Migration eines neuen Prozessleitsystems Tee zum Wohlfühlen

Der Erfolg der Martin Bauer Group auf dem globalen Markt für Tees und Teeprodukte basiert auf zwei Säulen: auf der präzisen und stets reproduzierbaren Umsetzung der jeweiligen Teemischungen sowie auf dem hohen Mengenumsatz. Für eine effiziente Produktion sind automatisierte Prozesse daher essentiell.

Bild: iStock, Sezeryadigar
06.10.2017

Für die Dosieranlage eines Teeproduzenten war der Service nicht mehr gewährleistet. Auch das Prozessleitsystem sollte erneuert werden. Mit diesen und weiteren Herausforderungen wurde eine langfristige Partnerschaft geschaffen, und der Tee wird nun vollautomatisiert gemischt.

Von Anis oder Apfel bis hin zu Zimt oder Zitronengras: In den verschiedensten Zusammensetzungen und Rezepturen verarbeitet die Martin Bauer Group mehrere hunderte unterschiedlicher Rohstoffe zu Kräuter- und Früchtetees, Arzneitees, aromatisierten Schwarz- und Grüntees, Rooibostees und vielen weiteren Sorten.

Das Familienunternehmen in der dritten Generation ist Teil der international tätigen Unternehmensgruppe „the nature network“ und gehört weltweit zu den größten Anbietern von Teeprodukten und deren pflanzlichen Ausgangsstoffen. Seine Produkte liefert das Unternehmen mit Stammsitz im mittelfränkischen Vestenbergsgreuth zu seinen Kunden weltweit, darunter große und namhafte Anbieter von Teegetränken, die diese dann portionieren, verpacken und in den Handel bringen.

Der Erfolg von Martin Bauer auf dem globalen Markt für Tees und Teeprodukte basiert dabei vor allem auf zwei Säulen: auf der präzisen und stets reproduzierbaren Umsetzung der jeweiligen Teemischungen sowie auf dem hohen Mengenumsatz. Ein zentraler Aspekt dieser stets aufs Neue zu optimierenden Produktionseffizienz ist der gesamte Bereich der Prozessautomatisierung. Dabei gilt es vor allem, die einzelnen Prozesse in der Mischung und Verarbeitung von Teeprodukten im Ablauf so aufeinander abzustimmen, dass die spezifischen Rezepturen bei gleichzeitiger höchster Qualitätsgewähr und Mischpräzision mit einem Maximum an Produktivität hergestellt werden können.

Neues Leitsystem im Blick

Auslöser für ein erstes gemeinsames Projekt mit ProLeit war, dass der zentrale Ansprechpartner des damaligen Automatisierungspartners nicht mehr ausreichend zur Verfügung stand. Die Betreuung des alten Prozessleitsystems aus Sicht des Unternehmens Martin Bauer war somit nicht mehr vollständig gewährleistet. Probleme mit der Steuerung beziehungsweise Anpassungen nahmen zu, während sich die Betreuung des bisherigen Leitsystems zusehends verschlechterte. Martin Bauer musste also sicherstellen, dass die Qualität seiner Automatisierung auch weiterhin auf gewohntem Level bleibt und zukünftig Anpassungen möglichst unabhängig und flexibler umgesetzt werden können.

Die Idee zum Anschaffen eines neuen Leitsystems wuchs. Konrad Ohlmann, Produktionsleiter bei Martin Bauer, erinnert sich: „Wir haben ProLeit eher zufällig auf einer Messe kennengelernt. Doch bereits auf dem Messestand hatten wir ein sehr gutes Gefühl, dass diese Firma mit ihrem Leitsystem und ihren engagierten und erfahrenen Mitarbeitern unsere Wünsche erfüllen kann.“ Da sich Martin Bauer zeitgleich mit einer SAP-Umstellung und einer Neustrukturierung des Energiemanagements befasste, war sie auch hier konzeptionell durchaus für Änderungen offen.

Dazu gehörte außerdem, dass das Unternehmen die Möglichkeit in Betracht zog, die Programmierung der Anlage nicht mehr wie zuvor unbedingt an den Anlagenbauer, sondern möglicherweise separat zu vergeben. Verena Mersmann, Vertriebsingenieurin bei ProLeit für den Bereich Pharma, Food & Chemie, bemerkt: „Auffällig war dabei, dass wir bereits in der Anbahnungsphase das Gefühl hatten, eine gemeinsame Sprache zu sprechen.“ Die für eine langfristige Partnerschaft so wichtige Vertrauensbasis hatte sich mit den Mitarbeitern von Martin Bauer schnell eingestellt. „Ich denke, dass dieses starke ‚geschenkte‘ Vertrauen bis jetzt ein zentraler Pfeiler unserer Zusammenarbeit ist.“

Umprogrammierung der Dosieranlage

Akut war insbesondere die Betreuungsproblematik der Software für die Dosieranlage – unabhängig von der Tatsache, dass das bestehende Leitsystem bis dato durchaus erfolgreich arbeitete. Die Anlage ist so konzipiert, dass die erforderlichen Komponenten aus mehreren Big-Bag-Stationen dosiert werden können. Deren Inhalte werden dann in mehreren Mischern chargenweise vermischt und schließlich im „fertigen“ Zustand wiederum in Big Bags oder Säcke gefüllt. Die Verknüpfung des Rohmaterials zur abgepackten Mischung wird durch die Software mittels Einscannen eines Barcodes ermöglicht, der für jeden einzelnen Big Bag neu vergeben wird und diesen eindeutig identifizierbar macht.

Die Aufgabe für ProLeit bestand in erster Linie darin – so der Wunsch des Kunden –, die Funktionalitäten des alten Leitsystems auf das neue Plant-iT-Leitsystem des Unternehmens zu übertragen. Markus Wißmüller, Projektleiter DOS-Anlage bei ProLeit erläutert: „Maßstab für den Erfolg der Umprogrammierung der Anlage war dabei die Eins-zu-Eins-Umsetzung aller Anlagenfunktionen sowie des grundsätzlichen Produktionsverfahrens in Plant iT.“ Das musste exakt so zusammengesetzt sein wie die Vorgängerversion. „Für uns auch programmiertechnisch eine echte Herausforderung, umso mehr, da das vorhandene System eben sehr gut auf die Zwecke der Dosieranlagen abgestimmt war.“

Im Zuge der erfolgreichen Übertragung der Funktionalitäten für die Mischanlage stellte sich einmal mehr die große Anpassungsfähigkeit von Plant iT unter Beweis. Dabei geben die Ingenieure von ProLeit durchaus zu, den Aufwand anfänglich leicht unterschätzt zu haben. „Wir sind davon ausgegangen, dass wir mit unserer Standard-Lösung mehr Funktionalitäten der Anlage abdecken können“, erklärt ProLeit-Abteilungsleiter Pharma, Food & Chemie II Thomas Wolf.

„Es sind aber nicht unbedingt die Standardverfahren, die für die Auslegung des Leitsystems hier entscheidend waren, sondern vor allem die ‚Exoten‘, die Umfang und die Differenziertheit der Aufgabe bestimmten. So haben wir auch nach Einbeziehung der sehr selten hergestellten Teerezepturen noch Anpassungen vornehmen müssen. Hinzu kam, dass die Bediener der Anlage auf bestimmte manuelle Eingriffsparameter nicht zugunsten einer reinen Automatisierung verzichten wollten“, sagt Wolf weiter.

Projekte für eine langfristige Partnerschaft

Der Startschuss für das Projekt „Dosieranlage“ war im Mai 2016 gefallen, die vollständige Implementierung und Umstellung auf das neue System konnte dann bereits im folgenden September abgeschlossen werden. Nach dem gleichen Prinzip wie bei der Dosieranlage sollen aktuell entsprechende Software-Anpassungen für eine zusätzliche Bestandsanlage, speziell für Pfefferminz-Mischungen, umgesetzt werden, um auch hier eine konsequente Servicebetreuung zu gewährleisten.

„In diesem Fall sind die Herausforderungen überschaubarer, weil hier die Vielfalt der Komponenten geringer ist, als bei der Dosieranlage“, sagt Wißmüller. ProLeit erhielt in diesem Zusammenhang auch den Auftrag, notwendige Modernisierungen der Schnittstellen-Hardware zur bestehenden Peripherie vorzunehmen. In diesem Kontext bot sich die Zusammenarbeit mit einem bei Martin Bauer bereits bewährten Partner an, der für alle notwendigen Aufgaben im Bereich Schaltschrankbau, Verkabelung oder auch der Lieferung der zugehörigen Komponenten zuständig ist.

Energiemanagementsystem optimieren

Parallel dazu strebt Martin Bauer an, das Energiemanagementsystem im Rahmen der ISO-50001-Zertifizierung zu optimieren. Mit dem Ziel, alle wesentlichen Energieverbrauchsdaten vollständig zu erfassen und auszuwerten, sollen hier mit Unterstützung von ProLeit und dessen Energiemanagementsystem Plant Acquis iT EnMS sämtliche vorhandene Zähler an das neue Leitsystem angeschlossen und die Einrichtung weiterer möglicher Zählerstationen zum Erfassen von Daten geprüft werden.

Darüber hinaus ist ProLeit von Plantextrakt, einer weiteren Business Unit bei Martin Bauer, damit beauftragt worden, die übergreifende Erfassung der Betriebsdaten für die Chargenbelegung der einzelnen Anlagenteile vorzunehmen; diese mussten bis dato über mehrere Systeme herangezogen werden. Ziel dabei ist in erster Linie, jede einzelne Charge zurückverfolgen zu können, hauptsächlich um möglichen Fehlerquellen schnellstmöglich auf die Spur zu kommen.

Bildergalerie

  • Die Tee-Komponenten werden aus mehreren Big-Bag-Stationen dosiert.

    Die Tee-Komponenten werden aus mehreren Big-Bag-Stationen dosiert.

    Bild: Martin Bauer

  • Die Big-Bag-Dosierstationen für Rohmaterialien übersichtlich im Prozessbild dargestellt.

    Die Big-Bag-Dosierstationen für Rohmaterialien übersichtlich im Prozessbild dargestellt.

    Bild: Martin Bauer

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