Komplexe Mensch-Roboter-Kollaboration Vom Weltraum in die Fertigung

Das Projekt Transfit soll Berührungspunkte zwischen den Einsätzen von Robotern im Weltraum und in der Industrie 4.0 schaffen.

18.08.2017

Im Projekt Transfit sollen Robotersysteme nicht nur Infrastrukturen im Weltraum aufbauen, sondern auch neu Einsatzoptionen in der Industrie 4.0 eröffnen.

Im Mittelpunkt von Transfit steht die Entwicklung von robotischen Lösungen für (teil-)autonome Anwendungen im Rahmen von Weltraummissionen und der Transfer dieser in den Kontext der Industrie 4.0.

Berührungspunkte zwischen Weltall und Industrie 4.0

Ausgehend von den Ergebnissen im DFKI-Transferprojekt TransTerre, bei dem die Exploration und Logistik für den Aufbau von Infrastruktur auf fremden Planeten betrachtet wurde, liegt in Transfit nun der Fokus auf dem Aufbau selbst. Das Vorhaben stützt sich dabei auf Entwicklungen aus vergangenen Projekten des DFKI und zielt darauf ab, die Projektergebnisse auf terrestrische Anwendungen zu übertragen - insbesondere in den Bereich der Industrie 4.0. Gleichzeitig soll die Weltraumforschung von Lösungen profitieren, die eigens für industrielle Anwendungen entwickelt wurden.

Flexible und intuitive Mensch-Roboter-Kollaboration im Weltraumszenario

Um bei bemannten Missionen den Menschen nicht unnötig zu gefährden, ist der Einsatz von robotischen Systemen sinnvoll, etwa beim Aufbau stationärer Lager, Unterständen und Laboren auf anderen Planeten. Da Roboter komplexe Aufgaben jedoch nur bedingt autonom lösen und sich auch nur bedingt flexibel verhalten können, ist eine enge Zusammenarbeit mit den Astronauten notwendig. Ein anderes Forschungsprojekt beschäftigt sich derzeit damit, Robotern für Weltraumeinsätze mehr eigenständiges Entscheidungsvermögen einzuhauchen.

Verschiedene Grade der Roboter-Autonomie

Im Zentrum von Transfit steht daher die Umsetzung eines Kooperationsszenarios von Astronauten und Robotern, die gemeinsam eine Infrastruktur aufbauen. Dabei interagieren sie unterschiedlich stark nach dem Konzept der „Sliding Autonomie”: von reiner Teleoperation über Teleoperation mit teilautonomen Funktionen und Autonomie mit „Operator in the Loop” bis hin zu kompletter Autonomie.

Ziel der Interaktion ist aber nicht nur die Aufgabenteilung, sondern auch, dass der Roboter aus der Unterstützung durch den Menschen lernt, um immer autonomer zu agieren und sich besser an die speziellen Anforderungen anzupassen.

Mensch-Roboter-Kollaboration im Weltall

Voraussetzung für die schnelle Anpassbarkeit des Verhaltens ist die Entwicklung einer einfach bedienbaren Steuerungssoftware, die schnelle Änderungen vor Ort und während einer Mission ermöglicht. So können beispielsweise unvorhergesehene Montageleistungen wie Reparaturen statt von dem Roboter autonom auch in Zusammenarbeit mit dem Menschen durchgeführt werden.

Im Szenario sollen ein Mensch und ein humanoider Roboter zusammen mit möglicher Unterstützung durch einen weiteren Astronauten über Teleoperation eine Montageleistung erbringen, von der Teilaufgaben vom Roboter autonom, Teilaufgaben von Mensch und Roboter in Kooperation sowie Teilaufgaben teleoperiert durch den Menschen mit Hilfe eines Ganzkörper-Exoskeletts gelöst werden.

Roboter lernen im Feld

Des Weiteren wird gezeigt, dass das Verhalten des Roboters sowohl über ein einfaches Interface zur teilautomatischen Erstellung von Montageanleitungen als auch durch Lernen von Fähigkeiten aus der Beobachtung des menschlichen Verhaltens spontan und einfach angepasst werden kann. Ein ebenso wichtiger Baustein ist der Einsatz von Technologien, die der Vermittlung von Intentionen dienen, sowohl der des Roboters als auch der des Menschen. Für die Intentionserkennung beim Menschen werden multimodale physiologische Daten genutzt. Die Intention des Roboters wird leicht verständlich vermittelt und dient u.a. der Akzeptanz sich autonom verhaltender Systeme.

Transfer der Raumfahrttechnologien in die Industrie 4.0

„Wir verfolgen das Ziel, Robotik nicht nur für die Raumfahrt zu nutzen, sondern auch in industrielle Anwendungen umzusetzen. Aufgrund ihrer Robustheit und Automation verfügen robotische Raumfahrtsysteme über ein hohes Transferpotential, sie funktionieren eigenständig sowie ohne Wartung über lange Zeiträume und Entfernungen hinweg“, so Prof. Dr. Frank Kirchner, Leiter des DFKI Robotics Innovation Centers und der Arbeitsgruppe Robotik an der Universität Bremen.

Montagezelle statt Raumschiff

Zu diesem Zweck entwickeln die Projektpartner unter Federführung von Siemens und auf Basis der im Projekt erarbeiteten Lösungen eine hochflexible und kooperative Montagezelle zur Fertigung komplexer Baugruppen, etwa von kompakten mechanischen oder elektromechanischen Geräten, die nach heutigem Stand durch rein manuelle Arbeit erfolgen würde. Die Zelle soll in der Lage sein, abstrakte Aufgabenspezifikationen autonom und ohne die Notwendigkeit einer detaillierten Programmierung in Zusammenarbeit mit einem menschlichen Werker umsetzen zu können.

Projektpartner und Förderung

Die Kooperation zwischen dem Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), der Universität Bremen und Siemens wird über das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit rund 7,9 Millionen Euro (DFKI-Anteil: rund 4,7 Millionen Euro) gefördert. Ziel ist die Entwicklung robotischer Fähigkeiten, welche die Ausführung komplexer Montagearbeiten autonom und zusammen mit dem Menschen ermöglichen.

Bildergalerie

  • Flexibel, (teil-)autonom und mit Fingerspitzengefühl – das nun gestartete Projekt Transfit soll Robotersystemen den Infrastrukturaufbau im Weltraum ermöglichen und Einsatzoptionen im Bereich Industrie 4.0 eröffnen.

    Flexibel, (teil-)autonom und mit Fingerspitzengefühl – das nun gestartete Projekt Transfit soll Robotersystemen den Infrastrukturaufbau im Weltraum ermöglichen und Einsatzoptionen im Bereich Industrie 4.0 eröffnen.

    Bild: DFKI, Grafik: Meltem Yilmaz

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