Prozessautomation & Messtechnik Systembus in der Hitze

Bild: Olga Milkina
13.08.2014

Beim Schmelzen von Metallen im Hochtemperaturofen kann unter anderem unerwünschtes Martensit entstehen. Ein gutes Automatisierungssystem ist für die Temperaturregelung deshalb von Vorteil. Ein Entwickler von Industrieöfen setzt auf ein System mit einem Ethernet-basierten Systembus und einer integrierten SPS.

Für spezielle Gefügeeigenschaften von Metallen ist es erforderlich, die Erstarrungsgeschwindigkeit exakt zu steuern. Hierzu werden die Metalle oder Metallgemische aufgeschmolzen und danach kontrolliert zur Erstarrung gebracht. Kühlt man zum Beispiel die Schmelze einer Legierung so langsam ab, dass sich das System praktisch immer im Gleichgewicht befindet, so scheiden sich im Laufe der Abkühlung Kristallite unterschiedlicher Zusammensetzung ab. Auf der anderen Seite können sich insbesondere bei höher legierten Stählen bei zu schneller Abkühlung eventuell unerwünschtes Martensit oder Zwischenstufengefüge ausbilden.

Die ENA Elektrotechnologien und Anlagenbau entwickelt und baut seit 19 Jahren in Sachsen-Anhalt kundenspezifische Industrieöfen basierend auf der Nutzung von Elektroenergie. Der Temperaturbereich der Öfen und Anlagen reicht von Niedertemperaturanwendungen ab 100 °C bis 1.850 °C und höher. Selbst extreme Hochtemperaturanwendungen bei thermischen Plasmen von 5.000 bis 10.000 K sind möglich. In diesen Öfen kommt eine Temperaturregelung für das Aufschmelzen und eine Ablaufsteuerung für die Bewegung der Metalle aus der Schmelzzone zum Einsatz. Beide Prozesse lassen sich mit dem Automatisierungssystem mTron T des Fuldaer Mess- und Regeltechnikspezialisten Jumo realisieren.

Das System ist modular aufgebaut und nutzt einen Ethernet-basierten Systembus und eine integrierte SPS. Das Herzstück von Jumo mTron T ist die Zentraleinheit mit einem Prozessabbild für bis zu 30 Ein-/ Ausgangsmodulen. Die CPU besitzt übergeordnete Kommunikationsschnittstellen inklusive Webserver. Für individuelle Steuerungsapplikationen verfügt das System über eine SPS (CoDeSys V3), Programmgeber- und Grenzwertüberwachungsfunktionen sowie Mathematik- und Logikmodule. Als Ein-/Ausgangsmodule stehen Mehrkanal-Reglermodule, Analog-Eingangsmodule mit vier und acht Kanälen, Relaismodule in 4-Kanal-Ausführung sowie das frei konfigurierbare Digital-Ein-/ Ausgangsmodul mit 12-Kanälen zur Verfügung. Das 4-Kanal-Analog-Eingangsmodul verfügt über galvanisch getrennte universelle Analogeingänge für Thermoelemente, Widerstandsthermometer sowie Einheitssignale. Somit können mit der gleichen Hardware verschiedene Prozessgrößen präzise erfasst und digitalisiert werden.

Die Hard- und Softwarekonfiguration sowie die Projektierung der Messwerterfassungs- und Regelungsaufgaben erfolgt mittels Setup-Programm. Bei der ENA wurde so die Temperaturregelung in den Öfen eingestellt. Für die Ablaufsteuerung wurde mit der integrierten Software-SPS CoDeSys eine Lösung programmiert. Das farbige Multifunktionspanel ermöglicht neben der Visualisierung sämtlicher Prozesse die komfortable Bedienung der Regler und Programmgeber. Weiterhin ist ein benutzerabhängiger Zugriff auf Parameter- und Konfigurationsdaten des Gesamtsystems möglich. Als Besonderheit ist die Registrierfunktionen eines vollwertigen Bildschirmschreibers inklusive Webserver implementiert. Durch serienmäßig vordefinierte Bildschirmmasken reduzieren sich Inbetriebnahmezeiten erheblich. Alle erfassten Daten werden schließlich mit Hilfe der Software PCA 3000 analysiert und archiviert.

Spezielle Überwachungsroutine

Die Heizung des Hochtemperaturofens wird elektrisch durch einen IPC-Steller angesteuert – ebenfalls aus dem Hause Jumo. Die Änderung des elektrischen Widerstands der Heizung bei Temperaturänderungen und durch die Alterung der SiC-Heizstäbe wird automatisch durch diesen Steller kompensiert. Für die Unterscheidung einer betriebsbedingten Widerstandsänderung von einer Störung – zum Beispiel durch Bruch eines Heizstabs – wurde eine spezielle Überwachungsroutine programmiert. Der elektrische Widerstand wird ständig von dem IPC-Steller errechnet, an das mTron-T-System übergeben und mit dem gespeicherten Sollwert verglichen. Die temperaturabhängigen Sollwerte für die Heizstäbe sind im geschützten Anwenderbereich hinterlegt. Bei einem Heizstabdefekt wird automatisch die Heizleistung reduziert, um die restlichen Heizstäbe nicht zu überlasten. Dem Anwender wird in einer Übersicht der temperaturabhängige elektrische Widerstand der Heizung dargestellt.

Da sich der Erstarrungsvorgang über einen langen Zeitraum erstreckt und weitgehend ohne Bedienpersonal gefahren wird, ist die Steuerung des Hochtemperaturofens an das Firmennetzwerk angeschlossen. So können mit Hilfe des integrierten Webservers des mTron-T-Systems alle Prozessbilder zur Fernüberwachung eingesehen werden.

Bildergalerie

  • Das Automatisierungssystem mTron T von Jumo nutzt einen Ethernet-basierten Systembus sowie eine integrierte SPS.

    Das Automatisierungssystem mTron T von Jumo nutzt einen Ethernet-basierten Systembus sowie eine integrierte SPS.

    Bild: Jumo

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