Multi-Domain-Oszilloskope Mehrere Analysen auf einen Streich

Bei Tests von Embedded-Wireless-Designs führen Multi-Domain-
Oszilloskope analoge Messungen im Zeitbereich, Messungen im Spektrum sowie Protokoll- und Logikanalysen zeitkorreliert durch.

Bild: Rohde & Schwarz
14.10.2016

Embedded-Wireless-Designs vereinen mehrere Funktionseinheiten auf engstem Raum, die sich gegenseitig nicht stören dürfen. Prüfen lässt sich das mit einem Multi-Domain-Oszilloskop, das Messergebnisse von Zeit-, Frequenz-, Protokoll- und Logikanalysen zusammenführt.

Die Komplexität von hochintegrierten Embedded-Wireless-Designs kann zu einer echten Herausforderung für Entwickler werden. Für die Analyse der unterschiedlichen Signaltypen setzten sie bisher meist dedizierte Messgeräte ein, etwa einen Spektrumanalysator für das Funkmodul, einen Protokollanalysator für serielle Schnittstellen und einen Logikanalysator für den Test von Speicherschnittstellen.

Mittlerweile gibt es Oszilloskope, bei denen zusätzliche Protokoll- und Logikanalyseoptionen integriert sind. Trotzdem nehmen manche Hersteller Kompromisse bei der Leistung oder Funktionalität in Kauf. Sie halbieren zum Beispiel die Abtastrate und Speichertiefe an den herkömmlichen Oszilloskop-Kanälen, wenn Logikkanäle genutzt werden. Für den zusätzlichen Test der Funksignale bieten viele Oszilloskope zwar als Mathematikfunktion die Fast Fourier Transformation (FFT), die in der Nachverarbeitung das Spektrum des aufgezeichneten Messsignals berechnet. Leistungsfähige Analysen sind jedoch erst mit dedizierter Hardwareunterstützung für eine schnelle FFT-Berechnung und Software für die Funksignalanalyse möglich.

Ein Messgerät für verschiedene Funktionsblöcke

Komponenten für IoT-Anwendungen sind ein gutes Beispiel für hochintegrierte Embedded-Wireless-Designs. Sie vereinen auf engstem Raum einen Mikroprozessor, Sensoren und Wandler, eine Stromversorgung und ein Funkmodul für Mobilfunk, WLAN oder Bluetooth. Zudem besitzen sie verschiedene serielle oder parallele Programmier- und Universal-Schnittstellen, eine Taktquelle und einen Flash-Speicher.

Für die Inbetriebnahme des Designs und für die Fehlersuche benötigt der Entwickler ein Messgerät, das die Daten an den verschiedenen Funktionsblöcken und Schnittstellen zeitkorreliert erfassen und auswerten kann. Dafür bieten sich Multi-Domain-fähige Oszilloskope an. Durch den festen zeitlichen Zusammenhang der mit den analogen und digitalen Kanälen erfassten Signale, ist die zeitliche Abfolge der Datenerfassung, -verarbeitung und -kommunikation des Messobjektes analysierbar. Fehler, die durch das System wandern, können über funktionsübergreifende, zeitkorrelierte Tests gefunden werden. Zudem kann der Anwender alle Aktivitäten zu einem Merkmal, etwa dem jeweiligen Stromverbrauch in Bezug setzen. Für die Messung an typischen Funktionsblöcken wie
seriellen Schnittstellen, Funkmodul und Spannungsversorgung gibt es besondere Anforderungen.

Protokoll-Triggerung für serielle Schnittstellen

Zum Erfassen der Signale bieten moderne Oszilloskope sowohl analoge als auch digitale Kanäle an. Dank der breiten Auswahl an Trigger- und Dekodierlösungen bekommt der Anwender schnell den Einblick in Standards wie I2C, SPI, UART, USB oder Ethernet. Selbst flexible anpassbare Dekodierlösungen für proprietäre Busse, die beispielsweise auf NRZ (Non-Return-to-Zero), Manchester oder 8b10b-Codierung beruhen, stehen zur Auswahl. Um bei den seriellen Bussystemen auch sporadisch auftretende Störungen aufzuspüren, ist eine hohe Erfassungs- und Verarbeitungsrate notwendig. Manche Oszilloskope bieten deshalb eine Hardware-unterstützte Protokoll-Triggerung an, um besonders zuverlässig und schnell auf bestimmte Details wie Adressen oder Daten zugreifen zu können.

Funksignale analysieren

Mit einem Oszilloskop kann ein Anwender in vielen Fällen schnell und kostengünstig prüfen, ob ein Funkmodul richtig arbeitet. Voraussetzung hierfür ist jedoch geringes Rauschen der Messkanäle und eine hohe Messdynamik. Für die Analyse des Funksignals in Relation zu den Signalen anderer Schaltungsteile stehen zusätzliche Funktionen wie die Bereichseingrenzung (Gate) der FFT oder der Zone Trigger im Spektrum bereit. Mit der Gate-Funktion kann der Anwender Zeitbereiche des erfassten Funksignals definieren, für die dann das Spektrum mittels FFT berechnet wird. Damit kann er zum Beispiel das Spektrum des Funksignals zu bestimmten Zeitpunkten im Detail betrachten. Mit dem Zone Trigger im Spektrum ist es möglich, gezielt auf Aktivitäten des Prüflings zu triggern, die zu den entsprechenden Funksignalen korrelieren.

Für die genauere Bewertung der Funksignale bieten einige Herstelle gezielte Werkzeuge wie eine OFDM(Orthogonal Frequency-Division Multiplexing)-Analyse, eine Vektorsignalanalyse oder sogar standardspezifische Lösungen an. So demoduliert beispielsweise eine Software für LTE (Long Term Evolution) die erfassten Messsignale und bietet eine Vielzahl an Funktionen zur Analyse der Signalqualität und Konformität gegenüber dem Standard.

Sollte eine Störung im Funksignal vorliegen, kann diese zum Beispiel durch spektrale Störer verursacht sein, die über die Spannungsversorgung übertragen wurden. Über einen zeitlich korrelierten Vergleich von Spannungsversorgung und Funksignal lässt sich schnell feststellen, ob das tatsächlich die Ursache ist.

Fehlersuche bei der Spannungsversorgung

Die Spannungsversorgung von modernen Embedded-Designs besteht in der Regel aus mehreren Schaltnetzteilen (SMPS, Switched-Mode Power Supply) und Spannungswandlern für die Versorgung der einzelnen Funktionsblöcke. Damit ist die Spannungsversorgung aber auch eine mögliche Fehlerquelle für die Kopplung von Störungen zwischen den Modulen. Für die entsprechende Fehlersuche bedarf es Spannungstastköpfe mit ausreichender Bandbreite, um auch Störer, die beispielsweise auf schnelle Flankenwechsel von Speicherschnittstellen zurückgehen, zu erfassen. Über die FFT wird das zugehörige Frequenzspektrum dargestellt, das spektrale Störer leicht sichtbar macht.

Die Oszilloskope unterscheiden sich je nach Hersteller in den Fähigkeiten spektrale Ereignisse zu bewerten. Von Vorteil ist eine Hardware-basierte FFT, die sehr reaktiv ist und stets eine hohe Analysegeschwindigkeit bietet. Zusammen mit der Spektrogrammfunktion findet der Anwender Frequenzkomponenten im Signalverlauf auch über einen längeren Zeitraum. So sind selbst sporadisch auftretende Fehler immer gut eingrenzbar.

Analyse des Stromverbrauchs

Gerade bei Komponenten für das Internet of Things, die Funksysteme beinhalten, ist die Charakterisierung des Stromverbrauchs ein wichtiger Bestandteil der Inbetriebnahme und Optimierung. Die Schaltungen werden häufig unabhängig vom Stromnetz mit Batterie oder Akku betrieben. Deshalb ist die Analyse des minimalen Stromverbrauchs wie auch das dynamische Verhalten der Stromversorgung während einer Datenübertragung und beim Wechsel von Betriebszuständen besonders wichtig.

Die Module verfügen oft über einen Sleep-Mode, bei dem der minimale Strom unter 1 mA betragen kann. Während des Übergangs vom Sleep-Mode in einen Aktiv-Mode mit Funkaktivität fließen dann höhere Ströme von beispielsweise
200 mA. Für die Analyse dieser Vorgänge benötigt das Oszilloskop eine analoge Eingangsstufe mit großem Dynamikbereich und geringem Eigenrauschen. Ein High-Definition-Modus bietet mit einer Auflösung von bis zu 16 Bit die richtige Antwort für derart anspruchsvolle Messaufgaben.

Darüber hinaus ist für den Entwickler der maximale Stromverbrauch während dedizierter Deviceaktivitäten interessant sowie deren Einfluss auf Spannungseinbrüche, Welligkeit und Spitzen der Versorgungsspannung. Hier kommt wieder die zeitliche Korrelation der verschiedensten Signaltypen der unterschiedlichen Funktionsblöcke mittels eines Oszilloskops mit Multi-Domain Fähigkeiten zum Tragen.

Den Überblick behalten

Bei den neuesten Multi-Domain-Oszilloskopen arbeiten Zeit-, Frequenz-, Logik- und Protokollanalyse Hand in Hand. Schnelle Geräte bieten Erfassungsraten von bis zu einer Million Messkurven pro Sekunde, die auch bei der Nutzung tiefer Erfassungsspeicher sehr reaktiv bleiben. Die hochauflösende Analyse von Signalen mit bis zu 16 Bit deckt selbst feinste Signaldetails auf. Bei der großen Auswahl an Messwerkzeugen und der hohen Dichte an Messinformationen behalten Anwender dank moderner, Touchscreen-basierter Bedienkonzepte immer den Überblick.

Bildergalerie

  • Beispiel einer typischen Multi-Domain-Messung an einem IoT-Baustein mit WiFi-Modul, Batterieversorgung und USB-Schnittstelle

    Beispiel einer typischen Multi-Domain-Messung an einem IoT-Baustein mit WiFi-Modul, Batterieversorgung und USB-Schnittstelle

    Bild: Rohde & Schwarz

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