Fachbeitrag Verteilnetz: Hybride Datenquellen nutzen

Transparenz im Verteilnetz: Die Kombination aus verschiedenen Datenquellen und Modellen kann eine Grundlage für die Lösung künftiger Herausforderungen im Netzmanagement schaffen.

Bild: Venios
30.01.2015

Nur wenn die wichtigsten Zustandsparameter bekannt sind, ist aktives Netzmanagement möglich. Die Grundlage dafür kann eine auf Modelldaten basierende IT-Lösung schaffen, die sekundäre Datenquellen integriert, dafür auf teure Messsysteme weitgehend verzichtet.

Die Veränderungen in der Energiewirtschaft stellen das Verteilnetz vor enorme Herausforderungen. In vielen Situationen stößt es schon heute an seine Auslegungsgrenzen. Die Gefahr für kritische Spannungssituationen, für Unter- oder Überversorgung und für Ausfälle steigt. Die Verteilnetze müssen deshalb um- und ausgebaut werden, um eine insgesamt bezahlbare, sichere und nachhaltige Energieversorgung auch angesichts noch bevorstehender Entwicklungen gewährleisten zu können.

Aktiv regelbare Netzkomponenten und veränderte Planungsgrundsätze können die dafür nötigen hohen Investitions­summen auf ein verträgliches Maß reduzieren, benötigen jedoch Information über die Zustände im Verteilnetz. Eine Software-Lösung, die unterschiedliche Datenquellen und Modelle kombiniert, kann diese Transparenz bei einem geringen Einsatz von Messtechnik herstellen.

Transparenz schaffen

Der zuerst naheliegende Weg, um die notwendige Transparenz im Netz herzustellen, wäre ein flächendeckender Roll-Out von Messtechnik. Aufgrund der stark heterogenen Strukturen im Verteilnetz wäre hierfür eine sehr große Menge an Messgeräten notwendig. Die Kosten eines solchen Roll-Outs wären beträchtlich und lägen deutlich oberhalb der zu erwartenden Einsparungen beim Netzausbau. Der Weg zu mehr Transparenz im Verteilnetz kann demnach nicht durch eine massive Einbringung von Messtechnik beschritten werden, jedenfalls dann nicht, wenn wirtschaftliche Erwägungen eine entscheidende Rolle spielen.

Venios schlägt mit seiner Lösung „Venios Energy Solutions (VES)“ einen anderen Weg ein. Die Besonderheit des Ansatzes besteht in der Nutzung möglichst vieler vorhandener und einfach beschaffbarer Daten in Verbindung mit Modellen für sämtliche Verbraucher und Erzeuger im Netz. Zusätzlich zu Netz­topologie und weiteren beim Netzbetreiber vorhandenen Stammdaten greifen die Modelle dabei auf sogenannte Sekundärdaten zurück, die aus öffentlichen oder am Markt verfügbaren Quellen stammen. Diese Daten können zum einen sozio-ökonomische Daten über Verbraucher sein, auf denen basierend detaillierte Modelle zum Lastverhalten entwickelt werden können. Zum anderen stehen auf Erzeugerseite beispielsweise Wetterdaten zur Verfügung, die in ein objektgenaues PV-Anlagenmodell eingepflegt werden. Dadurch kann der Solarstrom jeder einzelnen PV-Anlage prognostiziert werden.

Netzzustände bestimmen

Basierend rein auf Modell-, Stamm- und Sekundärdaten ist es mit VES möglich, Netzzustände mit einer maximalen Abweichung von etwa zehn Prozent zu bestimmen, wobei die Genauigkeit von der Qualität der verwendeten Daten abhängt. Zusätzliche Genauigkeit wird bei Bedarf durch die Integration von Live-Messdaten aus im Netz einzubringenden Messgeräten hergestellt. Dazu werden zunächst die Stellen im Netz identifiziert, wo durch Messtechnik das größte Maß an zusätzlicher Genauigkeit für die Netzzustandsschätzung erzielt werden kann.

Diese Stellen können unter anderem Ortsnetztransformatoren und Kabelverteiler sein. Die Live-Messdaten aus lediglich einigen wenigen Messpunkten im Netz fließen dann in die modelldaten­basierte Netzzustandsberechnung ein. Insgesamt spart VES durch den minimalen Einsatz von teurer Messtechnik Kosten ein, bei einem geringen Verlust an Genauigkeit. Durch die Nutzung sekundärer Datenquellen in Verbindung mit anspruchsvoller Modellierung und Messdaten wird mit VES ein hybrider Ansatz geschaffen, durch den sich die Netzzustände in Echtzeit bestimmen lassen. Die benötigte Genauigkeit der Zustands­bestimmung hängt vom gewünschten Anwendungsfall ab, der damit auch über die Anzahl gegebenenfalls zusätzlich benötigter Messgeräte bestimmt.

Wird Transparenz vor allem für die flexible Netzplanung und für Netz­anschluss­berechnungen benötigt, so schafft oft bereits ein rein modellbasiertes System eine deutlich verbesserte Informationsgrundlage für den Netzbetreiber gegenüber seines Status-quo. Werden im Netz regelbare Komponenten eingesetzt oder soll auf ein flexibles Einspeise- oder Lastmanagement zurückgegriffen werden, so ist in der Regel eine höhere Genauigkeit der Echtzeit-Netzzustandsbestimmung nötig.

VES ist dabei bezüglich Anzahl und Art der verwendeten Datenquellen flexibel und offen gestaltet, das heißt, mit der Zeit notwendig werdende oder aufgrund anderer Entwicklungen ohnehin hinzukommende Datenquellen wie etwa Smart Meter können einfach integriert werden, verbessern die Zustandsbestimmung weiter und erlauben dann gegebenenfalls weitere Anwendungsfälle.

Echtzeit-Auswertung

Die Basis für diese Art der Netzzustandsbestimmung bilden innovative Ansätze bei der Echtzeitverarbeitung großer Datenmengen. Venios setzt dabei auf eine serverbasierte Softwarearchitektur.

Die eingesetzte Cloud-Technologie bietet den Vorteil, bei einer Hochverfügbarkeit von mehr als 99,9 Prozent nutzerseitig unabhängig von der eigenen IT-Infrastruktur zu sein. Kostenintensive Rechenzentren und ebenso teure wie aufwendige Rollouts dezentraler Hardware im Feld können eingespart werden. Außerdem ist mit der Cloud-Anwendung eine skalierende massiv-parallele Datenverarbeitung möglich.

Damit ist VES in der Lage, in Quasi-Echtzeit riesige Datenströme zu verarbeiten. Auf veränderte Anforderungen können modulare serverbasierte Lösungen deutlich schneller reagieren als dezentrale Lösungen; gleichzeitig fallen Wartungskosten geringer aus.

Neben der Nutzung der eigenen webbasierten Benutzeroberfläche kann VES in bestehende Geoinformationssysteme, Netzplanungslösungen und Netzleitstände integriert werden und fügt sich so in die Geschäftsprozesse ein. Hochperformante softwarebasierte Lösungen sind somit im Angesicht stetig steigender und veränderter Anforderungen strukturell im Vorteil gegenüber klassischen verteilten hardwarebasierten Lösungen.

Netzmanagement-Grundlage

Mit VES steigern Verteilnetzbetreiber die Transparenz in ihrem Netz und stellen das Netzdatenmanagement auf eine Grundlage, die sich auch an künftig veränderte technische, wirtschaftliche und regulatorische Rahmenbedingungen anpassen lässt. Die hybride Verbindung von Mess- und Modelldaten bietet dabei einen kostengünstigen Ansatz für mehr Transparenz im Verteilnetz und bereitet den Weg für ein aktives und zukunftsfähiges Netzmanagement vor.

Für EVUs bedeutet die Nutzung derartiger Lösungen den Einstieg in eine detaillierte zeit- und ortsaufgelöste Datenhaltung und Analyse ihrer Versorgungsgebiete. Auch über die Anwendungsfälle im Netzmanagement hinaus ist dies die Grundlage für neue flexibilitäts- und datengetriebene Anwendungen und Geschäftsmodelle im sich stetig weiterentwickelnden Energiesystem.

Bildergalerie

  • Daten im Griff: Über Datenschnittstellen zu bereits im Einsatz befindlichen Systemen sowie mittels einer eigenen intuitiven Nutzeroberfläche macht VES die neu gewonnene Transparenz für die Geschäftsprozesse beim Netzbetreiber nutzbar.

    Daten im Griff: Über Datenschnittstellen zu bereits im Einsatz befindlichen Systemen sowie mittels einer eigenen intuitiven Nutzeroberfläche macht VES die neu gewonnene Transparenz für die Geschäftsprozesse beim Netzbetreiber nutzbar.

    Bild: Venios

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel