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Fraunhofer ISE auf der IAA in Frankfurt Unsichtbares Solar-Dach für E-Autos

Die Morpho-Color-Glasbeschichtung ermöglicht eine Anpassung Farbe des Solardachs an das Fahrzeug.

Bild: Fraunhofer ISE
06.09.2019

Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen steigt weltweit an. Um die Reichweite von Elektrofahrzeugen weiter zu verbessern, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE ein PKW-Solardach mit Solarzellen entwickelt. Das Dach lässt sich in beliebigen Farben individuell beschichten, wobei die Solarzellen unsichtbar in das vorgeformte Solardach integriert sind.

Mit einer Nennleistung von etwa 210 W/m2 kann das Dach an einem sonnigen Tag Strom für etwa zehn km Fahrtstrecke bei einem E-Auto der Mittelklasse liefern. Über ein Jahr gerechnet kann die Fahrzeugreichweite um etwa 10 Prozent verlängert werden. Auf dem Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Gesellschaft auf der Internationalen Automobil Ausstellung IAA präsentiert das Fraunhofer ISE zwei Solarautodächer in verschiedenen Farben.

»Um eine CO2-freie Energieversorgung in allen Sektoren zu realisieren, müssen wir den Ausbau der Photovoltaik massiv vorantreiben, auch jenseits von Hausdächern und Freiflächen. Solarmodule werden künftig noch mehr in unsere bereits bebaute Umwelt integriert werden, zum Beispiel auch in Fahrzeuge«, erklärt Dr. Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE.

Aufbau des Solardachs

Für die Integration der Photovoltaik in das Solardach verwenden die Freiburger Forscher die Schindelverschaltung: die monokristallinen Siliciumsolarzellen werden dabei überlappend angeordnet und in einem Klebeverfahren mit einem leitfähigen Kleber verschaltet.

So entstehen keine inaktiven Flächen durch Zell-Zwischenräume, die Modulfläche lässt sich besser für die Stromerzeugung nutzen und bietet ein homogenes, ästhetisches Gesamtbild. Weiterhin sollen geringere Widerstandsverluste und der Wegfall der Verschattung durch aufliegende Zellverbinder sowie eine hohe Verschattungstoleranz für eine um bis zu zwei Prozent höhere Moduleffizienz im Vergleich zu konventionellen Solarmodulen sorgen.

Die Solarzellenmatrix wird in einem Folienlaminator zwischen die Gläser eines handelsüblichen, sphärisch gewölbten Panorama-Autodachs laminiert. Mit einer speziell gefertigten Form kann das Laminieren auch in einem herkömmlichen Laminator erfolgen.

Durch Farbe unsichtbar gemacht

Eine weitere Besonderheit des Solardaches: Die Solarzellen sind komplett durch eine individuelle Farbbeschichtung verborgen und somit unsichtbar. Der Effizienzverlust durch die Morpho-Color-Glasbeschichtung beträgt nur sieben Prozent relativ. Der vom Morpho-Schmetterling inspirierte Effekt wird durch spezielle Oberflächenstrukturen erreicht, die eine hohe Farbsättigung bei guter Blickwinkelstabilität ermöglichen soll.

»Die Farbmöglichkeiten sind dabei nahezu unendlich«, sagt Dr. Martin Heinrich, Leiter PV for Mobility am Fraunhofer ISE. Die Funktionalität des Solardachs entspricht der eines Standard-Metallautodachs: Die Solarzellen wandeln einfallende Sonnenstrahlung in Strom um, was Überhitzung im Auto reduzieren kann.

Leistung des Solarmoduls

Durch die Schindelverschaltung liegt die Modulspannung höher als bei einem konventionellen Modul, wodurch sich die Spannung leichter auf die Batteriespannung transformieren lässt. Auch die großen thermischen und mechanischen Belastungen auf Verkehrswegen können die geklebten Schindelzellen gut kompensieren.
Die integrierten Solarzellen des PV-Autodaches haben eine Leistung von circa 210 W/m2 und können Strom für täglich circa 10 km Autostrecke an einem sonnigen Sommertag liefern. Dies entspricht einer jährlichen Verlängerung der Fahrtstrecke um circa 10 Prozent oder einer gleichwertigen Verbrauchsreduzierung.

Die Berechnung basiert auf der unverschatteten Sonneneinstrahlung in Freiburg im Breisgau, einem Verbrauch des Elektroautos von 17 kWh auf 100 km und einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km. Auch für Verbraucher, die sonst die Reichweite eines Elektrofahrzeuges einschränken könnten, beispielsweise die Klimaanlage oder Heizung kann der Solarstrom genutzt werden. Forschungspotenzial sieht das Fraunhofer ISE bei der Integration von Photovoltaik in zusätzliche Fahrzeugflächen für eine weitere Reichweitenverlängerung.

Einstrahlungspotential für PKW soll ermittelt werden

Welches Potenzial auf Fahrzeugdächern schlummert, hat das Fraunhofer ISE in Zusammenarbeit mit mehreren Speditionen bereits in einer Messkampagne 2016-2017 erforscht: 6 LKW wurden mit Einstrahlungs- und Temperatursensoren sowie GPS ausgestattet und ihre Routen im Osten der USA sowie in Mittel- und Südeuropa aufgezeichnet.

Für Europa wurden 5000 bis 7000 Kilowattstunden jährliches Stromerzeugungspotenzial auf einem typischen LKW-Dach ermittelt, das entspricht einer Fahrleistung von 5000 bis 7000 Kilometern. Im geplanten Citizen Science- Projekt »PV2Go« wollen die Forscher des Fraunhofer ISE mit Unterstützung interessierter PKW-Besitzer das Einstrahlungspotenzial für PKW ermitteln.

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