2 Bewertungen

Fachbeitrag Störungsfrei im Smart Grid unterwegs

Das intelligente Stromnetz unterstützt das Zusammenspiel von Energieangebot und -nachfrage.

Bild: chombosan/iStockphoto, Invensity
09.03.2016

Strom- und Kommunikationsnetz wachsen zusammen. Damit das Smart Grid künftig reibungslos funktioniert, muss der Informationsaustausch zwischen Energieerzeuger und -verbraucher verstärkt analysiert werden. Für die Simulation wird ein gemeinsames Softwaretool eingesetzt.

Um den Verbrauch von primären Energieträgern zu reduzieren, werden die heutigen Stromnetze mit Informations- und Kommunikationstechnologie ausgestattet. Indem die einzelnen Netzkomponenten in Echtzeit miteinander kommunizieren, sollen unnötige Überkapazitäten reduziert werden. Auf den übermittelten Daten basieren im intelligenten Netz, dem sogenannten Smart Grid, die Steuerung und Regelung von Energieerzeugung, -verteilung und -verbrauch. Die informationsbasierte Steuerung beeinflusst die Netzstabilität, insbesondere, wenn sie mit zunehmendem Grad automatisiert erfolgt. Daher sind Simulationen notwendig, in denen die Dynamik von Smart Grids vollumfänglich analysiert werden kann.

Bei der Auslegung neuer Stromnetze sowie der Änderung bestehender Netze wird die Ausfallsicherheit mit Hilfe von Simulationen verifiziert. So soll eine mögliche Instabilität des Netzes ausgeschlossen und die Leistungsqualität gesteigert werden, indem zum Beispiel Stationen für die Blindleistungskompensation dimensioniert werden. Im ersten Schritt der Simulation werden die im zu untersuchenden Stromnetz vorhandenen Erzeuger, Verteiler und Verbraucher physikalisch und mathematisch modelliert. Anschließend wird der Lastfluss im Modell mit Hilfe entsprechender Software berechnet. Dadurch kann das Auftreten von Versorgungsausfällen erkannt und mögliche Gegenmaßnahmen, wie zum Beispiel der automatische Lastabwurf für Teilnetze, getestet werden. Zusätzlich ermöglicht die Analyse, die Netze aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu optimieren.

Im künftigen Smart Grid dürfen Zuverlässigkeitssimulationen jedoch nicht mehr nur auf das elektrische Netz abzielen. Schließlich stellt die bidirektionale Kommunikation zwischen den einzelnen Netzkomponenten zusätzliche Anforderungen an die Funktion des Stromnetzes. Diese Anforderungen betreffen zum Beispiel die Verzögerung, mit der Verbraucher über Zu- oder Abschaltungen von Kapazitäten informiert werden können. Die damit verbundenen Zeitspannen müssen verifiziert werden, um den Energie- und den Informationsfluss aufeinander abzustimmen. Das Gleiche gilt für Anforderungen an Datenverluste oder an die Datenrate, welche über die Aktualität der Informationen entscheidet. Daher sind Simulationsmodelle, die sowohl das Stromnetz als auch das Kommunikationsnetzwerk abbilden, Voraussetzung für fundierte Smart-Grid-Analysen.

Bekannte Beispiele für Softwareprodukte, die zur Simulation von Stromnetzen genutzt werden, sind: Etap, Digsilent Power Factory, Neplan oder Siemens PSS. Die Modellierungsfähigkeiten dieser Programme schließen alle Netzebenen von den Erzeuger- bis zu den Verbraucherkomponenten mit ein. Es besteht dabei sowohl die Möglichkeit, eigene Komponenten zu modellieren als auch Komponenten aus Bibliotheken mit parametrisierten Modellen zu wählen. Die Analysen reichen von einfachen Kurzschlussanalysen bis hin zu Untersuchungen von komplexen Einschwingvorgängen in Folge der Änderung von Netzzuständen. Keiner der genannten Simulatoren ermöglicht es dem Anwender jedoch, die Informationsermittlung und den Informationsfluss zu modellieren, auf dem in Zukunft die Kontrolle über das Stromnetz basieren soll. Mit den aktuell verfügbaren Softwarewerkzeugen lässt sich die Dynamik von Smart Grids somit nur eingeschränkt simulieren.

Um diese Einschränkung der Dynamik aufzuheben, muss ein Smart-Grid-Simulator über die Veränderung des elektrischen und physikalischen Zustands des Netzes hinaus für jede Netzkomponente die dynamischen Kommunikationsdaten in ihrem jeweiligen Zustand bestimmen. Er definiert also für jeden Zeitpunkt, welche Daten der Stromerzeugung, Verteilung und des Verbrauchs die Komponenten mit anderen Teilnehmern im Netz teilen können. Typische Smart-Grid-Anwendungen wie preisinduzierte Lastverschiebungen können somit hinsichtlich der verwendeten Kommunikationsprotokolle und Datenraten oder auch der auftretenden Datenverluste untersucht werden. Darauf basierend kann eine Smart-Grid-Steuerung entwickelt werden, die bei einer möglichst geringen Peak-Average-Ratio (Verhältnis von Spitzenlast zur mittleren Last) die Netzstabilität sicherstellt.

Bisherige Forschungsansätze zur Simulation von Smart Grids konzentrieren sich auf die Entwicklung von Ko-Simulatoren. Bei einer Ko-Simulation werden zwei existierende Tools, das heißt, ein spezialisierter Stromnetzsimulator und ein spezialisierter Netzwerksimulator, kombiniert. Die notwendige Synchronisation der Simulationsumgebungen führt jedoch zu erheblichen Leistungseinbußen. Vermeiden lässt sich dies nur, indem das Strom- und Kommunikationsnetz in einer gemeinsamen Umgebung integriert wird. Die Entwicklung eines integrierten Softwaretools, das den Energie- und den Informationsfluss im Stromnetz simuliert, ist somit ein wichtiger Schritt hin zu einer leistungsstarken Smart-Grid-Simulation.

Bildergalerie

  • Bewertung verschiedener Softwaretools zur Simulation von Stromnetzen

    Bewertung verschiedener Softwaretools zur Simulation von Stromnetzen

    Bild: Invensity

  • Ansätze zur Smart-Grid-Simulation: Bei der Ko-Simulation (l.) werden Softwaretools für das Strom- und Kommunikationsnetz kombiniert. Bei einer integrierten Simulationsumgebung (r.) werden beide mit einem Tool simuliert.

    Ansätze zur Smart-Grid-Simulation: Bei der Ko-Simulation (l.) werden Softwaretools für das Strom- und Kommunikationsnetz kombiniert. Bei einer integrierten Simulationsumgebung (r.) werden beide mit einem Tool simuliert.

    Bild: Invensity

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel