Fachbeitrag B10, übernehmen Sie!

09.09.2014

Ein Haus, das sich an Bewohner anpasst und die selbst erzeugte Energie bedarfsgerecht auf Gebäude, Elektrofahrzeuge oder ein benachbartes Museum verteilt? Was nach Zukunftsmusik klingt, steht seit Juli in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung.

Das Aktivhaus B10 ist der Prototyp für das Haus der Zukunft. Es ist in das lokale Smart Grid eingebunden und hilft beim Lastmanagement innerhalb des Quartiers aktiv mit. Möglich macht dies das Energiemanagementsystem von Alpha­EOS, das für angenehmes Raumklima und die Stromverteilung zu sämtlichen Verbrauchern sorgt, das Lademanagement für mehrere Elektro­fahrzeuge organisiert und den Eigenverbrauch maximiert.

Das Aktivhaus, das Architekt Werner Sobek erdacht und mithilfe von Partnern wie SchwörerHaus, Daimler oder Alpha­EOS umgesetzt hat, versorgt sich selbst mit nachhaltig erzeugter Energie: Die Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt kombiniert Strom und Warmwasser, dazu besitzt das Gebäude einen Eisspeicher im Garten, eine extrem effiziente Wärme- und Kältepumpe für die Raumtemperierung und einige andere Elemente. 8300 kWh elektrische Energie erzeugt das Gebäude pro Jahr, während der kalkulierte Strombedarf für alle Verbraucher in dem 86 qm kleinen Gebäude bei zirka 4000 kWh liegt, also weniger als die Hälfte.

Eine enge Vernetzung von Elektromobilität und Haussteuerung soll den Alltag in Zukunft komfortabler machen. Wenn ein Bewohner überstürzt aufbrechen muss, sorgt das System automatisch dafür, dass alle Türen und Fenster geschlossen sind, der Herd ausgeschaltet ist und während der Abwesenheit möglichst wenig Energie verbraucht wird. Umgekehrt, wenn der Bewohner mit dem zum Haus gehörenden Elektroauto in den Bruckmannweg einbiegt, öffnet sich das Tor und Lichtstimmung sowie Raumtemperatur werden wie gewünscht vorbereitet. Dabei orientiert sich das Smart-Home-System am Verhalten seiner Bewohner und passt sich ständig an.

Anbindung an ein virtuelles Kraftwerk

Durch die Anbindung an das virtuelle Kraftwerk des Projekt­partners Next Kraftwerke „weiß“ das System, wann es günstig ist, Strom einzuspeisen oder zu beziehen. Mit diesen Informationen lässt sich beispielsweise der erzeugte Strom­überschuss marktkonform – durch Orientierung an den Handelspreisen der Strombörse – einspeisen. Es ist aber auch möglich, durch eine gemeinsame Bilanzierung mit Nachbargebäuden einen lokalen Ausgleich im Quartier herzustellen.

Das Energiemanagement macht das Haus zu einem aktiven Element im Smart Grid. So können mit gezielt eingespeisten Stromüberschüssen die Lastspitzen schwächerer Gebäude in der Nachbarschaft ausgeglichen werden. Das B10 versorgt beispielsweise das denkmalgeschützte Weißenhofmuseum des Architekten Le Corbusier bilanziell mit Strom. Die Einspeisung vom B10-Aktivhaus wird mit dem Bedarf von einem oder mehreren Nachbargebäuden synchronisiert. Dadurch findet ein lokaler Ausgleich statt, lokale Lastspitzen werden geglättet.

Innovatives Bedienkonzept

Über die speziell für das Projekt entwickelte Smartphone-­App werden alle technischen Komponenten des Gebäudes, inklusive der Elektromobilität, in das Smart-Home-System eingebunden und angesteuert. Die Bewohner des Aktivhauses können alle Funktionen von überall mit dem Smartphone bedienen. Das Interface der App entwickelte Werner Sobek Design. Die App verfügt neben einer klassischen auch über eine dynamische und kontextabhängige Bedienoberfläche. Diese passt sich dynamisch an die Tages- und Jahreszeit sowie die Gewohnheiten der Nutzer an: Wenn es draußen dunkel wird, rücken die Bedienelemente zur Lichtsteuerung in den Vordergrund oder die Optionen zum Lademanagement immer dann, wenn die Elektrofahrzeuge geladen werden müssen.

Vernetzung über den EEBus-Standard

AlphaEOS wird als aktives Mitglied der EEBus-Allianz im Rahmen des Vorhabens möglichst viele vormals proprietäre Kommunikationsschnittstellen auf den EEBus-Standard übertragen, um somit zukünftig mehr Haustechniksysteme „Plug and Play“ integrieren zu können.

Das Forschungsprojekt „Aktivhaus B10“ ist Teil des Forschungsverbundes Schaufenster Elektromobilität. AlphaEOS ist Forschungspartner und Konsortialführer des Projekts. Im ersten Betriebsjahr wird im Aktivhaus eine Büronutzung erprobt. Dazu hat das Unternehmen ein Labor für das Wohnen der Zukunft (Future Living Lab) mit vier Arbeits- und Forschungsplätzen eingerichtet, um die sich Studierende und Nachwuchsforscher bewerben können. Nach einem Jahr wird das Gebäude dann für eine Wohnnutzung hergerichtet.

Weitere Informationen

[1] Forschungsprojekt B10: www.alphaeos.com/aktivhaus-b10.html

[2] Arbeits- und Forschungsstipendien http://futurelivinglab-b10.de

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