Solare Mini-Raffinerie Treibstoff aus Sonne und Luft

Aus Sonnenlicht und Luft sollen künftig flüssige Treibstoffen hergestellt werden.

Bild: iStock; Christian Horz
24.06.2019

Forschende der ETH Zürich haben eine Technologie entwickelt, die aus Sonnenlicht und Luft flüssige Treibstoffe herstellt. Zum ersten Mal weltweit demonstrieren sie die gesamte thermochemische Prozesskette unter realen Bedingungen.

CO2-neutrale Treibstoffe sind für eine nachhaltigere Luft- und Schifffahrt von zentraler Bedeutung. ETH-Forschende haben eine solare Mini-Raffinerie gebaut, die sich auf dem Dach des Maschinenlaboratoriums befindet. Mit dieser lassen sich synthetische flüssige Treibstoffe herstellen, die bei der Verbrennung nur so viel CO2 freisetzen, wie zuvor der Luft entnommen wurde. CO2 und Wasser werden direkt aus der Umgebungsluft abgeschieden und mit Solarenergie aufgespalten. Das Produkt ist Syngas, eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, welches anschließend zu Kerosin, Methanol oder anderen Kohlenwasserstoffen verarbeitet wird. Diese können direkt in der bestehenden globalen Transportinfrastruktur verwendet werden.

Schnelle Reaktionszeiten und hoher

„Mit dieser Anlage beweisen wir, dass die Herstellung von nachhaltigem Treibstoff aus Sonnenlicht und Luft auch unter realen Bedingungen funktioniert“, erklärt Aldo Steinfeld, Professor für Erneuerbare Energieträger an der ETH Zürich, der die Technologie mit seiner Forschungsgruppe entwickelt hat, und betont die Besonderheit der Anlage: „Das thermochemische Verfahren nutzt das gesamte Sonnenspektrum und läuft bei hohen Temperaturen ab. Dies ermöglicht schnelle Reaktionsgeschwindigkeiten und einen hohen Wirkungsgrad.“ Die Forschungsanlage steht mitten in Zürich und dient der ETH Zürich dazu, die Forschung an nachhaltigen Treibstoffen vor Ort voranzutreiben.

Umsetzbarkeit bewiesen

Die solare Mini-Raffinerie auf dem Dach der ETH beweist die Umsetzbarkeit der Technologie – selbst unter den klimatischen Verhältnissen in Zürich – und produziert rund einen dl Treibstoff pro Tag. Steinfeld und seine Gruppe sind bereits daran, den Solarreaktor im grossen Massstab im Rahmen des EU-Projekts sun-to-liquid in der Nähe von Madrid zu testen. Zeitgleich mit der Zürcher Mini-Raffinerie wird die Madrider Solarturm-Anlage der Öffentlichkeit präsentiert.

Das nächste Ziel ist, die Technologie auf industrielle Grösse zu skalieren und Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. „Eine Solaranlage von einem km2 Fläche könnte pro Tag 20.000 l Kerosin produzieren. Theoretisch kann man mit einer Anlage auf der Fläche der Schweiz oder eines Drittels der Mojave-Wüste in Kalifornien den Kerosin-Bedarf der gesamten Luftfahrt decken. Ziel ist, dass wir in Zukunft mit unserer Technologie effizient nachhaltige Treibstoffe produzieren und so zur Verringerung des weltweiten CO2-Ausstoßes beitragen“, sagt Philipp Furler, Direktor (CTO) von Synhelion und ehemaliger Doktorand in Steinfelds Gruppe.

Bereits zwei Spin-offs

Aus der Forschungsgruppe von Aldo Steinfeld sind zwei Spin-offs hervorgegangen: Synhelion entstand 2016 und arbeitet daran, die Technologie zur Herstellung von Solartreibstoffen auf den Markt zu bringen. Climeworks wurde bereits 2010 gegründet und kommerzialisiert die Technologie zur Abscheidung von CO2 direkt aus der Luft.

Funktionsweise der neuen solaren Mini-Raffinerie

Die Prozesskette der neuen Anlage integriert drei thermochemische Umwandlungsprozesse: Erstens die Abscheidung von CO2 und Wasser aus der Luft, zweitens die solar-thermochemische Spaltung von CO2 und Wasser und drittens die anschließende Verflüssigung in Kohlenwasserstoffe. Durch einen Adsorption-Desorption-Prozess werden CO2 und Wasser direkt aus der Umgebungsluft entnommen. Beides wird dem Solarreaktor im Fokus eines Parabolspiegels zugeführt. Die Solarstrahlung wird durch den Parabolspiegel 3.000-mal konzertiert, im Innern des Reaktors eingefangen und in Prozesswärme mit einer Temperatur von 1500 Grad Celsius umgewandelt. Im Herzen des Reaktors befindet sich eine spezielle keramische Struktur aus Ceriumoxid. Dort werden in einer zweistufigen Reaktion – dem sogenannten Redox-Zyklus – Wasser und CO2 gespalten und Syngas hergestellt. Die Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid kann mittels konventioneller Methanol- oder Fischer-Tropsch-Synthese in flüssige Treibstoffe weiterverarbeitet werden.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel