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Aufbereitungsmethode beseitigt Spurenstoffe Keine Spur mehr von Medikamenten im Abwasser

Aufbereitungsmodul mit integrierten Ultraschallsensoren zur vollständigen Entfernung von Medikamentenrückständen.

Bild: Fraunhofer IKTS
26.06.2018

Medikamentenrückstände in Abwässern fordern die kommunale Wasseraufbereitung immer mehr heraus. Etablierte Verfahren sind dabei oft unzureichend. Ein neues Aufbereitungsmodul schafft nun Abhilfe und entfernt diese Schadstoffe vollständig.

Rund 38.000 Tonnen Medikamente werden in Deutschland jährlich verbraucht, darunter Hormone, Antibiotika und Virostatika. Ihre Rückstände finden sich immer häufiger im Abwasser von Ballungsräumen und gelangen von dort aus auch ins Grund- und Oberflächenwasser.

Konventionelle Klärwerks- und Wasseraufbereitungstechnik tut sich meist schwer, diese Medikamentenrückstände zu entfernen. Die Folge sind die zunehmende Verbreitung multiresistenter Mikroorganismen und die Zunahme von Fruchtbarkeitsstörungen.

Anoden helfen, sind aber teuer

Mit Hilfe elektrochemischer Verfahren können Medikamentenrückstände vollständig abgebaut werden. Diese werden dabei an der Anode einer Elektrolysezelle elektrochemisch umgesetzt, so dass am Ende nur noch Kohlendioxid übrig bleibt.

Mit einem Quadratmeterpreis von derzeit rund 16.000 Euro sind die bisher verwendeten Anoden aus bordotiertem Diamant dafür allerdings viel zu teuer. Um die Elektroden deutlich preiswerter herzustellen und die Abbauraten zu steigern, verfolgt das Fraunhofer IKTS zwei Ansätze.

Anodenmaterial und Ultraschall sollen helfen

Zum einen wurden edelmetallfreie halbleitende Mischoxidphasen als alternatives Anodenmaterial entwickelt. Als besonders effektiv haben sich dabei Zinn-Antimonoxid-basierte Systeme erwiesen. Bei gleicher Funktionsweise und Lebensdauer kosten sie nur ein Zehntel im Vergleich zu bordotiertem Diamant.

Zum anderen bringen die Wissenschaftler des Fraunhofer IKTS das Abwasser mittels Ultraschall zum Schwingen, um den Stofftransport an der Elektrode zu intensivieren und somit noch größere Abbauraten zu realisieren. Das wird erreicht, indem durch den Ultraschall die Dicke der sogenannten Diffusionsschicht auf der Anode minimiert wird. Die Schicht wirkt als eine Art Reaktionsbarriere und verlangsamt somit deren Zerstörung.

Elektroden-Sonotroden-Modul auf Keramikbasis

Nicht nur die Verfahrenskombination ist raffiniert, sondern auch der Aufbau des entsprechenden Elektroden-Sonotroden-Moduls. Der neuartige Ansatz besteht darin, die Ultraschallsensoren direkt auf die keramische Elektrode zu drucken, so dass diese selbst wie eine Feder in Schwingung versetzt wird. Damit verbessert sich der Stofftransport zur Elektrode. Möglich wird dies durch keramische Materialien und Technologien.

Das Fraunhofer IKTS verfügt über die gesamte technologische Kette – von der Entwicklung der Funktionsmaterialien, dem Siebdruck der Ultraschallaktoren, über geeignete Verbindungstechniken zum Kontaktieren der Elektrode bis hin zur Systemintegration. Zudem besteht Know-how im Bereich der elektrochemischen Verfahrenstechnik, was die Basis für die erfolgreiche Behandlung von belasteten Abwässern bildet.

Upscaling als realistisches Ziel

Im Labormaßstab wurde kürzlich ein überzeugender Funktionsnachweis des neuen Elektroden-Sonotroden-Moduls erbracht und daraufhin ein Patent angemeldet. Angesichts der positiven Ergebnisse sehen die Forascher nun ein Upscaling als realistisches Ziel. Dafür wird ein elektrochemischer Reaktor entwickelt und im technischen Maßstab erprobt.

Das Elektroden-Sonotroden-Modul soll künftig auch in anderen Sektoren eingesetzt werden, wie zur Zerstörung von Nitroaromaten, Weichmachern, Herbizidrückständen oder anderen toxischen Stoffen in gewerblichen Abwässern. Anwendungen im Bereich der chemischen Synthese und in der Sensortechnik stehen ebenso im Fokus.

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