Stromversorgung & Leistungselektronik Überspannungsschutz im Automobil

Bild: ON Semiconductor
13.06.2014

Zunehmend mehr Halbleiter-Bauelemente werden in Fahrzeugen verbaut, die vor transienten Überspannungen geschützt werden müssen. Dabei müssen die verschiedensten Einflüsse und der Trend hin zu immer kleineren Überspannungsschutzdioden beachtet werden. Hinzu kommen die Herausforderungen, die der wachsende Elektrofahrzeug-Markt mit sich bringt.

Mit jeder neuen Generation von Kraftfahrzeug-Modellen wird immer mehr Elektronik eingebaut. Das bedeutet, dass Fahrer und Passagiere ein noch breiteres Angebot von Features und Funktionalitäten nutzen können. In diesen zunehmend dichter gedrängten und komplexen elektronischen Umgebungen, bei denen jetzt analoge und digitale Schaltungen sehr nahe beieinander platziert werden, ist das Management von vorübergehenden Spannungsspitzen kritischer als je zuvor.

Um einen stets zuverlässigen Betrieb von den Systemen im Fahrzeug – sei es zum Beispiel im Antriebsstrang, im Komfortbereich oder für Sicherheit und Infotainment – zu erzielen, müssen innovative Technologien und Strategien eingesetzt werden. Sie stellen sicher, dass ein Höchstmaß an Schutz gegen transiente Überspannungen in den jeweiligen Applikationseinstellungen, die zunehmend kompromissloser werden, aufrechterhalten wird.

Halbleiter im Fahrzeug schützen

Der Halbleiteranteil im Fahrzeug hat im Laufe der vergangenen beiden Jahrzehnte auf nahezu exponentielle Weise zugenommen. Die zahlreichen hochempfindlichen ICs (Integrated Circuit) wie Mikrocontroller, ASICs (Application-Specific Integrated Circuit) und FPGAs (Field Programmable Gate Array) in jeder Automobilentwicklung müssen gegen Schäden geschützt werden, die transiente Überspannungen verursachen können. Derzeit enthält ein typisches Fahrzeug mehr als 50 Überspannungsschutzdioden (TVS-Dioden). Diese Zahl kann bei Luxusmodellen der Oberklasse noch weit höher liegen, dort ist sie oft mehr als doppelt so groß.

Wesentlichste Zielsetzung beim Schutz gegen Überspannungen ist die Gewährleistung einer langen Lebensdauer und zuverlässigen Funktion der Fahrzeugelektronik. Das bedeutet in der Folge, dass die Forderung, Wartungsarbeiten durchzuführen, weniger häufig auftritt. Es kann darüber hinaus dem Hersteller helfen, das Risiko eines Rückrufs infolge eines Systemfehlers in einem seiner Modelle zu mindern – ein Vorgang der gewaltige Auswirkungen auf die Marke haben kann, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch, was das Renommee der Marke betrifft.

Es gibt vielfältige Phänomene, denen ein Kraftfahrzeugsystem potenziell ausgesetzt sein kann. Dazu zählen große Spannungsspitzen, Transienten beim Schalten von Last oder möglicherweise Load-Dump-Bedingungen – auch wenn Vorkehrungen im Design der Lichtmaschine, besonders bei Fahrzeugen der westlichen Welt, dazu beitragen dass diese Gefahr relativ klein ist. In der modernen Automobilentwicklung gibt es zwei Hauptbereiche für welche die Funktion von TVS-Bausteinen von entscheidender Bedeutung ist.

  • Erstens für die Elektronik in der Fahrgastzelle, zum Beispiel für Infotainment- und Komfortsysteme, deren Funktion mit Kleinsignalen verbunden ist.

  • Und zweitens für den Umgang mit größeren Überspannungen von häufig geschalteten Quellen wie Motoren, Spulen und so weiter.

Der Standard ISO7637-2 definiert die Transient-Impulse, die für den Automotive-Bereich von spezifischer Bedeutung sind. Er deckt sämtliche Fahrzeuge ab, die entweder mit 12-V-Elektrosystemen bei Passagierfahrzeugen oder mit 24-V-Systemen bei Lastwagen oder kommerziellen Fahrzeugen ausgerüstet sind.

Zudem spezifiziert der Standard die Testmethoden und Vorgehensweisen, die durchgeführt werden müssen, um Norm-konform zu sein. Es ist zu erwähnen, dass einige Fahrzeughersteller ihre eigenen, leicht unterschiedlichen Variationen des Standards und der Impulse haben, die berücksichtigt werden müssen.

Darüber hinaus, dass Kraftfahrzeugsysteme immer komplexer werden, wurde die Situation durch die ständige Migration der Halbleitertechnologien auf nächste Generationen verschärft – ICs, die auf kleineren Prozessgeometrien basieren sind gegenüber den Auswirkungen von Überspannungen empfindlicher und bedürfen deshalb eines effektiveren Schutzes.

Außerdem sind Automobilhersteller bestrebt Verringerungen des Fahrzeuggewichts zu implementieren, um dadurch Treibstoff zu sparen. Das heißt, dass die Automobilbranche insgesamt Bauelemente mit kleineren Packungsabmessungen und geringeren Bauhöhen fordert. Aus diesem Grunde müssen sich die Komponentenanbieter der Herausforderung stellen, TVS-Bausteine herzustellen, die starke Schutzeigenschaften bieten, dies aber in kleineren Gehäusen.

Zum jetzigen Zeitpunkt basieren TVS-Bausteine für den Einsatz im Automobil tendenziell auf SMA- und SMB-Gehäusen. Jedoch besteht aus den bereits erwähnten Gründen ein ständig steigendes Interesse, die Gehäusegrößen zu
reduzieren.

Schutz auch bei kleineren Gehäusen

Normalerweise müssen trotz der Größenreduzierung nach wie vor Nennleistungen von ungefähr 600 W aufrechterhalten werden, wenn der angebotene Schutz in vollem Umfang effektiv sein soll. Außerdem werden von den Kraftfahrzeugherstellern geringere Klemmspannungen zur Reduzierung der Belastungspegel benötigt, welche durch das Vorhandensein von Transientenspannungen verursacht werden. Die Anbieter versuchen mittlerweile, sich in Richtung SMA-Flat- und SOD-123FL-Gehäuse zu bewegen.

SOD-123FL bietet eine wesentliche Verkleinerung der geometrischen Abmessungen, die sich Automobilhersteller wünschen, weil sie weniger Platz auf der Leiterplatte einnehmen. Die Wärmeleistung wird leicht beeinträchtigt, weil weniger Fläche zum Abführen der Überspannungsenergie zur Verfügung steht, und die Chipfläche wird beträchtlich verringert.

Angesichts von ASIC-Geometrien, die sich in Richtung
28 nm oder 22 nm bewegen, besteht eine größere Notwendigkeit die Spitzenspannung auf ein niedrigeres Niveau zu senken, da das Silizium anfälliger für Beschädigungen ist. Zum Senken der Leistung ist ein Redesign des Systems erforderlich, und das hat zur Folge, dass mehr technische Ressourcen zugeordnet werden müssen. Die damit verbundenen Entwicklungskosten steigen und die Zeit bis zur Markteinführung verzögert sich. Dadurch werden die Vorteile einer Migration zu kleineren Strukturgrößen weniger eindeutig.

Im Vergleich dazu bietet SMA-Flat eine wesentlich attraktivere Option. Diese hat gegenüber den SMA- und SMB-Bausteinen den entscheidenden Vorteil, dass sie die Gesamtgröße verringert, dabei jedoch nach wie vor eine thermische Verlustleistung bietet, die mit der von SMB-Bausteinen vergleichbar und höher als das der SMA-Bausteine ist.

Da es zudem ähnliche Chipflächen unterstützt, die mit den derzeit verwendeten TVS-Gehäusen vergleichbar sind, wird die Notwendigkeit von teuren Redesign-Arbeiten vermieden. Die thermische Verlustleistung ist also vergleichbar, allerdings mit dem Vorteil, dass dabei eine kleinere Platinenfläche benötigt wird.

Einfluss des Stromverbrauchs

Es ist zu beachten, dass bei der Einstufung der Gesamt-Leistungsanforderungen des Designs in zunehmendem Maße nicht nur der Spannungsbereich in Erwägung gezogen werden muss, sondern auch der Stromverbrauch auf die Energieabstrahlung insgesamt einen Einfluss hat. Eine Methode um die Spitzen-Leistungsabstrahlung eines zu spezifizierenden TVS-Bausteins zu ermitteln, erfolgt durch einen vordefinierten Impuls.

Zu diesem Zweck kann ein nicht-repetitiver Impuls von
10 x 1.000 µs verwendet werden – das bedeutet, grundsätzlich eine gepulste Wellenform mit einer Anstiegszeit von 10 µs sowie einer Periode von 1.000 µs bis zum Erreichen des Halbwerts zu verwenden (Abbildung 1). Dieser Wert sollte im Normalfall leicht auf dem Datenblatt des Bausteins zu finden sein. Die Bausteine mit SMA-Flat-Gehäuse, die derzeit auf dem Markt eingeführt werden, bieten bezüglich dieses Impulses einen Leistungsabstrahlpegel von mehreren Hundert Watt.

Zunehmende Elektromobilität

In den nächsten Jahren wird das erwartete Wachstum von reinen Elektrofahrzeugen (EVs) und von Hybrid-Elektrofahrzeugen (HEVs) neue Herausforderungen zum Schutz gegen das Vorhandensein von Spannungstransienten bieten. Das gilt nicht nur für die Fahrzeuge selbst, sondern auch für die unterstützende Infrastruktur, sobald diese in größerem Maßstab eingeführt wird. Es wird erwartet, dass weitere Hindernisse auftauchen, wenn die Automotive-Industrie schließlich auf 48-V-Versorgungen übergeht. Das scheint zwar noch ein langer Weg bis zur Implementierung in allen Fahrzeugen zu sein, doch könnten die Start-Stop-Systeme in HEVs sowie die Systeme zur Bremsenergie-Rückgewinnung in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren diese Entwicklung veranlassen, schneller fortzuschreiten als zuvor erwartet. Wenn diese höheren Spannungen eingesetzt werden, muss die insgesamt zu schützende Wattleistung möglicherweise erhöht werden, dadurch werden die Frequenz von Transienten sowie die Arten der Überspannungen sich ändern.

Der Übergang auf TVS-Komponenten mit höheren Spannungen in Kombination mit Bausteinformaten mit flachen Anschlüssen und geringer Bauhöhe wird zahlreiche Auswirkungen darauf haben, wie das Vorhandensein von transienten Überspannungen beim Einsatz im Automobil bekämpft wird. Sie müssen alle Attribute zur Sicherstellung vereinen, damit empfindliche Teile von integrierten Schaltungen den Belastungen widerstehen können. Nur so können diese in modernen Fahrzeugen eingesetzt werden und gleichzeitig den Automobilherstellern eine platz- und gewichtsparende Kompaktheit bieten, ohne dabei mit größeren Wärmeproblemen konfrontiert zu sein.
Weitere Informationen zu ON Semiconductor finden Sie im Business-Profil auf der Seite 66.

Bildergalerie

  • Abbildung 1: Der Leistungsabstrahlungswert kann mittels eines vordefinierten Impulses ermittelt werden. Im Graf zu sehen ist die zugehörige 10 x 1.000-µs-Impuls-Wellenform.

    Abbildung 1: Der Leistungsabstrahlungswert kann mittels eines vordefinierten Impulses ermittelt werden. Im Graf zu sehen ist die zugehörige 10 x 1.000-µs-Impuls-Wellenform.

    Bild: ON Semiconductor

  • Abbildung 2:  Für TVS-Bausteine besteht die Tendenz, die Gehäusegrößen zu reduzieren.

    Abbildung 2: Für TVS-Bausteine besteht die Tendenz, die Gehäusegrößen zu reduzieren.

    Bild: ON Semiconductor

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