Interface-Technik „Unser Baumarkt für den Ex-Schutz bietet alles“

Product Marketing Manager Tobias Kasten: „Modulbauer müssen nur noch die Verdrahtung auflegen und den Schalter umlegen.“

Bild: Pepperl+Fuchs
30.06.2015

Thomas Kasten, Pepperl+Fuchs, über die geschäftsfördernde Wirkung des modularen Anlagenbaus, das Experten-Wissen der Solution Engineering Center und effiziente Lösungen aus einem gut bestückten Baukasten.

P&A:

Jeder kennt die Zündschutzart Ex d. Ex i ist was für Spezialisten. Gerade da hat sich Pepperl+Fuchs einen Namen gemacht. Warum, Herr Kasten, ist für Sie die Erweiterung auf andere Zündschutzarten neben der Eigensicherheit so wichtig?

Thomas Kasten:

Wir sind sicherlich der größte Anbieter von Interface-Technik im Ex-i-Bereich. Wachstum ist da nur in kleinen Schritten möglich. Andere Zündschutzarten erlauben uns weiter zu expandieren. Die Zündschutzart Ex p bieten wir seit rund zehn Jahren an; da haben wir das Geschäftsfeld Überdruckkapselung von der amerikanischen Firma Bebco übernommen. Vor knapp sechs Jahren begannen wir mit der Übernahme von Walsall unser Portfolio um Ex-e- und Ex-d-Komponenten zu ergänzen. Damit sind wir seit fünf Jahren am Markt präsent – und können nun Komplett-Packages mit Kombinationen verschiedener Zündschutzarten anbieten.

In der Prozesstechnik ist zurzeit der Modulbau en vogue. Welchen Einfluss hat das auf den Ex-Schutz?

Einen sehr gravierenden. Modulbauer könnten wohl schwerlich damit leben, dass wir ihnen einen Lkw voller einzelner Schächtelchen mit Ex-Schutz-Komponenten, von der Trennbarriere bis zum Netzteil, vorbeibringen. Stattdessen bieten wir die Dienstleistung des Schaltschrankbaus in unseren Solution Engineering Centern, kurz SEC, in allen großen Märkten und Regionen für lokale Kunden. Das sind hochqualifizierte Werkstätten, die alles anschlussfertig liefern. Der Modulbauer muss nur noch seine Verdrahtung auflegen und den Schalter umlegen.

Wie ist die Nachfrage?

Die ist immens. Unser erstes SEC in Bühl im Schwarzwald entstand vor sieben Jahren. Inzwischen ist der Raum dort vervierfacht. Und es gibt sieben weitere SECs. Unter anderem in der Nähe von Birmingham, nahe Mailand, in Bejing, in Melbourne und zwei in den USA, eines davon in Houston, Texas. Von dort wird die ganze amerikanische Offshore-Industrie versorgt.

Demnach ist das nicht nur für Modulbauer ein Thema?

Nein, auch für große Chemie- und Öl-Firmen. Die hausinternen Automatisierungsexperten interessieren sich für die Kernprozesse, aber nicht für das, was außerhalb der Pipeline passiert. Mit Ex-Schutz verdienen sie kein Geld.

Sie bieten den Service weltweit. Das ist angesichts der internationalen Vielfalt der Ex-Schutz-Vorschriften schon eine Herausforderung.

Das ist unser Vorteil. Denn in den SECs haben wir Spitzenleute, die alle Zündschutzarten in und auswendig kennen und über die regionalen Vorschriften im Detail Bescheid wissen. Sogar die Vorgaben einzelner Firmen kennen sie. Wir arbeiten mit allen großen Endkunden, aber auch mit Maschinen- und Anlagenbauern eng zusammen und kennen ihre Bedürfnisse.

Seit rund zwei Jahren haben Sie auch Ex-e-Bauteile im Programm. Wie groß ist inzwischen Ihr Angebot?

Stellen Sie sich einen Baumarkt vor, in dem Sie vor den Regalen mit Lichtschaltern stehen. Unser „Baumarkt“ für den Explosionsschutz bietet alles: diverse Schalter, Drucktaster, Not‑aus-Taster, Leuchtmelder und so weiter, mittlerweile auch eigene Kabelverschraubungen. Das bringt unseren Kunden Flexibilität und ermöglicht es, die kostengünstigste Lösung zu schaffen.

Ex-i und Ex-e-Geräte bringen ihre Zertifizierung mit. Anders ist es bei der Überdruckkapselung. Der Anwender muss sich um die Zertifizierung selbst kümmern ...

… oder er kann die von uns erstellte Ex-p-Lösung auch gleich bei Pepperl+Fuchs zertifizieren lassen. Denn unsere SEC dürfen, ähnlich wie benannte Stellen, etwa die PTB, Lösungen für Ex p nach Atex, IECEx und UL zulassen. Das bietet meines Wissens in dieser Breite keiner unserer Wettbewerber.

Ex-d-Technik gilt als ausgereift. Es gibt kaum Neuentwicklungen. Wie können Sie sich differenzieren?

Durch die Herstellung. Unsere Ex-d-Gehäuse werden in einer Gießerei in Italien, ganz in der Nähe unseres SECs hergestellt. Wir haben sie speziell ertüchtigt, damit wir genau die Legierungen erhalten, die wir benötigen. Für jeden Abguss muss die Gießerei ein Zertifikat beilegen. Das geschieht über umfassende Analysen des eingesetzten Rohmaterials sowie der Schmelze bei jedem Abstich. Über Röntgenuntersuchungen, die eventuelle Lufteinschlüsse aufdecken, und die anschließende Bearbeitung im SEC mit sehr engen Toleranzen, sichern wir höchste Qualität.

Gerade ist mit Power i eine weitere eigensichere Zündschutzart im Kommen, die höhere Ströme zulässt. Was erwarten Sie sich davon?

Power i ist im letzten Stadium der Zulassung. Sobald es in der Norm IEC 60079 als neuer Teil 39 enthalten ist, darf man wohl davon ausgehen, dass auch andere Hersteller Power-i-Produkte entwickeln. Der Aufwand für Entwicklung und Zertifizierung besteht aber weiterhin – analog zu dem bei Ex i. Es ist die Frage, inwieweit es sich rechnet – im Vergleich zu Ex p, Ex e und Ex d. Mit diesen Schutzarten kann man ebenfalls eine höhere Leistung bringen. Ob sich Power i durchsetzt, wird sich möglicherweise erst innerhalb etlicher Jahre erweisen.

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