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Datenblätter richtig anwenden So finden Sie den besten Widerstand für Ihre Anwendung

Erfahren Sie anhand einer konkreten Beispielrechnung, wie Sie durch Datenblätter zum für Sie passenden Widerstand gelangen können.

Bild: iStock, mphillips007
04.03.2020

Für Präzisions- und Leistungswiderstände existieren detaillierte Datenblätter mit Werten und Kennlinien ähnlich einer Spezifikation. Erst mithilfe solcher Datenblätter sind Anwender in der Lage, den für ihre Anforderung exakt passenden Widerstand auszuwählen. Die technischen Parameter sind eindeutig und umfassend, sodass konkrete Berechnungen durchgeführt werden können.

Entwickler stehen häufig vor der Aufgabe, für eine technische Anwendung ein geeignetes Bauteil auszuwählen. Der Blick in die Datenblätter kann für den Entwickler eine wertvolle Hilfestellung sein – wenn man sie richtig nutzt.

Tatsächlich führt ein reiner Komponentenvergleich nicht immer zum am besten geeigneten Bauteil. Mit ein paar wichtigen Hintergrundinformationen und grundlegenden Berechnungen lässt sich das passende Bauteil ermitteln – und oft auch noch Geld sparen. Dazu müssen Entwickler die dedizierten Parameter kennen und anwenden können.

Anhand einer Beispielrechnung für die Auswahl eines Widerstands im Automotive-Bereich zeigt Isabellenhütte, ein Spezialist für niederohmige Präzisions- und Leistungswiderstände, worauf es bei der Verwendung von Datenblättern ankommt.

Beschreibung des Beispiels

Wenn die Einsatzbedingungen und Anforderungen wie Einsatztemperatur, Baugröße und der zu messende Strom innerhalb einer Applikation vorliegen, lässt sich die Bauteilsuche leicht eingrenzen. Im folgenden Beispiel werden die Anforderungen an den gesuchten Widerstand (Shunt) mit der Genauigkeit des Messsignals für den Strom bestimmt.

Es soll ein Strom von 60 A mit größtmöglicher Genauigkeit gemessen werden. Aus Platzgründen sollte das Bauteil nicht größer als die Bauform 2512 sein. Die Erwärmung im Bereich des aufgelöteten Bauteils soll möglichst gering gehalten werden.

Des Weiteren soll das Bauteil bis zu einer Temperatur an der Lötstelle von 105 °C eingesetzt werden. Für die Anwendung sollte die Langzeitstabilität bei < 1 Prozent über den Lebenszyklus gesehen liegen.

Die Genauigkeit der Messung hat auch mit der zur Verfügung stehenden Auflösung der Messschaltung zu tun. Es sollte also ein möglichst hohes Spannungssignal zur Verfügung gestellt werden. Der Spannungsabfall, der am Widerstand gemessen wird, ist linear zum Stromfluss im Widerstand und berechnet sich nach dem Ohmschen Gesetz wie folgt:

U (Volt) = R (Ohm) x I (Ampere)

Bei der Berechnung ist zu beachten, dass die maximale Leistung des Bauteils nicht überschritten wird. Das Ziel der Berechnungen ist also, ein entsprechend hohes Messsignal zu bekommen, aber auch die Verlustleistung P = I2 x R in den geforderten Grenzen zu halten.

Jeder Entwickler wird versuchen, die Verlustleistung durch niedrigere Widerstandswerte zu begrenzen. Aber da gleichzeitig auch die Messspannung niedriger wird, ist der Widerstandswert oft durch die endliche Auflösung und Güte der Auswerteelektronik begrenzt.

Verlustleistung gering halten

Die Verlustleistung und damit verbunden die Erwärmung des Bauteils sind ein entscheidendes Kriterium für die Anwendung. Bei einem hohen Wert für den zu messenden Strom von 60 A geht der Nutzer erfahrungsgemäß von einem niederohmigen Widerstand aus und prüft, ob die geforderten Rahmenbedingungen (hohes Messsignal, geringe Verlustleistung) eingehalten werden können.

Gewählt wird ein niedriger Widerstandswert von 0,5 mΩ mit I = 60 A und R = 0,5 mΩ. Die daraus resultierende Verlustleistung des Bauteils errechnet sich wie folgt:

P = I2 x R = 60 A x 0,5 mΩ = 1,8 W

Es gilt nun, einen SMD-Widerstand von R = 0,5 mΩ zu finden, der eine Leistung von 1,8 W verarbeiten kann. Dazu lohnt sich zum Beispiel ein Blick auf die Produktübersicht auf der Website von Isabellenhütte.

Bei der Bauteilfamilie BVT erfüllen sich einige der gesuchten Anforderungen: Bauform 2512, ein Widerstandswert von 0,5 mΩ liegt im Bereich, und das Bauteil hat eine Leistung von P(70 °C) von 6 W. Der P(70°C)-Parameter ist im industriellen Bereich eine definierte Standardbetrachtung für die festgelegte Kontaktstellentemperatur in der Anwendung.

Auflösung des Messsignals verbessern

Es darf dabei jedoch die Auflösung des Messsignals nicht vernachlässigt werden. Denn: Ein sehr kleiner Widerstandswert führt automatisch auch zu einem kleineren Messsignal. Die Signalstärke ergibt hier einen recht geringen Wert:

U = R x I = 0,5 mΩ x 60 A = 30 mV

Ein höheres Signal würde die Auflösung des Messsignals wie gefordert deutlich verbessern. Es bietet sich daher an, den Einsatz des nächstgrößeren Widerstandswertes 1 mΩ zu überprüfen. Dazu wird das Bauteil BVT-M-R001 aus der Übersicht im Datenblatt ausgewählt, hier finden sich die zur Verfügung stehenden Widerstandswerte sowie die dazugehörigen technischen Daten. Die elektrische Überprüfung der Anforderungen ergibt:

Messsignal: U = R x I = 0,001 Ω x 60 A = 60 mV

Verlustleistung: P = I2 x R = 60 A x 0,001 Ω = 3,6 W

Für das Bauteil wird im Datenblatt eine Leistung von P(70°C) = 5 W angegeben. Somit kann der BVT-M-R001-1.0 in der Abwägung „möglichst geringe Verlustleistung“ gegen „möglichst hohes Messsignal“ optimal eingesetzt werden.

Einfluss der Wärmeentwicklung im Bauteil

Für manche Applikationen – zum Beispiel im Automotive-Bereich – ist die Betrachtung bei P(70°C) nicht ausreichend, weil hier deutlich höhere Einsatztemperaturen erreicht werden. Im Beispiel gefordert sind 105 °C.

Die Datenblätter von Isabellenhütte beziehen sich immer auf die Kontaktstellentemperatur im Einsatzfall. Das Unternehmen nennt im Datenblatt den Parameter „Internal Heat Resistance“ (Rthi), der die Wärmeleitfähigkeit der Bauteilkonstruktion beschreibt. Mithilfe dieses Parameters lässt sich die Temperaturerhöhung im Bauteil berechnen.

Durch den Stromfluss durch das Widerstandsmaterial entsteht eine Verlustleistung im Inneren des Widerstandsmaterials, die sich in der Erwärmung des Bauteils bemerkbar macht. Der Punkt, der am weitesten von den Kupferanschlüssen entfernt liegt – der Hotspot –, wird hier am meisten erwärmt. Für das im Rechenbeispiel gewählte Bauteil wird im Datenblatt ein Rthi von 14 K/W angegeben.

Der innere Wärmewiderstand wird durch den inneren Aufbau, das Material, die Konstruktion sowie den eigentlichen Widerstandswert Rshunt bestimmt. Dieser Wert ist ein Parameter für den inneren Wärmefluss im Bauteil und hat nichts mit den äußeren Einflüssen auf das Bauteil wie Umgebungstemperatur oder Kontaktierung zum PC-Board zu tun. Es gilt: Rthi ist linear zu Rshunt.

Im Beispiel errechnet war eine Verlustleistung von 3,6 W. Das heißt, dass das Bauteil im Hotspot eine um ΔT = P x Rthi -> 3,6 W x 14 K/W = 50,4 K höhere Temperatur als die Kontaktstelle hat.

Power-Derating-Kurve (Lastminderungskurve)

Um herauszufinden, ob der BVT-M-R001 mit einer Temperaturerhöhung um 50,4 K im Hotspot auch bei einer geforderten Kontaktstellentemperatur von 105 °C noch geeignet ist, kann die Power-Derating-Kurve im Datenblatt zu Rate gezogen werden. Sie zeigt an, bei welcher Temperatur die Leistung reduziert werden muss, um die maximale Temperatur im Hotspot nicht zu überschreiten.

Zu beachten ist hierbei auch die gewünschte Langzeitstabilität von < 1 Prozent. Da diese sehr stark von der Einsatztemperatur in der Anwendung abhängt, werden an dieser Stelle zwei Werte für die Langzeitstabilität angegeben.

Bei einer maximalen Temperatur von 140 °C im Widerstandsmaterial wird eine Stabilität von < 0,5 Prozent erreicht. Bei einer maximalen Temperatur von 170 °C im Widerstandsmaterial wird eine Stabilität von < 1 Prozent erreicht. Laut den Parametern im Datenblatt darf das Bauteil die maximale Temperatur von 170 °C nicht überschreiten. Damit wird die Forderung einer Langzeitstabilität von < 1 Prozent gewährleistet.

Die Kontaktstellentemperatur T2 (Terminal) wäre dann T1 (Hotspot) – ΔT -> T2 = 170 °C – 50,4 °C = 119,6 °C. Somit kann das ausgewählte Bauteil mit 3,6 W noch bei der geforderten Temperatur von 105 °C problemlos eingesetzt werden.

Parameter gegeneinander abwägen

Das Datenblatt bildet die Grundlage für die Auswahl des richtigen Widerstands. Darüber hinaus gilt es, die durch die Anwendung gegebenen Anforderungen, die technischen Parameter und finanzielle Aspekte gegeneinander abzuwägen. Der besten Lösung liegt ein Wechselspiel zwischen diesen Faktoren zugrunde.

Der Kunde muss letztlich entscheiden, welche Bedingungen ihm am wichtigsten sind. Daraus ergibt sich dann das geeignete Bauteil.

Isabellenhütte hat zu diesem Thema auch ein detailliertes, kostenloses Whitepaper verfasst.

Bildergalerie

  • Wärmeentwicklung im Bauteil: Temperaturunterschied zwischen Hot Spot und Kontaktstelle.

    Wärmeentwicklung im Bauteil: Temperaturunterschied zwischen Hot Spot und Kontaktstelle.

    Bild: Isabellenhütte

  • Power-Derating-Kurve für das Bauteil BVT-M-R001

    Power-Derating-Kurve für das Bauteil BVT-M-R001

    Bild: Isabellenhütte

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