Pumpen & Kompressoren Wälzkolbenpumpe mit Ex-Schutz

16.09.2015

Bei Prozessen, in denen Explosionsgefahr besteht, sind spezielle Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter notwendig. Regeln dafür stehen in der Atex-Produktrichtlinie. Diese hat sich nun ein Unternehmen zur Grundlage für die Entwicklung seiner Wälzkolbenpumpen gemacht und setzt damit Zeichen im Sicherheitsstandard.

Sicherheit an erster Stelle, Safety first ‒ diese Grundregel ist oberstes Gebot in allen Bereichen, in denen Personen Risiken ausgesetzt sind, die ihnen potenziell gefährlich werden könnten. Dies ist nicht nur im Flug- und Straßenverkehr relevant, sondern auch in zahlreichen industriellen Produktionsstätten sowie im Betrieb einer Vielzahl verfahrenstechnischer Anlagen. Insbesondere bei Prozessen, in denen Explosionsgefahr besteht, sind fundierte Maßnahmen notwendig, um die Sicherheit der dort arbeitenden Personen zu gewährleisten.

Aus diesem Grund hat die Europäische Union die Atex-Produktrichtlinie 94/9/EG (ab April 2016: 2014/34/EU) verabschiedet. Sie legt die Rechtsvorschriften für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen fest. Sie beinhaltet also die Regeln für das Inverkehrbringen von Produkten, die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, und ist auch für nicht elektrische Geräte gültig. Pfeiffer Vacuum hat die Atex-Richtlinie zur Grundlage seiner Produktentwicklung gemacht und neue Maßstäbe bei Sicherheitsstandards und Risikominimierung bei seinen Wälzkolbenpumpen gesetzt.

Die Atex-Richtlinie im Überblick

Basis für die Umsetzung der Atex-Richtlinie an den Produkten ist eine umfassende Risikoanalyse. Sie besteht vor allem aus der Bewertung der Zündgefahren entsprechend der Norm EN 13463-1. Dabei ist der Hersteller eines nicht elektrischen Geräts verpflichtet, zu beurteilen, ob in dem Gerät eine oder mehrere der folgenden Zündquellen vorkommen können:

  • Heiße Oberflächen

  • Flammen und heiße Gase (einschließlich heiße Partikel)

  • Mechanisch erzeugte Funken

  • Elektrische Zündquellen

  • Elektrische Streuströme

  • Statische Elektrizität

  • Elektromagnetische Wellen

  • Ionisierende Strahlung

  • Ultraschall

  • Adiabatische Kompression und Druckwellen

  • Exotherme Reaktionen

Bei diesen Zündquellen handelt es sich jeweils um potenzielle Zündquellen. Wird in der Risikoanalyse festgestellt, dass bei einem Gerät eine oder mehrere potenzielle Zündquellen auftreten, spricht man von „gerätebezogenen Zündquellen“. Aus diesen können sich im schlimmsten Fall sogenannte wirksame Zündquellen entwickeln, die zusammen mit Sauerstoff und brennbarem Material eine Explosion verursachen. Dies gilt es, mit gezielten Maßnahmen unbedingt zu verhindern.

Nach der Bewertung der Zündgefahren muss der Hersteller geeignete Maßnahmen ergreifen, um das Eintreten wirksamer Zündquellen zu vermeiden. Dabei gilt die folgende Priorisierung der Maßnahmen:

  • 1. Sicherstellen, dass keine Zündquellen entstehen können

  • 2. Sicherstellen, dass keine Zündquellen wirksam werden können

  • 3. Verhindern, dass eine explosionsfähige Atmosphäre die Zündquelle erreichen kann

  • 4. Unterdrücken der Explosion und Verhindern der Flammenausbreitung

Zum Beurteilen des Sicherheitsgrads eines Geräts existieren verschiedene Kategorien, die definieren, wann und in welchem Umfang das Gerät sicher sein muss:

  • Kategorie 1: Die Sicherheit des Geräts muss beim Auftreten zweier unabhängiger zu erwartender Störungen oder beim Auftreten einer seltenen Störung gewährleistet sein.

  • Kategorie 2: Die Sicherheit des Geräts muss beim Auftreten einer zu erwartenden Störung gewährleistet sein.

  • Kategorie 3: Die Sicherheit des Geräts muss im Normalbetrieb gewährleistet sein.

Neuer Qualitäts- und Sicherheitsstandard

Die Aspekte der Atex-Richtlinie sowie die Herstellerverpflichtungen zur Risikoanalyse und Bewertung der Zündgefahren hat Pfeiffer Vacuum zur Grundlage der Weiterentwicklung seines Wälzkolbenpumpprinzips gemacht. Das Ergebnis: die Oktaline Atex. Diese magnetgekuppelte Wälzkolbenpumpe ist eine Weltneuheit.

In ihr wird erstmals eine Magnetkupplung mit einem Explosionsschutz der Kategorie 2 oder 3 kombiniert. Bei der Konstruktion von Vakuumpumpen lassen sich potenzielle Zündquellen jedoch nicht völlig vermeiden. So ist beispielsweise aufgrund der praktisch in jeder Pumpe auftretenden Kompressionswärme nicht zu verhindern, dass während des Betriebs die Oberflächen der Pumpe erhitzt werden.

Der Pumpenspezialist hat es sich zur Aufgabe gemacht, die nicht auszuschließenden potenziellen Zündquellen so zu gestalten, dass diese nicht wirksam werden. So darf beispielsweise die Oberflächentemperatur die Grenzwerte der jeweiligen Temperaturklasse nicht überschreiten. Zu diesem Zweck verfügt die Oktaline über einen Temperatursensor, der durch kontinuierliche Messungen sicherstellt, dass die Grenzwerte eingehalten werden.

Außerdem sind die Pumpen der Atex-Baureihe mit einem Gehäuse ausgestattet, das bis zu 1.600 kPa an Innendruck standhält. Jede Pumpe wird vor der Auslieferung von Experten unter diesem Aspekt getestet.

Durch den Einbau der Magnetkupplung sind die Pumpen der Oktaline-Atex-Reihe hermetisch dicht. Ihre niedrige Leckrate von maximal 1*10-6 Pa m3/s sorgt zudem für weitere Sicherheit, da so eine Zonenverschleppung (siehe Kasten) verhindert wird. Außerdem entfallen Wellendichtringe, die Schwachstellen bei Druckstößen darstellen und wartungsintensiv sind. Dadurch verfügt die Oktaline Atex über lange Wartungsintervalle.

Dank der hohen Qualitätsstandards in der Produktion und der jahrzehntelangen Erfahrung von Pfeiffer Vacuum in der Entwicklung und Konstruktion von Wälzkolbenpumpen, sorgt der Hersteller für die größtmögliche Sicherheit seines Produkts. Die Oktaline-Atex-Serie ist daher die Lösung für Prozesse, die in explosionsgefährdeter Umgebung stattfinden. Angenehmer und effizienter Nebeneffekt: Durch das berührungslose Arbeiten der Wälzkolben ist ein technisch trockener Betrieb gewährleistet. Die Luftkühlung benötigt weniger Energie als eine Wasserkühlung, was die Betriebskosten verringert.

Während der gesamten Produktionsphase werden bei der Atex-Baureihe alle sicherheitsrelevanten Parameter für jede einzelne Pumpe ermittelt und dokumentiert. Dadurch kann zum Beispiel das Auftreten von Funkenbildung bei bestimmungsgemäßem Verwenden der Pumpen ausgeschlossen werden. Die neue Wälzkolbenpumpe ist für das Evakuieren von explosiven Gasen gemäß der Atex-Richtlinie geeignet. Einsatz findet sie in diversen Anwendungen wie zum Beispiel der Chemie- und Verfahrenstechnik, bei industriellen Applikationen, in der Beschichtung, in der Halbleiterindustrie sowie in Forschung und Entwicklung. Alle Pumpen der Baureihe sind für die Temperaturklasse T3 geeignet und decken den Saugvermögensbereich von 280 m3/h bis 5.190 m3/h ab.

Was ist anders bei der Atex-Variante?

Im Vergleich zur Standardversion der Oktaline-Wälzkolbenpumpen verfügt die Atex-Version über einige Modifikationen, die ihre Kompatibilität mit der Atex-Richtlinie gewährleisten. So ist zum Beispiel der integrierte Temperatursensor der Atex-Pumpe redundant ausgeführt, sodass die Temperaturmessung unter allen Umständen und bei jeglicher Komplikation im Prozess sichergestellt ist. Anstelle eines Peek-Spalttopfes wird bei den Atex-Pumpen ein beidseitig beschichteter Keramik-Spalttopf verwendet. Die Beschichtung verhindert die elektrostatische Aufladung des Spalttopfes und damit die Gefahr von zündfähigen Funken aufgrund einer Entladung. Die in die Atex-Variante eingebaute Magnetkupplung und der Motor sind beide richtlinienkonform.

Die Rotoren sind im Vergleich zur Standardvariante etwas verkürzt. So können höhere Spaltmaße realisiert werden, was insbesondere bei Stromausfall zur Erhöhung des Explosionsschutzes beiträgt: Denn im Fall eines plötzlichen Ausschaltens der Pumpe kühlt sich das Gehäuse schneller ab als der Kolben. Somit sind die Kolben noch im ausgedehnten Zustand, während sich das Gehäuse schon wieder zusammenzieht ‒ das Ergebnis sind geringe Spaltmaße, die zu Funkenbildung führen können. Mit den durch den verkürzten Rotor erzeugten höheren Spaltmaßen kann die Pumpe nach einem Stromausfall direkt wieder angeschaltet werden, ohne eine potenzielle Zündquelle zu erzeugen.

Das Material des Schauglases in der Pumpe wurde so geändert, dass es den in EN 13463 geforderten Schlagtest besteht. Zudem werden in der Fertigung sehr viel aufwändigere Kontrollen durchgeführt, in denen die verschiedenen Toleranzwerte für die Bauteile und Komponenten festgestellt und dokumentiert werden.

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