Echtzeitlösungen im Fokus Regeln und Automatisieren in Echtzeit

Der Single-Board-Computer EPPC-T10 bietet eine solide Basis für schnelle Steuerungs- und Regelungsaufgaben.

Bild: Esd Electronics
14.09.2018

In vielen Industriebranchen besteht die Notwendigkeit zu echtzeitfähigen Regelungs- und Automatisierungssystemen. Klassische SPSen kommen hier schnell an ihre Grenzen. Deshalb braucht es leistungsfähige Industrie-PCs, die deterministische Antwortzeiten gewährleisten können.

Nicht erst Industrie 4.0 oder ethernetbasierte Feldbusprotokolle rücken Echtzeitlösungen in den Fokus. Bereits in den 1980er-Jahren wurden Alternativen zur nicht deterministischen, linearen SPS-Programmierung von vielen Branchen, wie der Automobilindustrie, der Luft und Raumfahrtindustrie, dem Maschinenbau, der Energieversorgung aber auch Biotechnologieanlagen sowie der Pharmaindustrie, gefordert. Diese konnten schon damals durch Echtzeitrechner mit einer offenen Rechnerarchitektur und Bussystemen wie VMEbus, PMC/PCI geschaffen werden. Heute sind kompakte Echtzeitautomatisierungssysteme in der Lage, schnelle Steuerungs- und Regelungsaufgaben dezentral zu übernehmen. Sie zeichnen sich durch aktuelle, leistungsfähige Prozessoren, eine offene Kommunikationsebene mittels standardisierter Protokolle sowie die Nutzung von Echtzeitbetriebssystemen wie QNX, VxWorks oder OS-9 aus.

Echtzeitsystem versus SPS

Mit dem Feldbus und den Speicher-Programmierbaren-Steuerungen (SPS) vereinfachte sich in den 1980er-Jahren die Industrie- und Anlagenautomation erheblich. Inzwischen sind SPSen als Massenprodukt eine preiswerte Standardlösung mit hoher Verfügbarkeit und einfacher Programmierung. Es sind „Alleskönner“, jedoch mit Einschränkung: Die vielen Verarbeitungsebenen beispielsweise über Baugruppen und Systembus führen zu Asynchronität. Zudem gilt ein starrer Ablauf bei der zyklischen Abarbeitung, langsames Reagieren auf plötzliche Ereignisse sowie das schwierige Erfassen kurzzeitiger Vorgänge ebenfalls als Nachteil.

Dem gegenüber stehen Echtzeitautomatisierungssysteme mit einer offenen Rechnerarchitektur auf der Basis von PowerPC-, ARM- und Intel-Prozessoren. Sie verfügen über offene Kommunikationsebenen mit Schnittstellen zu Ethernet und gängigen Feldbussen sowie einem modularen Betriebssystem. Durch eine prozessornahe Programmierung mittels Hochsprachen lassen sich Echtzeitanwendungen realisieren, wie sie für Achssteuerungen und Motion-Control-Anwendungen und andere benötigt werden. Alternativ können sie aber auch als Soft-SPS unter Codesys nach IEC 61131-3 programmiert werden.

Auch wenn bei SPSen heute ebenfalls schnellere CPUs eingesetzt werden, sind sie jedoch vor dem Hintergrund, viele Applikationen bedienen zu müssen, in Synchronisierungsprozessen oft nicht schnell genug. Auch besteht keine Chance, nahe am CPU-Kern zu programmieren und somit das deterministische Verhalten zu garantieren. Ihr linearer Programm­ablauf beschränkt sich auf die reine Steuerfunktion, ohne Regelungen zu verknüpfen oder Daten aufzubereiten und zu visualisieren oder zu archivieren. Echtzeitautomatisierungssysteme basieren immer auf schnellen, dem Stand der Technik entsprechenden CPUs. Über Jahrzehnte bewährte Betriebssysteme stellen den Echtzeitbetrieb sicher. Damit haben sie die Flexibilität, auch auf zeitkritische Größen einzugehen. Die offene Kommunikationsebene bietet Schnittstellen zu ethernetbasierten Protokollen und/oder zu Feldbus-Protokollen wie Profinet, EtherCAT, Ethernet IP sowie CAN, CANopen, CAN-FD, Profibus, DeviceNet und andere.

Modulare SPS-Systeme mit einer Standard-PC-Architektur unter Linux bieten annähernd deterministisches Verhalten, das aber bei sehr schnellen Regelungsprozessen oftmals nicht ausreicht. Gerade wenn aus wirtschaftlichen Gründen eine Vollautomation beispielsweise bei der Anlagenautomation mit Transportbändern und Feedern zuverlässig erreicht werden soll, kommt es auf eine schnelle Echtzeitregelung an.

Industrie-PC mit bewährten Komponenten

Auf der Basis von bewährten Komponenten und standardisierten Schnittstellen entwickelte Esd Electronics einen Industrie-PC als Standard-Produkt. Es entstand der vielseitig verwendbare Single-Board-Computer EPPC-T10: Ein kompakter und leistungsstarker Industrie-PC, der schnelle Steuerungs- und Regelungsaufgaben meistert, auch in Echtzeitanwendungen. Als High-End-Gerät mit QorlQ-CPU verfügt er über drei unabhängige 1-Gigabit-Ethernet-Schnittstellen. Um über diese Ethernet-Schnittstellen auch EtherCAT-Daten schnell verarbeiten zu können, ist der EtherCAT-Master-Stack von Esd erforderlich. Diese Software organisiert den zyklischen Austausch von Prozessdaten und konfiguriert die EtherCAT-Netzwerke. In dieser Kombination kann der EPPC-T10 auch in EtherCAT-Applikationen eingesetzt werden.

So lässt er sich zum Beispiel als autarke Steuerung für bis zu drei Maschinen, Netzwerke oder etwa drei Antriebe einsetzen. Bei einer Einbindung in die darüber liegende Steuerungsebene können beispielsweise zwei Antriebe oder ein redundant aufgebauter Antrieb gesteuert werden. Innerhalb der Steuerungsebene ist der Single-Bord-Computer mit einer entsprechenden Software auch als Gateway zwischen Industrial Ethernet, Ethernet OPC UA und/oder Cloud einsetzbar.

Der Single-Board-Computer basiert auf einem Embedded-­64-Bit-PowerPC sowie dem Single-Core-Prozessor QorIQ T1014 der Firma NXP mit 1,2 GHz Taktfrequenz. Er ist für höhere Anforderungen auch mit vier Kernen verfügbar. Durch die integrierte DPAA (Data Path Acceleration Architecture) wird ein performanter, direkter Datenaustausch zwischen den verschiedenen integrierten Schnittstellen der CPU ermöglicht, der die Kerne entlastet. Der lokale Speicherbus ist 64 Bit breit, mit einem zusätzlichen 8-Bit-ECC und einer Gesamtkapazität von 512 MByte. Der Standard-Bootloader U-Boot im Flashspeicher, ermöglicht das Booten verschiedener Betriebssysteme je nach Datenvolumen von verschiedenen Medien: vom On-Board-Flash, über das Netzwerk, über USB, von einer Micro-SD-Karte oder optional von der SATA-SSD. Außerdem verfügt der Single-Board-Computer über eine Double-Precision-Floating-Point-Einheit und ist mit einer Realtime-Clock (RTC) mit Batterie-Backup ausgestattet.

Mit den Maßen 117 x 31 x 160 mm (Länge x Breite x Höhe) und einer Aufnahme für die DIN-EN-Tragschiene (TS 35) eignet er sich für die Montage im Schaltschrank. In der Standardversion läuft der EPPC-T10 unter Linux, andere (Echtzeit-)Betriebssysteme wie QNX, VxWorks oder OS-9 sind auf Anfrage erhältlich. Die 1-Gigabit-Ethernet-Schnittstellen sind im Frontpanel über RJ45-Buchsen anschließbar. Außerdem bietet der Hutschienen-PC folgende Schnittstellen: RS232, USB-2.0 (Host), einen Micro-SD-Karten- sowie einen internen PCI-Express-Mini-Steckplatz für Hardware-Erweiterungen.

Sicherer Betrieb gewährleistet

Der sichere Betrieb in Industrieumgebungen wird in erster Linie durch die Überwachung der lokalen Spannungen und Temperaturen sowie ein ausfallsicheres Firmware-Update mittels Fallback-Flash erreicht. In zweiter Linie erhöhen der garantierte Betriebstemperaturbereich von 0 bis +55 °C, eine Watchdog-Funktion sowie ein mehrstufiger Übertemperaturschutz die Betriebssicherheit.

Trotz des festgelegten Leistungsumfangs bleibt die Option auf eine für den Kunden zugeschnittene Modifikation erhalten. Beispielsweise ist die Verwendung des Power-Saving-Dual-­Core-Prozessors PowerPC QorIQ T1022, eines parallelen oder seriellen MRAM mit 512 KByte, eines erweiterten DDR3 RAM mit 2 GB oder eines größeren Flash-Memorys bis zu 2 x 128 MByte möglich. Darüber hinaus lässt sich auch ein PCI-Express-Steckplatz integrieren, um beispielsweise I/Os mit Hilfe von PMC-Baugruppen zu erweitern, – inklusive der erforderlichen Gehäuseanpassung sowie die Nachrüstung einer internen SATA-SSD.

Nachfrage nach Echtzeitautomatisierung

Durch den stetig steigenden Automatisierungsgrad in der Industrie- und Anlagenautomation steigen auch die Echtzeitanforderungen an Automatisierungssysteme. Hier kommt die klassische SPS aufgrund ihres linearen Aufbaus, ihrer zyklischen Abarbeitung und der CPU-fernen Programmierung bisweilen an ihre Grenzen. Die Nachfrage bezüglich Echtzeitautomatisierungssystemen besteht schon seit vielen Jahrzehnten und wird seither durch kundenspezifische Entwicklungen auf der Basis von Systemkomponenten (VME, PMI/PCI, ...) und bewährten Echtzeitbetriebssystemen (QNX, VxWorks oder OS-9) bedient. Esd Electronics nutzt seine langjährigen Erfahrungen auf diesem Gebiet für individuelle Lösungen aber auch für die Entwicklung von leistungsstarken Standardprodukten, wie dem industrietauglichen Single-Board-Computer EPPC-T10.

Bildergalerie

  • Als High-End-Power-PC kann der EPPC-T10 in EtherCAT-Applikationen mit bis zu drei unabhängigen Netzwerken eingesetzt werden.

    Als High-End-Power-PC kann der EPPC-T10 in EtherCAT-Applikationen mit bis zu drei unabhängigen Netzwerken eingesetzt werden.

    Bild: Esd Electronics

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