie man den eigenen Mehrwert steigert und Fehler vermeidet.

Kooperationen können Großartiges vollbringen. Denn mehrere Partner stemmen gemeinsam weit mehr als es einem Einzelnen möglich ist. Eine der beeindruckendsten Kooperationen ist derzeit wohl Desertec. Diese Initiative will in einigen Jahren die Sonnenenergie der Wüste nach Europa liefern. Verschiedene Partner, darunter Siemens, die Deutsche Bank, Munich RE, E.ON und RWE investieren Milliarden. Das Projekt ist momentan dem Zeitplan bereits um drei Jahre voraus.

Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten: So manches Unternehmen in der Elektronikentwicklung weiß aus eigener Erfahrung, wie schmal der Grad ist zwischen der guten Absicht einer Kooperation und dem Gefühl, letzten Endes doch über den Tisch gezogen zu werden.

Die Gründe können sachlicher Art sein, wenn die Ausgangssituation und das Ziel falsch eingeschätzt und bewertet wurden. Doch das ist die Ausnahme. Weitaus häufiger liegen die Ursachen darin, dass das gemeinsame Projekt nicht lange genug Priorität A genießt, dass sich manche Partner im Lauf der Zeit ausgenutzt vorkommen oder dass die berühmte Chemie nicht mehr stimmt.

Netzwerke mit Gestaltungsauftrag

Eine zündende Idee, bei der der Funke überspringt, steht häufig am Anfang einer Kooperation. Im Überschwang der Idee gilt es dann allerdings ganz analytisch vorzugehen. Und um das Scheitern frühzeitig zu vermeiden, empfiehlt es sich, in fünf existenziellen Punkten Klarheit zu schaffen.

(1) Die Ausrichtung auf ein konkretes Ziel, das dem Einzelnen allein nicht möglich ist.

(2) Die verbindliche Übereinkunft aller Beteiligten, mit welchen Leistungen sie mitwirken.

(3) Einen Fahrplan für die Kooperation, nachdem das vorrangige Ziel erreicht ist.

(4) Ein Ausstiegsszenario für Kooperationspartner, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.

(5) Ein Einstiegsszenario für neue Partner.

So werden von Anfang an die Weichen richtig gestellt.

5-Sterne-Kooperationen erzeugen

Unternehmen, die miteinander kooperieren, verfügen über einen ganz besonderen Knotenpunkt: sie können parallel Neues ausprobieren, optimieren und ihre Erfahrungen den Kooperationspartnern zu Verfügung stellen. Damit erhöhen sie nicht nur die Effizienz und reduzieren die Fehlerkosten um ein Vielfaches, sie werden auch ungeheuer schnell.

Ob eine gemeinsame neue Produktionsstätte, die Einführung einer neuen Software, die Zusammenlegung der globalen Entwicklungsaktivitäten, um 24 Stunden am Tag am Projekt arbeiten zu können, eine Zusammenlegung des Einkaufs oder der Lagerhaltung: Das Potenzial, voneinander systematisch zu lernen, kann einfache Kooperationen in regelrechte 5-Sterne-Kooperationen verwandeln - eine hohe Vertrauenskultur vorausgesetzt.

Beispiel Packaging Valley Germany

Ein gut funktionierendes Beispiel hierzu findet sich in Baden-Württemberg in der Region Schwäbisch Hall. Unter dem Namen Packaging Valley Germany e.V. kooperieren über 40 Verpackungsmaschinenhersteller und Zulieferer, die zusammen über 7.000 Mitarbeiter beschäftigen. Mit einem Exportanteil von über 80 Prozent wollen sie sich weltweit als Problemlösungsregion für Verpackungsthemen präsentieren und etablieren. Das macht wiederum Besuche der ausländischen Kunden sehr effizient, denn diese können sich auf einem regional eng begrenzten Raum in kürzester Zeit umfassend informieren.

Nach innen kümmert sich der Verein um eine auf die Bedürfnisse der Unternehmen abgestimmte Berufsausbildung. Der Ausbau dieses Verpackungsclusters wird zudem durch Fördermittel der EU und von Baden-Württemberg unterstützt.

Packaging Valley Germany e.V. ist ein Musterbeispiel dafür, wie erfolgreiche Unternehmen zusätzliche Synergieeffekte schaffen, wenn sie ihre Kräfte bündeln und kooperieren.

Wann sind Kooperationen sinnvoll?

Wird durch die Kooperation ein besserer Zustand erreicht oder ein schlechterer Zustand vermieden, so sollte diese Form der Zusammenarbeit erwogen werden. Es gibt viele Felder, auf denen gemeinsam mehr erreicht werden kann, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen:

�?� Wenn die Not der Menschen durch finanzielle, medizinische oder logistische Kooperationen gelöst werden kann, wie bei Unfällen oder Naturkatastrophen;

�?� wenn es dadurch gelingt, zeitliche Vorteile zu schaffen, wie bei der Entwicklung neuer Antriebsformen für Fahrzeuge;

�?� wenn Unternehmen dadurch effizienter werden;

�?� wenn Unternehmen dadurch mehr Kunden gewinnen und ihren Kunden einen größeren Nutzen bieten;

�?� wenn sie dadurch existenziellen Gefahren entkommen können;

�?� wenn es durch die Zusammenlegung von Know-how zu schnelleren Lösungen kommt;

�?� wenn sich dadurch die "Denker" gemeinsam die Köpfe zerbrechen können, um ein drängendes Problem zu lösen;

�?� wenn kostbare Ressourcen gemeinsam erschlossen oder genutzt werden;

�?� wenn sich "Kleine" zusammentun, um gegen "Große" zu bestehen;

�?� wenn sich kapitalstarke Unternehmen gemeinsam Großes leisten wollen.

Beispiele erfolgreicher Kooperationen

Ein bekanntes Beispiel für eine geglückte Kooperation ist die 30 Fluggesellschaften umfassende Star-Alliance, die ihren Passagieren das Gefühl vermitteln will, mit nur einer Linie auf effiziente Art alle Orte der Welt erreichen zu können.

Im Mittelstand beeindruckt die Initiative "Mein Ziegelhaus". Diese Kooperation von sechs regional führenden Mauerziegelherstellern betreibt die gemeinsame Entwicklung und Vermarktung höchst innovativer Produkte.

Im Tourismus setzt der Verein "TauernAlpin Nationalpark Partner" die Benchmark sehr hoch. Gemeinsam wollen ca. 40 Beherbungsbetriebe mit rund 1.500 Betten den Gästen das Abenteuer Berg ganzheitlich vermitteln, mit einem Anspruch und einer Leistungspalette, die ihresgleichen sucht.

Drei Beispiele, die auf den ersten Blick nichts mit den Anforderungen in der Elektronikentwicklung gemeinsam haben und dennoch Anstoß geben können, um das Visionäre, den zündenden Funken, hinter der Kooperation neu zu entdecken.

Kooperationen sind nicht nur ein Instrument, um die eigene Überlebensfähigkeit abzusichern, mit dem Gelingen einer 5-Sterne-Kooperation bringen sie auch die eigene Unternehmensentwicklung in großen Schritten voran. Daher sollte im Rahmen des Risikomanagements die Kooperationsfrage mindestens einmal im Jahr auf die Tagesordnung gesetzt werden. Denn interessante und relevante Ziele, die mit Kooperationen erreicht werden, gibt es genügend.

Das E-Book zum Beitrag

Christian Kalkbrenner: Gewinnbringende Kooperationen: Was Unternehmenslenker von Eric Clapton lernen können, Ventus Publishing ApS, 2011. ISBN 978-87-7681-871-5. Kostenloser Download unter http://bookboon.com/de/business/management/gewinnbringende-kooperationen.

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