Gehäuse für Embedded-Anwendungen Flexibel angepasst

Bild: iStock, Zoff-photo
14.03.2018

Kundenspezifisch oder Standardprodukt? Mit dieser Frage muss sich jeder beschäftigen, der für seine Elektronik das passende Gehäuse sucht. Beide Wege haben Vor- und Nachteile. Optimal ist eine Mischung aus beidem, die Konfiguration eines kundenspezifischen Standardgehäuses, das sich den Anforderungen anpasst sowie gleichzeitig flexible Lieferzeiten und akzeptable Kosten aufweist.

Viele Gehäuse werden als Standardprodukt angeboten und haben für Anwender einige Vorteile: Sie sind einfach zu bestellen, werden schnell geliefert, sind preiswerter als kundenspezifische Produkte und werden auch für Prototypen eingesetzt. Nachteil ist, dass die Flexibilität eingeschränkt bleibt und dass selbst kleine Anpassungen nur mit hohem Aufwand machbar sind. Oft passen die Standardprodukte nicht hundertprozentig zur Applikation und somit werden, als zweite Option, individuelle kundenspezifische Entwicklungen notwendig. Diese haben den Vorteil, dass sie genau auf die Bedürfnisse der Applikation beziehungsweise die Anforderungen des Anwenders abgestimmt sind. Allerdings sieht sich der Anwender meist mit höheren Kosten, Mindestbestellmengen sowie längeren Entwicklungs- und Lieferzeiten konfrontiert.

Vordefinierten Komponenten

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: ein Konzept, das die Vorteile von Standardprodukten mit den Vorteilen von kundenspezifischen Lösungen vereint. Basis ist eine Produktplattform, die einerseits einen hohen technischen Standard gewährleistet, andererseits, wie in einem Baukastensystem, durch eine Vielzahl von Standardeinzelteilen ergänzt werden kann. Die Plattform ist damit so variabel und flexibel, dass sie für unterschiedliche Anwendungen einsetzbar ist.

Voraussetzung ist ein umfangreiches Angebot an standardisierten Komponenten, die diese Flexibilität und Anpassbarkeit ermöglichen. Ist dies gegeben, sind in der Regel nur noch bei einem sehr geringen Anteil dieser individuell konfigurierten Gehäuse zusätzlich kleine Anpassungen wie beispielsweise Bohrungen, Ausbrüche und Sonderfarben notwendig. Diese Modifikationen sind einfach, schnell und kostengünstig umzusetzen. Die Anwender profitieren hierbei von dem Spektrum an Modifikationen, kurzen Lieferzeiten und niedrigen Preisen.

Produktplattform als Basis

Ein gutes Beispiel für diesen Mittelweg zwischen Standardprodukt und kundenspezifischer Entwicklung ist ein individuell konfigurierbares Gehäusekonzept. Bei Schroff Interscale von Pentair handelt es sich um eine Gehäuseplattform, die auf den Anforderungen der gängigen Board-Standards im Embedded-Bereich basiert. Sie ist speziell für kleinere Formfaktoren konzipiert und bietet hohe Flexibilität für verschiedene Applikationen. Die Gehäuse lassen sich schnell und einfach montieren und demontieren, wodurch sich die Integrationszeit reduziert.

Auf derselben Basis können zwei-, drei- oder vierteilige Gehäuse realisiert werden, die durch ihre spezielle Verriegelungskonstruktion, ohne zusätzliche EMV-Dichtungen, bereits für einen integrierten EMV-Schutz von 20 dB bei
2 GHz sorgen und eine Schutzart bis
IP 30 gewährleisten. Die Gehäuseabmessungen können in Breite, Höhe und Tiefe individuell angepasst werden. Mit dieser flexiblen Gehäuseplattform lassen sich beispielsweise Embedded-Systeme in der industriellen Automatisierung, dem Automotive-Bereich sowie der Mess-, Steuer- und Regeltechnik realisieren.

Gehäusevarianten erhöhen die Flexibilität

Die zweiteilige Gehäusevariante, bestehend aus Bodenwanne mit Front- und Rückplatte sowie Seitenwänden und Gehäusedeckel, eignet sich für Boards, bei denen nur auf einer Seite Schnittstellen nach außen geführt werden, wie Mini-ITX, Micro ATX, ATX. Dreiteilige Gehäuse kommen bei Boards sowie Rasp-
berry Pi oder Embedded NUC zum Einsatz, die jeweils auf zwei Seiten Schnittstellen aufweisen und entsprechend ein dreiteiliges Gehäuse erfordern, um die Schnittstellen durch Ausbrüche nach außen zu führen und den EMV-Schutz zu gewährleisten. Das vierteilige Gehäuse bietet die Möglichkeit, auch den Gehäusedeckel mit einem Ausbruch zu versehen und zum Beispiel einen Kühlkörper einzusetzen, der direkt auf dem Prozessor aufsetzt.

Zusätzlich können bei allen Gehäusevarianten weitere vom Anwender gewünschte Ausbrüche ergänzt werden. Für die mechanische Bearbeitung der Gehäuse steht eine umfangreiche CAD-Bibliothek für Standard-Ausbrüche zur Verfügung. Darüber hinaus können aber auch andere individuelle Ausbruch-Geometrien im Gehäuse realisiert werden. Die Anpassung an ein entsprechendes Corporate Design ist durch eine breite Palette an Pulverbeschichtungs- und Druckoptionen möglich. Anwender können aus verschiedenen Gehäusefarben wählen sowie farbige Logos bis hin zu fotorealistischen Bildern umsetzen.

Konfigurierbare Kühlung

Je nach Verlustleistung stehen für die Interscale-Gehäuseplattform verschiedene Kühloptionen zur Verfügung. Faktoren wie die Umgebungstemperatur, die Prozessorleistung und Thermal Design Power (TDP) des Prozessors bestimmen die notwendige Kühlung. Das Raspberry Pi Board kann etwa unter normalen Umgebungstemperaturbedingungen lüfterlos über freie Konvektion, nur durch Gehäuseperforation, gekühlt werden. Voraussetzung ist, dass die Umgebungstemperatur deutlich unter der gewünschten Innentemperatur liegt. Steigt die Verlustleistung, das heißt bei Prozessoren ab etwa 15 W TDP aufwärts, wird die Wärmeabfuhr durch aktive oder passive Kühlung notwendig. Die Gehäuse können dann mit Perforationen und Lüfterkits ausgestattet werden.

Die Lüfterkühlung ermöglicht eine effektive und kostengünstige Wärmeabfuhr. Wird allerdings hoher IP-Schutz, Geräuschlosigkeit oder auch die lange Lebensdauer des gesamten Systems vorausgesetzt, ist eine passive Kühlung vorteilhaft. Dann wird die Wärme per Konduktionskühlung durch integrierte starre Kühlkörper oder flexible Wärmeleitkörper FHC (Flexible Heat Conductor) abgeführt. Hierfür können unterschiedliche Kühlkörper-Geometrien für bestimmte Verlustleistungen und Einsatzbereiche ausgewählt werden.

Integration elektronischer Komponenten

Die individuelle Konfiguration beschränkt sich bei der Interscale-Gehäuseplattform nicht nur auf die Gehäuse-Mechanik, sondern setzt sich mit der Integration von elektronischen Komponenten fort. Für die Stromversorgung stehen Netzgeräte mit unterschiedlichen Leistungen und Formfaktoren zur Verfügung. Welches Netzteil eingesetzt wird, um die Gesamtleistung der Komponenten abzudecken, ist abhängig von der Auswahl des Board-Formfaktors, des Prozessors, des Speichers und der notwendigen PCI- beziehungsweise PCIe-Karten. Auch Schalter oder Anzeigeelemente sowie die Steckplätze für PCI- oder PCIe-Karten lassen sich in entsprechender Anzahl konfigurieren und integrieren.

Für die Befestigung der Laufwerke werden ebenfalls verschiedene Lösungen angeboten. Das Gehäusekonzept ermöglicht die Montage von mehreren Laufwerken im Gehäuseinneren. Auf Wunsch des Anwenders kann die Montage auch durch einen von außen abnehmbaren Festplatten-Halter erfolgen. So ist beispielsweise auch eine Montage unter dem Mainboard möglich ohne die Wartungseigenschaften einzuschränken.

Das breite Spektrum an Standard-Zubehörkomponenten für das Schroff-Interscale-Gehäuse ermöglicht vielfältige Auf- und Ausbau-Varianten. Neben den normalen Standfüßen aus Kunststoff sind auch Aufstellfüße oder eine Stapelhilfe, die auf den Aufstellfuß gesteckt wird, verfügbar. Zur Befestigung des Gehäuses, zum Beispiel in einem Schaltschrank, stehen 19-Zoll-Winkel oder ein Clip für die Hutschienenmontage zur Verfügung. Auch die Wandmontage ist möglich. Zusätzlich sorgen Designelemente für eine optische Aufwertung. Je nach Einsatzbereich und Umgebungsbedingungen können so unterschiedlichste Aus- und Aufbaumöglichkeiten realisiert werden.

Bildergalerie

  • Die Interscale-Plattform ist speziell für kleine Formfaktoren konzipiert. Die Abmessung der Gehäuse können in Breite, Höhe und Tiefe individuell angepasst werden.

    Die Interscale-Plattform ist speziell für kleine Formfaktoren konzipiert. Die Abmessung der Gehäuse können in Breite, Höhe und Tiefe individuell angepasst werden.

    Bild: Pentair

  • Verglichen mit bisherigen Konduktionskühlungen bieten FHCs, je nach Größe und Befestigung, eine Verbesserung der Wärmeabfuhr um etwa zehn bis 20 Prozent beim 20-mm-FHC (links) beziehungsweise mehr als 70 Prozent beim Einsatz eines 70-mm-FHCs.

    Verglichen mit bisherigen Konduktionskühlungen bieten FHCs, je nach Größe und Befestigung, eine Verbesserung der Wärmeabfuhr um etwa zehn bis 20 Prozent beim 20-mm-FHC (links) beziehungsweise mehr als 70 Prozent beim Einsatz eines 70-mm-FHCs.

    Bild: Pentair

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