Kontaktlose Messtechnik Hall-Sensoren für Agrarmaschinen

Der Einsatzbereich kontaktloser Sensoren, die auf dem Hall-Effekt basieren, ist breit gefächert und geht weit über die klassische Industrieautomatisierung hinaus.

Bild: Fotolia, Janni
11.11.2016

Kontaktlose Verfahren setzen sich in der Automatisierungstechnik bei der Erfassung von Wegen und Winkeln verstärkt durch. Hall-Sensoren liefern absolute Messwerte und lassen sich gut in unterschiedliche Applikationen integrieren. Dabei sind auch individuelle mechanische und elektrische Schnittstellen etwa für mobile Anwendungen möglich.

Der Einsatzbereich kontaktloser Sensoren, die auf dem Hall-Effekt basieren, ist breit gefächert und geht weit über die klassische Industrieautomatisierung hinaus. So sind Hall-Sensoren in Pkw ebenso zu finden wie in mobilen Arbeitsmaschinen im Baugewerbe, der Forstwirtschaft oder Agrartechnik, zum Beispiel bei Mähdreschern. Hier trotzen die Sensoren starken Temperaturschwankungen, extremen Vibrationen und Feuchtigkeit. Dank ihres robusten Funktionsprinzips liefern sie auch unter widrigen Bedingungen genaue und zuverlässige Messergebnisse. Bereits 1879 entdeckte der US-Amerikaner Edwin Herbert Hall das nach ihm benannte Prinzip: Wirkt ein Magnetfeld senkrecht auf einen stromdurchflossenen Leiter, entsteht quer zum Stromfluss eine Spannung. Da diese Spannung nur von der Stromstärke und der magnetischen Feldstärke abhängt, ist durch Anbringen eines Positionsmagneten auf einer drehbaren Welle auf einfache Weise eine berührungslose Winkelmessung machbar. Diese Technologie hat in jüngerer Vergangenheit deutliche Fortschritte gemacht.

Ein Prinzip, viele Möglichkeiten

Durch Kombination mehrerer Sensorelemente und Integration der kompletten Signalverarbeitung in wenigen Bauelementen sind komplexe Systeme in kleinstem Bauraum möglich. Sie arbeiten weitgehend alterungsunempfindlich und unabhängig von Feldstärkenschwankungen der Gebermagnete, da nur die Richtung des Magnetfeldes entscheidend ist. Sowohl kontaktlose, wellengeführte als auch berührungslose Systeme ohne mechanische Wellenanbindung ermöglichen die Messung von bis zu 360° oder von fünf bis 50 mm Weg. Hohe Auflösungen bei guter Dynamik, große mechanische Toleranzen und schnelle Machbarkeit kundenspezifischer Sonderlösungen sind weitere Eigenschaften dieser Technik.

Neben dem Standardprogramm entwickelt Novotechnik maßgeschneiderte Sensorlösungen, die das Unternehmen auf die jeweilige Applikation abstimmt: Sensoren in Motoren- und Getriebemanagement, Fahrpedal-Positionserkennung und zur Lenkwinkelerfassung aktiver Fahrwerke tragen etwa dazu bei, den Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffemissionen zu reduzieren. Solche applikationsspezifischen Sensoren werden aber nicht nur im Fahrzeug-, Maschinen- und Anlagenbau, sondern auch in Landmaschinen eingesetzt.

Die Landwirtschaft kommt heute ohne ausgereifte Automatisierung nicht aus, denn es gilt, in möglichst kurzer Zeit und geringem Aufwand maximale Erträge zu erzielen. Bei modernen Mähdreschern beispielsweise sind deshalb das Schneidwerk und die Lamellen des Siebkastens verstellbar. Im Siebkasten werden nach dem Schneiden die Körnerfrüchte ausgesiebt, also die Spreu vom Weizen getrennt. Damit die Mähdrescher neben Getreide auch Raps, Ackerbohnen oder Sonnenblumenkerne ernten können, müssen die Siebe bestmöglich an die jeweilige Korngröße angepasst werden. Diese Aufgabe übernehmen Linearantriebe. Sie werden von Permanentmagnetmotoren angetrieben und verfahren die Lamellen der Siebe je nach Vorgabe der Steuerung in die gewünschte Position. Die jeweilige Stellung muss mit einem Sensor präzise erfasst werden, da nur die exakte Einstellung der Siebe und des Schneidwerks einen guten Ertrag garantieren.

Leiterplatte mit Sensorik und Schnittstellen

Für diese Anwendung entwickelten die Sensorikspezialisten eine komplette applikationsspezifische Leiterplatte mit Hall-Sensor und Steckkontakten für Motor und Linearantrieb. Die Lösung ist auf den vorhandenen Bauraum angepasst und im Gehäuse des Linearantriebs integriert. Der an der Welle angebrachte Positionsmagnet und die Kalibrierung des Hall-Sensors sind ebenfalls auf die geometrischen und magnetischen Gegebenheiten abgestimmt. So wird die trotz Abschirmung nie ganz zu vermeidende magnetische Beeinflussung durch den Permanentmagnetmotor bei der Kalibrierung vorgehalten: Vor dem Einbau in den Linearantrieb wird der Sensor entsprechend der zu erwartenden Beeinflussung der Störfelder kalibriert, so dass diese im realen Betrieb kompensiert werden. Nach dem Einbau arbeitet der Sensor mit unter einem Prozent absoluter Abweichung vom bestmöglichen linearen Verhalten und das über den gesamten Messbereich von 26 mm und bei Umgebungstemperaturen zwischen -40 °C und +105 °C.

Natürlich sind auch die Magnete auf den Anwendungsbereich abgestimmt. Sie werden in einer Magnetfeldsimulation ausgelegt und mit sehr geringem Raumwinkelfehler beschafft. Bei diesem Projekt gab es auch mechanische Herausforderungen zu löse: Die Palette reicht hier von der versatz- und scherkräftefreien Montage der relativ langen Pins für die Motorkontaktierung bis hin zur richtigen Platzierung der Bohrungen für die Fixierung der Leiterplatte im Antriebsgehäuse. So sitzt die Leiterplattenfixierung nahe am Chip, damit es beim Anschrauben durch den Anwender nicht zu Versatz oder Scherkräften kommt. Dann kann der Positionsgeber im Betrieb ohne Abweichungen bestmöglich über den kompletten Erfassungsbereich laufen.

Die Applikation zeigt, wie individuell kundenspezifische Anforderungen an kontaktlose Sensorik sein können und wie maßgeschneidert sich Lösungen dafür realisieren lassen. Die Sensorik für die Siebkastenverstellung der Mähdrescher hat sich mittlerweile auf dem Feld im harten Ernteeinsatz bewährt, auch wenn es wie in der Applikation „nur“ um mittlere Stückzahlen geht.

Über Novotechnik

Seit über 65 Jahren ist Novotechnik mit Stammsitz im schwäbischen Ostfildern wegweisend in der Weiterentwicklung der Messtechnik. Inzwischen arbeiten allein in Deutschland über 200 Mitarbeiter an leistungsstarken Weg- und Winkelsensoren, die weltweit bei Fertigung, Steuer- und Messtechnik oder im Automobil im Einsatz sind. Die breitgefächerte Produktpalette umfasst Weg- und Winkelsensoren unterschiedlicher Funktionsprinzipien, Lösungen für den Automotive-Bereich sowie Messwertumformer und Messgeräte. Das deckt praktisch alle denkbaren Aufgabenstellungen ab, und für spezielle Anwendungsbedürfnisse werden Lösungen maßgeschneidert.

Bildergalerie

  • Applikationsspezifische Sensoren in Motoren- und Getriebemanagement und zur Lenkwinkelsteuerung tragen dazu bei, den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren.

    Applikationsspezifische Sensoren in Motoren- und Getriebemanagement und zur Lenkwinkelsteuerung tragen dazu bei, den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren.

    Bild: Novotechnik

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