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Sensoren für die Qualitätskontrolle Sand ganz genau betrachten

Pepperl+Fuchs SE

Bild: iStock, underworld111
25.04.2017

Bei der Fertigung von Motorblöcken wird flüssiges, über 1000 °C heißes Metall in eine Negativform, sogenannte Sandkerne, gegossen. Dieser Vorgang ist aber nicht nur schweißtreibend, sondern auch zeit- und kostenintensiv. Fehlerhafte Güsse sollten daher besser vermieden werden. Das lässt sich erreichen, wenn man bereits die Gussformen mit Hilfe eines Bildverarbeitungssystems einer Qualitätskontrolle unterzieht.

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Ehe ein Fahrzeug über die Straßen rollt, hat es einen langen Weg durch die Produktion hinter sich. Die Herstellung ist aufwändig und unterliegt höchsten Präzisionsansprüchen: Von der kleinen Schraube bis zur ganzen Karosserie muss alles bis ins kleinste Detail stimmen.

Der Motor ist dabei zentraler Bestandteil des Autos. Er muss in seiner Qualität zu 100 Prozent den Konstruktionsdaten entsprechen. Essentieller Baustein dieses Herzstücks ist der Motorblock. Ob aus Gusseisen oder Leichtmetall: Gefertigt wird er in der Regel im Gussverfahren. Das Problem dabei ist, dass es kaum mehr möglich ist, das Ergebnis noch anzupassen, wenn das Gussmaterial einmal ausgehärtet ist. Als Abhilfe hat VMT Vision Machine Technic, eine Tochter von Pepperl+Fuchs, nun eine Lösung entwickelt, die schon vor dem teuren und aufwändigen Gussvorgang die Qualität der Form mithilfe moderner Bildverarbeitungstechnologien überprüft. Damit stellt das Unternehmen sicher, dass fehlerhafte Motorblöcke erst gar nicht gegossen werden.

Feine Körnchen, große Blöcke

Grundlage des Gussvorgangs ist ein Naturmaterial, das wir sonst mit Wüsten und weiten Stränden verbinden: Sand, gepresst und mit Bindemittel angereichert, dient als sogenannte verlorene Form für die Herstellung der schweren Motorblöcke. Solche Sandkerne stellen ein Negativ des Motorblocks dar und füllen beim Guss die späteren Hohlräume. Nach dem Aushärten des Gussmaterials werden sie wieder zerstört und dienen der Produktion neuer Formen. Jeder einzelne Motorblock entsteht also aus einer eigenen Sandform.

Da die Qualität des Sandkerns die Beschaffenheit eines Motorblocks maßgeblich beeinflusst, muss die Qualitätssicherung bereits vor dem Guss ansetzen. Bei der Vielzahl an täglich gefertigten Motorblöcken ist es jedoch sehr aufwändig, jeden Sandkern einzeln zu prüfen. Gefragt ist daher eine Lösung, welche die Sandkerne automatisiert präzise betrachtet und gleichzeitig feststellen kann, ob sie zum Guss taugen oder nicht.

Dr. Werner Neddermeyer, Projektleiter bei VMT, hat sich intensiv mit der Problematik bei der Motorblockproduktion beschäftigt. „Wir haben überlegt, was man erfassen muss und wie wir das mit unseren Sensoren lösen können“, schildert er die Anfänge. „Jede Stelle eines solchen Sandkerns muss hochgenau überprüft werden, um Aussagen über die Qualität zu machen. Das ist nicht einfach, wenn man bedenkt, dass es sich bei Sandkernen für Motorblöcke um komplexe Formen handelt.“ Letztlich stellte sich das bewährte Lichtschnittverfahren als die geeignete Technik für die exakte Betrachtung der Sandkerne heraus. Ein herkömmlicher Lichtschnittsensor reichte jedoch nicht aus, um diese in all ihren Details zu erfassen und darzustellen. Die Komplexität eines Sandkerns erforderte daher ein komplexeres Sensorsystem, das jeden Winkel betrachtet und prüft. Ein solches hat Neddermeyer gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Michael Kleinkes, Entwicklungsleiter bei VMT, entwickelt. Es ist ein ausgeklügeltes Zusammenspiel mehrerer Sensoren, die ein genaues 3D-Bild jedes Sandkerns liefern und automatisch mit den CAD-Konstruktionsdaten abgleichen.

Sensoren in Symbiose

Zum Einsatz kommen vier parallel arbeitende SpinScan3D­Sensoren. Die Bewegung und Interaktion der einzelnen Komponenten dieses Multi-Sensor-Systems sind es, die das exakte Abbild der komplexen Formen ermöglichen. Ein Blick ins Innere des SpinScan3D verrät, wie VMT die Laser-Linien-Triangulation für diese Aufgabe modifiziert hat: Durch ein optisches Prisma wird, wie beim klassischen Lichtschnittverfahren, der Lichtstrahl eines Lasers zu einer gleichmäßig leuchtenden Linie ausgeweitet. Zwei parallel arbeitende Kameras im SpinScan3D betrachten jeweils einen spezifischen Teil der Laserlinie und erfassen das Höhenprofil entlang derselben. Diese doppelte Laser-Linien-Triangulation ermöglicht einen erweiterten Messbereich ohne Einbußen bei der Messgenauigkeit. Die Besonderheit am SpinScan3D ist, dass der Sensor um eine Bewegungsachse erweitert wurde. Durch eine Rotationsplattform wird er gedreht, sodass der Laser im Inneren um seine eigene Achse kreist und die projizierte Linie ununterbrochen über das Objekt läuft. Die beiden Kameras pendeln dabei um den Mittelpunkt des Sensors und erfassen kontinuierlich die Veränderung der Laserlinie.

Die rotierende Bewegung des SpinScan3D sorgt dafür, dass sich der Betrachtungswinkel auf das Objekt stetig ändert. Bei einer Messrate von 300 Lichtschnitten in der Sekunde entsteht so eine Vielzahl einzelner Momentaufnahmen. Eine Software verarbeitet alle erfassten Daten und setzt diese unzähligen Einzelbilder zu einer Punktewolke zusammen, sodass ein dreidimensionales Gesamtbild der komplexen Form entsteht. Die Abbildung ist dabei nahezu abschattungsfrei. Das heißt, dass der SpinScan3D annähernd jeden Millimeter genau erfasst und darstellt. „Während bei der klassischen Laser-Linien-Triangulation Teilbereiche eines Objekts unter Umständen nicht erfasst werden, weil sie im Messschatten liegen, kann der SpinScan3D durch die unterschiedlichen Betrachtungswinkel mehr Stellen erkennen“, erläutert Kleinkes. „So liefern wir einen viel umfassenderen Datensatz und damit ein hochgenaues 3D-Abbild komplexer Objekte.“ Dank der vier parallel eingesetzten und optimal aufeinander eingespielten Sensoren kann das System selbst die großen Sandkerne für den Motorblockguss in ihrer Geometrie exakt erfassen. Das System arbeitet dabei immer so schnell, dass es den Produktionstakt nicht aufhält.

Datenverarbeitung ist die Kür

Basis der präzisen Überprüfung ist die Software von VMT. Sie verarbeitet die große Datenmenge und liefert dem Nutzer nicht nur das detailgetreue Abbild des Sandkerns, sondern nimmt auch automatisch einen Abgleich mit den CAD-Konstruktionsdaten für die Gussform vor. Möglich ist das insbesondere durch das Festlegen von Referenzpunkten für kritische Stellen des Sandkerns. Die Software gleicht die erfassten Sensordaten mit den definierten Sollmaßen ab und errechnet daraus, inwieweit virtueller Plan und reelle Bauform übereinstimmen. „Dieser Vorgang, bei dem virtuelle und reale Welt zueinander in Bezug gesetzt werden, entspricht der Anforderung an Industrie-4.0-Komponenten, Daten aus allen Phasen des Produktlebenszyklus elektronisch lesbar zur Verfügung zu stellen“, erklärt Neddermeyer. Weicht die Qualität des Sandkerns in zu großem Maß von der CAD-Zeichnung ab, geht automatisch eine Warnmeldung an die Kontrollstelle. So kann man die fehlerhafte Gussform noch vor dem Gussvorgang entfernen. Damit liefert das System dem Nutzer alle vor dem Gussvorgang relevanten Informationen – und zwar so aufbereitet, dass er notwendige Maßnahmen direkt ableiten kann.

Bildergalerie

  • Bis ins kleinste Detail: Mit einer rotierenden Bewegung erfassen vier perfekt aufeinander eingespielte SpinScan3D-Sensoren das exakte Abbild eines Sandkerns für den Motorblockguss.

    Bis ins kleinste Detail: Mit einer rotierenden Bewegung erfassen vier perfekt aufeinander eingespielte SpinScan3D-Sensoren das exakte Abbild eines Sandkerns für den Motorblockguss.

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