Intelligente Städte Das Smart Home wird zur Smart City

Klick in die Zukunft: Das Haus wird mit der Umgebung vernetzt.

Bild: iStockphoto/Terada Santivivut, Mikkelwilliam
09.03.2016

In Autos sind sie uns längst vertraut – elektronische Helfer, die die Fahrt sicherer und bequemer machen. Ein Smart-Home-System muss für den Nutzer ähnlich selbstverständlich werden. Erst dann wird der Weg frei für eine noch umfassendere intelligente Infrastruktur: die Smart City.

Aktuell befindet sich das Smart Home in einer Übergangsphase, der Nutzen für den Anwender löst zunehmend die reine Technik ab. Am Anfang standen vor allem die technischen Möglichkeiten von Licht-, Heizungs- oder Jalousiesteuerung via Smartphone im Vordergrund. Jetzt verändern sich die Produkte hin zu möglichst einfacher Installation und intuitiver Bedienung. Damit stellt sich der Smart-Home-Markt seiner derzeit größten Herausforderung: der fehlenden Nutzerakzeptanz. Um diese Hürde zu überwinden, wird das Smart Home eine ähnliche Entwicklung durchlaufen wie unsere Autos. Noch vor 20 Jahren waren hier die meisten Steuerungen mechanisch. Heute ist es für uns selbstverständlich, technische Helfer im Auto zu haben. Ein Smart-Home-System muss für den Nutzer ähnlich selbstverständlich werden und ihn in seinem Alltag unauffällig und unaufdringlich unterstützen. Damit ist auch der Weg frei für eine noch umfassendere intelligente Infrastruktur, die Smart City.

Die notwendigen Voraussetzungen für das selbstverständliche Smart Home sind vielfältig. Zunächst sollten sich die Anbieter aus ihrem Inseldenken lösen und Schnittstellen gegenüber anderen Systemen öffnen. Je mehr die verschiedenen Technologien über offene Schnittstellen miteinander verschmelzen, umso mehr lässt sich beispielsweise die Consumerwelt mit dem professionellen Bereich der Gebäudeautomation vernetzen.

Das Zuhause als intelligenter Helfer

Zwar unterscheiden sich die Produkte und Services deutlich in Funktionalität, Design und Komplexität. Die Interkonnektivität zwischen den Systemen schafft jedoch die Brücke zwischen beispielsweise einfach zu bedienenden Starter-Paketen für die Selbstinstallation und den umfassenden Funktionen einer professionellen Installation durch den Installateur. Damit lassen sich einfache Basissysteme jederzeit zu umfassend vernetzten Gewerken erweitern. Batterielose Sensoren und Schalter, die per Funk kommunizieren, spielen dabei eine besondere Rolle (siehe Kasten). Denn künftig wird jedes Haus ungefähr 45 vernetzte Geräte haben, um die notwendigen Informationen für das intelligente System zu liefern. Kabel zu jedem einzelnen Sensor würden das Haus durchlöchern wie einen Schweizer Käse. Auch ein ständiger Batteriewechsel oder Ausfälle durch schwache Batterien sind für den Nutzer inakzeptabel.

Das Internet ist das Medium, das alles miteinander vernetzt. Aktuell werden die Insellösungen für die Steuerung von Licht, Heizung, Jalousie und Sicherheit internetfähig. Zunächst nur einzelne Bereiche im Haus, sodass der Nutzer einige Funktionen über entsprechende Apps per Smartphone bedienen kann. Wenn aber Gewerke vernetzt werden und noch Energiemanagement sowie Multimedia hinzukommen, müssen Services und Lösungen entstehen, die in der Cloud übergreifend alles miteinander verbinden. Erst dadurch wird das Zuhause zum intelligenten Helfer: So fährt der Staubsaugerroboter beispielsweise automatisch zurück in seine Station, wenn ein Bewegungsmelder anzeigt, dass der Bewohner nach Hause kommt. Die gleichen Informationen aktivieren eine „Getting Home“-Lichtszene. In der Cloud stehen die dafür nötige Rechenleistung und die standardisierten Befehlssätze bereit, ohne dass der Bewohner zuhause einen teuren Zentralrechner betreiben muss.

Das Haus mit der Umgebung vernetzen

Die Fortschritte der internetbasierten Vernetzung werden nicht beim Smart Home halt machen. Eine ähnliche Entwicklung für die umgebende Infrastruktur befindet sich in einem noch früheren Stadium. Dabei wird die Smart-Home-Cloud mit Funktionen für die intelligente Steuerung der Umgebung erweitert. Das Ergebnis ist eine smarte Infrastruktur, die das Smart Home mit seiner smarten Umgebung vernetzen wird – die Smart City entsteht.

Diese vernetzte Welt wird zahlreiche neue Anwendungen ermöglichen. Dazu gehören beispielsweise energieautarke Parkplatzsensoren, die durch darüberfahrende Autos aktiviert werden. Der Pendler weiß dann sofort, wo in der Umgebung seines Büros noch Parkplätze frei sind, oder ob er besser die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt. Ein anderes Szenario sind solarbasierte Sensoren, die in der Nähe von Straßen Temperatur und Feuchtigkeit messen und so gezielt vor Nässe und vereisten Fahrbahnen warnen können. Platziert in Parks und Gärten, erinnern sie daran, die Pflanzen zu gießen, oder aktivieren die automatische Bewässerung.

Auch bei der Müllentsorgung lässt sich die Infrastruktur mit dem Gebäude vernetzen. Ein und derselbe Sensor informiert den Hausbesitzer, ob er noch Platz in der Mülltonne hat, und meldet dem Dienstleister, wenn der Hausmüll abgeholt werden muss. Der Nutzer ärgert sich nicht über die volle Tonne, die er vergessen hat rauszustellen, und das Entsorgungsunternehmen kann seine Ressourcen gezielter planen. Beim Thema Energieversorgung und -sparen kann der Nutzer seinen Bedarfszeitpunkt an die aktuellen Netzpreise anpassen. Eine weitere Anwendung sind nach Bedarf gesteuerte Warentransporte für stets gefüllte Lager und Supermarktregale. Kleine sensorische Helfer an den Regalen behalten dabei die Warenmengen im Blick. Sobald die Vorräte eine kritische Menge erreicht haben, melden die Sensoren dieses an ein zentrales System, das den Logistikprozess für die Nachlieferung in Gang setzt. Dadurch sind nicht nur rechtzeitig wieder neue Waren in den Regalen. Vor allem lassen sich so die Transportzyklen und -wege optimieren. Gleichzeitig kann durch die Vernetzung der Kunde zielgerichteter einkaufen.

Die Liste möglicher Anwendungen einer Haus- und Infrastruktur-vernetzenden Cloud ist endlos. Vieles davon ist noch Zukunftsmusik. Das Smart Home durchläuft allerdings bereits wichtige Schritte auf dem Weg dorthin. So sollte es tatsächlich in wenigen Jahren zum selbstverständlichen und intelligenten Helfer werden, wie unsere Autos es bereits heute sind.

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  • Es werde Licht: Technische Helfer bieten immer mehr und komplexere Funktionen an.

    Es werde Licht: Technische Helfer bieten immer mehr und komplexere Funktionen an.

    Bild: Mikkelwilliam/iStockphoto

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