Nachhaltiger Lärmschutz 3D-gedruckte Pilze als Schallabsorber

Ein Probenkörper auf Basis von Pilzmyzel, der von einem 3D-Drucker gefertigt wurde.

Bild: Fraunhofer Umsicht
04.01.2021

Wird in Ihrem Büro viel telefoniert? Spielt Ihr Nachbar oft laute Musik? Vielen Menschen fällt es schwer, sich bei Lärm zu konzentrieren. Forscher nutzen jetzt pilzbasierte Materialien, um für angenehme Ruhe zu sorgen.

Dass Pilze mehr sind als gesunde Lebensmittel, will das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP beweisen. Sie forschen an pilzbasierten Materialien, aus denen sich umweltfreundliche Schallabsorber herstellen lassen. Denn bisherige Akustikelemente aus Mineralfasern und Kunststoffschäumen sind meist wenig nachhaltig und lassen sich nur schwer recyceln.

Ideengeber für den Pilz-Schallschutz ist Julia Krayer, Projektleiterin am Fraunhofer Umsicht. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitet seit Jahren an Biomaterialien. „Im Rahmen der Materialentwicklung stehen pflanzliche Substrate und Pilzmyzel im Fokus“, sagt sie. Das Myzel besteht aus einem feinen Geflecht fadenförmiger Hyphen, wächst in der Natur unterirdisch und kann, je nach Art, eine Größe von über 1 km2 erreichen.

Offene Zellwände nehmen Schall auf

Für das Projekt züchten Krayer und ihre Kollegen die Myzelfäden im Labor. Das Pilzmyzel wird zunächst mit einem pflanzlichen Substrat bestehend aus Stroh, Holz und Abfällen aus der Lebensmittelproduktion vermischt und danach mit einem 3D-Drucker in eine beliebige Form gedruckt. „Daraufhin wird das gesamte Substrat von den Myzelfäden durchwachsen und bildet so eine feste Struktur“, erklärt Krayer.

Sobald das Myzel das feinkörnige Substrat durchdrungen hat, wird das Produkt im Ofen getrocknet, um den Pilz abzutöten. Das auf diese Weise entstandene Material verfügt über offene Zellwände, kann dadurch Schall aufnehmen und eignet sich mit gedruckten Porenstrukturen sehr gut als Schallabsorber.

Porenstruktur durch 3D-Drucker anpassen

Neben dem hohen Wirkungsgrad, den positiven Faktoren der Nachhaltigkeit sowie der Ressourcenschonung bringen die pilzbasierten Schallabsorber weitere Vorteile mit sich. „Durch die feste, vom Pilzmyzel durchwachsene Struktur wären in Zukunft Schallabsorber aus deutlich dünneren Schichten möglich“, erklärt Roman Wack, Projektpartner von Julia Krayer und Mitarbeiter des Fraunhofer IBP in Stuttgart.

Der Einsatz des 3D-Druckers ermöglicht dabei eine im Vorhinein geplante Porenstruktur im Inneren des Absorbers: Sie lässt sich durch den Drucker gezielt herstellen und somit im Laufe der Forschung optimieren. Die Entwickler erwarten hierdurch einen perfektionierten Schallabsorber, der die derzeit verfügbaren Produkte übertrifft und zusätzlich aus nachwachsenden Rohstoffen besteht.

Aktuell steht jedoch die Anfertigung der nachhaltigen Schallabsorber im Vordergrund. Die Mitarbeitenden des Fraunhofer Umsicht produzieren deshalb verschiedene Prototypen, die anschließend am Fraunhofer IBP getestet werden.

Kleidung und Möbel aus Pilzen?

Das pilzbasierte Material kann aber nicht nur im Akustikbereich verwendet werden. „Die Endprodukte wären wohl ebenfalls als Dämmmaterial einsetzbar“, sagt Krayer. „Jedoch bräuchte es hier noch intensivere Forschung.“

Auch ließe sich Pilzmyzel zur Herstellung von Werkstoffen wie Leder, Gewebe und Plastik einsetzen. Aus den pilzbasierten Stoffen könnten so in Zukunft nicht nur Schallabsorber und Dämmmaterial entstehen, sondern ebenfalls Kleidungsstücke, Möbel sowie Kapselungen bei Elektrogeräten. Die Forschungsarbeit auf diesem Gebiet hat bereits begonnen.

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