Ethernet-Entwicklungen Tempoerhöhung für Rechenzentren

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06.06.2017

Rechenzentren geraten angesichts wachsender Datenmengen an ihre Kapazitätsgrenzen. Ihre Infrastruktur ist häufig komplex und die Verkabelung teils unzureichend und nicht immer auf dem neuesten Stand. Die Weiterentwicklung von Multimodefasern (MMF) für Ethernet ermöglicht es, auch in Zukunft eine leistungsfähige und schnelle Datenübertragung bereitzustellen.

Die Digitalisierung, Big Data, Cloud-Computing, das Internet of Things (IoT) und zahlreiche komplexe, teils mobile Anwendungen haben großen Anteil am rasanten Anstieg des weltweiten Datenvolumens. Rechenzentren müssen mit dieser Entwicklung Schritt halten. Daher ist ihre Skalierung ein zentrales Thema. Bereits heute müssen in den Rechenzentren und zwischen Endgeräten, die für die Datenverarbeitung eingesetzt werden, riesige Datenmengen schnell, sicher und zuverlässig transportiert werden. Dafür werden in immer kürzeren Zeitabständen schnellere Versionen von Ethernet benötigt. Eine bedarfsgerechte Verkabelung ist unerlässlich, damit alle Komponenten ihre volle Leistung erbringen können.

Die Praxis offenbart allerdings, dass Rechenzentren die Verkabelung und das Kabelmanagement oftmals eher stiefmütterlich behandeln. Ins Blickfeld geraten sie meist erst, wenn Kabel defekt sind oder ausgetauscht werden müssen. Gerade in heterogen gewachsenen Umgebungen stellen Lokalisierung und Austausch fehlerhafter Kabel schnell ein Problem dar, beziehungsweise nehmen viel Zeit in Anspruch. Ein solcher Vorfall kann aber auch zur Chance werden, weil die Techniker die Möglichkeit erhalten, veraltete Kabel durch neuere zu ersetzen. Auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass die Verkabelung das stetig wachsende Datenvolumen besser bewältigt und Bandbreiten bereitstellt, die moderne Infrastrukturen benötigen.

Ein Drittel plant Wechsel auf hohe Übertragungsraten

Eine kürzlich durchgeführte Studie von Techconsult zeigt, dass bereits knapp ein Drittel der Rechenzentren Bandbreiten bis 100 Gbit/s erreicht. Allerdings äußerte das Gros der Befragten die Absicht, zukünftig auf noch höhere Datenübertragungsraten zu wechseln. Großes Interesse weckt auch der neue Ethernet-Standard, der Geschwindigkeiten von bis zu 25 Gbit/s bei geringeren Kosten ermöglicht und dadurch eine teure Überdimensionierung vermeidet. Ein weiteres Drittel der Rechenzentren plant den Wechsel auf hohe Datenübertragungsraten von 40 Gbit/s und 100 Gbit/s.

Seit etwa 1995 entwickelte sich Ethernet über Multimodefasern (MMF) relativ langsam und in überschaubaren Schritten. Jeweils im Abstand von einigen Jahren erfolgte eine lineare Erhöhung in Zehnerpotenzen – vom 10-Mbit/s-Internet zu Fast-Ethernet mit 100 Mbit/s und später von 1G über 10G auf die erste 100G-Ethernet-Version 100GBASE10. Parallel dazu steigerte sich die Übertragungsgeschwindigkeit in den Ethernet-Multimode-Trans-
ceivern. Die Übertragung der benötigten Datenmenge erfolgte damit seriell und bidirektional über zwei MMF- und LWL-Duplex-Stecksysteme.

Die Einführung von 40GBASE-SR4 und 100GBASE-SR10 machte es notwendig, die Datenströme in n-mal 10G zu zerlegen und parallel über die entsprechende Anzahl MMFs zu übertragen. Multimode-
Sendequellen, schneller als 10G, waren noch nicht serienreif. Damit begann bei Ethernet über MMF die Zeit der passiven Parallel Optics.

40BASE-SR4 entsprach jedoch nicht der bis dato üblichen Steigerung in Zehnerpotenzen beim Ethernet. Der Grund: Die dafür notwendigen 4-kanaligen Short- Reach-SR4-Transceiver des Formfaktors QSFP waren kostengünstig vorhanden. Sie wurden Anfang der 2000er-Jahre
für die erste Multimode-Parallel-Optics-
Applikation InfiniBand 4x entwickelt und verfügten über ein MPO-Steckerinterface mit einer speziellen Belegung für die benötigten acht MMFs. Hierfür ist heute die Bezeichnung SR4-Belegung üblich.

Aktuell bearbeitet die IEEE 802.3 Ethernet Working Group parallel mehrere neue Ethernet-Versionen. Dazu gehören, neben den nächsten Geschwindigkeiten 200GBASE-SR4 und 400GBASE-SR16, auch 100GBASE-SR2 und die inzwischen dritte 100G-Version. Auch niedrigere Zwischengeschwindigkeiten mit 25GBASE-SR und 50GBASE-SR beschäftigen das Gremium nach wie vor.

100G-Transceivern gehört die Zukunft

Die Standardisierungsprojekte haben das Ziel, die Übertragung über mindestens 100 m lange MMFs zu definieren. Mit MMF ist hier eine OM4-Faser mit einem Gradientenindex von 50/125 µm gemeint. Die über OM3 möglichen, kürzeren Längen werden ebenfalls spezifiziert, um prüfen zu können, ob sich die vorhandene OM3-Verkabelung nutzen lässt. Marktstudien bestätigen, dass Rechenzentren in Zukunft überwiegend auf 100G-Transceiver setzen werden. Das ist auch der Anlass für die fortlaufende Entwicklung neuer 100G-Ethernet-Versionen.

Parallelisierung wird weiterentwickelt

Im Bereich der Verkabelung ist der Markt derzeit stark in Bewegung. Die IEEE-802.3-Standardisierungsinitiativen und die vielen Entwicklungen auf dem Gebiet der MSA-Transceiver zeigen, dass in Rechenzentren mit einer Weiterentwicklung der Parallelisierung zu rechnen ist. Datenströme von 40G und größer, bis zu der maximalen Übertragungslänge von 100 m, sind über eine entsprechende Anzahl von OM4-Fasern gesetzt. Das bestätigt Harald Jungbäck, Produktmanager des Verbindungstechnikherstellers Rosenberger OSI.

Potential für PSM4 und 200/400GBASE-DR4 sieht er des Weiteren bei Datenströmen von 100G und größer und bei Kabellängen von 100 bis 500 m. „Beide Applikationen basieren ebenfalls auf der Parallelisierung der Datenströme mittels einer entsprechenden Anzahl an Fasern. Hier sind es jedoch Singlemodefasern“, erklärt Jungbäck. „Beide Parallelisierungswelten, OM4 und Singlemode, basieren auf Transceivern mit MTP/MPO-Stecker-
interfaces“, fügt er hinzu.

Gute Chancen auf dem Markt traut er auch einer universellen Faser zu, die sich derzeit in Entwicklung befindet. Sie könne – mit einschränkenden Kompromissen – Datenströme sowohl von Multimode- als auch von Singlemode-Transceivern übertragen. Schwerer einzuschätzen sei dagegen die Zukunft der OM5-Faser, die für den vierfarbigen Multimode-Wellenlängenmultiplex SWDM4 konzipiert worden ist. Ob diese Übertragungstechnologie Marktanteile erzielen wird, bleibt abzuwarten.

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  • Die Entwicklung bei Ethernet in Richtung Parallel Optics schreitet weiter voran. Das zeigt sich unter anderem in Verkabelungssystemen wie dem PreConnect Octo des Herstellers Rosenberger OSI. Es benötigt nur noch acht statt zwölf Fasern und eignet sich unter anderem für Ethernet 40/100GBASE-SR4 und GFC 4x16/4x32.

    Die Entwicklung bei Ethernet in Richtung Parallel Optics schreitet weiter voran. Das zeigt sich unter anderem in Verkabelungssystemen wie dem PreConnect Octo des Herstellers Rosenberger OSI. Es benötigt nur noch acht statt zwölf Fasern und eignet sich unter anderem für Ethernet 40/100GBASE-SR4 und GFC 4x16/4x32.

    Bild: Rosenberger OSI

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