Kosteneffiziente Indivdualisierung Plug & Produce durch Standardisierung

Plug & Produce macht Schluss mit dem Wirrwarr

Bild: Lenze
12.02.2019

Mehr Individualisierung, geringere Losgrößen, häufigere Konfigurationswechsel, doch die Fertigungslinien sollen kosten­effizient sein – ein Widerspruch? Zumindest eine große Herausforderung! Mit „Plug & Produce“ zeigt Lenze, wie Industrie 4.0 Konzepte die Zeit für die Umrüstung einer Produktion maßgeblich reduzieren können. Entscheidend ist der Fokus auf herstellerübergreifende, standardisierte Schnittstellen für Steue­rungs-, Rezept- und Produktdaten, um den Kommunikationswirrwarr zu entflechten. Nicht nur Anwender profitieren von den intelligenteren Maschinen, sondern auch OEMs.

Immer wieder fragen Maschinenbauer und Anlagenbetreiber nach dem konkreten, betriebswirtschaftlich messbaren Gewinn von Industrie 4.0 und der Digitalen Transformation. Mit einem praxisnahen Showcase zeigt nun Lenze, Spezialist für die Maschinenautomatisierung, wie sich diese „digitale Dividende“ heben lässt. „Plug & Produce“ ist eine Anwendung, die die verschiedenen Elemente von Industrie 4.0 zusammenführt und reale Fortschritte bei der Wirtschaftlichkeit einer modernen Produktion ermöglicht. Damit rückt die Smart Factory endlich näher.

Plug & Produce Showcase

Der Showcase, der erstmals auf der SPS IPC Drives 2018 gezeigt wurde, simuliert die Verpackung verschiedener Consumerprodukte mit unterschiedlichen Modulen in einer Fertigungslinie. Die Umrüstung der Produktionslinie erfolgt nach dem Motto „Plug & Produce“ – einfach einstecken und loslegen. Im Kern geht es also darum, wie eine Produktionsstraße in Zukunft einfach und ohne großen Zeitverlust an wechselnde Anforderungen flexibel angepasst werden kann.

Fertigungsstraße per Rezept

Ausgangslage für den Showcase ist eine Modularisierung der Produktionslinie. Die einzelnen Module – im Showcase beispielsweise Infeed, Pick & Place, Packaging, Paletizer und Outfeed – stehen für die benötigten Skills, die der Produktion zur Verfügung gestellt werden. Für das Verpacken von Cremes werden andere Skills benötigt als für Waschmittel.

Werden die entsprechenden Module der Fertigungslinie ausgetauscht, muss die Steuerung bisher neu programmiert werden. Im Fall von „Plug & Produce“ geht es deutlich einfacher und schneller. In einer Moderationsphase wird die Linie neu konfiguriert. Dies geschieht über das Hochladen von Rezepten, die nun nicht allein den Fertigungsprozess an sich steuern, sondern auch Informationen darüber enthalten, welche Aufgaben in welcher Reihenfolge zu erledigen sind, so dass die passenden Module ausgewählt und verknüpft werden können.

Die Module selbst steuern die nötigen Informationen bei, beispielsweise in welcher Höhe sich Übergabepunkte wie etwa ein Förderband befinden, in welcher Position Werkstücke angeliefert werden sollen oder wie sie ausgegeben und mit welcher Geschwindigkeit sie verarbeitet werden können. Hat der Plausibilitäts-Check ergeben, dass alle benötigten Skills vorhanden sind, am richtigen Platz und mit den passenden physikalischen Schnittstellen, dann kann die Produktionsphase gestartet werden.

Digitaler Zwilling im Zentrum

Der nächste Schritt hin zur Smart Factory beruht in erster Linie auf der Verwaltungsschale („Administration Shell“), die als Teil des Referenzarchitekturmodells Industrie 4.0 (RAMI 4.0) im April 2018 verabschiedet wurde. Verwaltungsschalen kann es sowohl für die einzelnen Komponenten, für Module oder die ganze Maschine geben. Die darin enthaltenen Daten geben Auskunft über die Physik – beispielsweise Anschlussmaße, Lebensdauer, Betriebswerte – und über die Fähigkeiten („Skills“): handelt es sich um einen Antrieb, eine Netzwerkkomponente, ein Verpackungsmodul oder eine Schweißanlage. Diese Daten bilden die Grundlage zur Erstellung eines „Digitalen Zwillings“, der Programmierung und Simulation lange vor der physischen Realisierung einer Maschine ermöglicht.

Das Geheimnis liegt in der Kommunikation: offene, herstellerübergreifende Standards ermöglichen es den beteiligten Modulen und der SPS, automatisiert untereinander Daten der Administration Shell auszutauschen, bis hin zur vollständigen Interaktion im Zuge des Produktionsauftrages. Dazu braucht es ein einheitliches Daten- und Informationsmodell sowie eine standardisierte Semantik, damit die Daten auch richtig interpretiert werden können. Den ersten Teil dieser Voraussetzungen erfüllt die Verwaltungsschale. Beim zweiten Teil setzt Lenze auf die Erweiterung der Informations- und Kommunikationsplattform OPC UA. So diente die OPC UA Companion Specification PackML als Grundlage für den eigenen Showcase.

Der richtige Weg in die Zukunft

Damit dieses Konzept nicht nur im Lenze-eigenen Showcase, sondern auch in gemischten Umgebungen im Feld funktioniert, sind noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Die wichtigste Grundlage ist, dass alle aktuellen Komponenten für Maschinenbau und -automatisierung vom Hersteller mit einer Verwaltungsschale ausgestattet werden. Zum zweiten gilt es noch Lücken in der Standardisierung zu schließen. Lenze ist dafür in zahlreichen Gremien aktiv, stets mit dem Ziel, zu einer herstellerneutralen, offenen Lösung zu kommen. Ist dieser Schritt geschafft, müssen die Entwicklerwerkzeuge so weiterentwickelt werden, dass die Daten, die sich über die verschiedenen Lifecycle-Stadien in der Verwaltungsschale von Komponenten und Maschinen anreichern, interpretieren und nutzen können.

OEMs sollten sich schon heute auf diese Entwicklung einstellen, die sich im Digitalen Engineering niederschlägt. Hier gilt es insbesondere, bei der Erstellung der Steuerungssoftware die Modularisierung voranzutreiben – dann profitiert auch der Maschinenbauer von „Plug & Produce“ und kann mit geringerem Ressourceneinsatz ein schnelleres Time-to-Market realisieren. Lenze bietet dafür heute schon umfangreiches Consulting an und bietet denjenigen, die sich in Sachen Industrie 4.0 auf den Weg machen wollen, eine Orientierung, in welche Richtung dieser Weg führt.

Bildergalerie

  • Plug & Produce in drei Schritten:

Schritt 1: Auswahl der geeigneten Maschinenkomponenten für den Produktionsprozess in Kombination mit dem Produktionsrezept.
Schritt 2: Vertragsgestaltung zwischen den spezifizierten Komponenten des Produktionssystems. Hierbei werden die Fähigkeiten der physischen Systeme hinsichtlich der rezeptbasierten Bedingungen verhandelt.
Schritt 3: Produktion gemäß Verträgen.

    Plug & Produce in drei Schritten:


    Schritt 1: Auswahl der geeigneten Maschinenkomponenten für den Produktionsprozess in Kombination mit dem Produktionsrezept.

    Schritt 2: Vertragsgestaltung zwischen den spezifizierten Komponenten des Produktionssystems. Hierbei werden die Fähigkeiten der physischen Systeme hinsichtlich der rezeptbasierten Bedingungen verhandelt.

    Schritt 3: Produktion gemäß Verträgen.

    Bild: Lenze

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