Berührungslos wirkende Schutzmaßnahmen Diese gesetzlichen Anforderungen sollten Sie kennen

TÜV SÜD

Pascal Staub-Lang, TÜV Süd Industrie Service, über die Prüfung von berührungslosen Schutzeinrichtungen.

Bild: TÜV Süd
05.12.2019

Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen, kurz BWS, wie Lichtvorhänge oder Präsenzmelder tragen zur Sicherheit der Mitarbeiter in Produktionsstätten bei. Damit das gewährleistet ist, müssen BWS regelmäßig überprüft werden. Dazu ist qualifiziertes Personal nötig. TÜV Süd informiert zu gesetzlichen Anforderungen und Fristen.

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Damit es in einer Produktionsstätte nicht zu Unfällen zwischen Maschinen und bedienendem Personal kommt, werden oft sogenannte berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen eingesetzt. Das sind in der Regel optoelektronische Geräte wie Lichtschranken, Laserscanner oder kamerabasierte Systeme, die mechanische Schutzeinrichtungen wie Verriegelungen von Türen oder Abdeckungen ersetzen.

Sie lösen immer dann einen Maschinenstopp aus, wenn ein Bediener regelmäßig und wiederholt in den Gefahrenbereich einer Maschine eingreifen muss. Ein weiterer Einsatzbereich von BWS sind Produktionsbereiche, in denen Roboter arbeitsplatzunterstützend tätig sind.

BWS sind elektronische Sicherheitsbauteile und müssen beim Inverkehrbringen die Anforderungen der EG-Maschinenrichtlinie (MaschRL) erfüllen. Integriert in eine Maschine oder Anlage bedeutet dies zunächst, dass die BWS korrekt und bestimmungsgemäß eingebaut werden muss. Darüber hinaus muss jedoch ihr sichere Zustand, ihre Funktionalität und Zuverlässigkeit auch im anschließenden Betrieb aufrechterhalten werden.

Arbeitet die Schutzeinrichtung zuverlässig?

Für Hersteller und Betreiber von BWS ergeben sich daraus Pflichten: Die Maschinenhersteller stehen in der Verantwortung, dass ihre Anlagen einschließlich der eingebauten Schutzeinrichtung regelwerkskonform sind, zum Beispiel entsprechend der Konformitätserklärung nach Maschinenrichtlinie. Sie dokumentieren die notwendigen Schutzmaßnahmen.

Die Betreiber beziehungsweise Arbeitgeber sind laut Arbeitsschutzgesetz und Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) verpflichtet, für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter zu sorgen. Daher obliegt es ihnen noch vor dem ersten Einsatz zu prüfen oder durch Bevollmächtigte prüfen zu lassen, ob die Maschinen mit integrierten BWS richtig montiert wurden.

Des Weiteren verpflichtet die BetrSichV zu regelmäßigen und wiederkehrenden Prüfungen, damit sichergestellt ist, dass die Bauteile weder Schäden noch Verschleißerscheinungen aufweisen oder gar vom Bedienpersonal überbrückt und außer Kraft gesetzt wurden. Unternehmen, die hier gewissenhaft vorgehen, vermeiden Betriebsunfälle und damit Haftungsrisiken.

Die Praxis zeigt allerdings, dass nicht alle Unternehmen die Sicherheit ihrer Maschinen oft und sorgfältig genug prüfen. Denn wichtig ist, dass die Prüfung jeweils von einer befähigten Person durchgeführt wird, die dazu qualifiziert ist und die in den Technischen Regeln (TRBS 1203) definierten Anforderungen erfüllt.

Ohne entsprechendes Know-how und Erfahrung kann es zu fehlerhaften Kennzeichnungen oder Messprotokollen kommen, vor allem dann, wenn bei der Erstprüfung nicht angegeben wurde, auf welche gefahrbringende Bewegung der Maschine sich eine Messung bezieht.

Qualifiziertes Personal oder externe Expertise?

Auch ein nicht einheitliches Vorgehen bei der Sichtbarmachung der Prüf- und Messergebnisse beispielsweise durch Protokolle, Hinweisschilder, Aufkleber et cetera kann Fragen aufwerfen, Mängel verdecken und Unfälle zur Folge haben.

Unter Umständen lohnt es jedoch nicht, eigenes Personal für die Prüfaufgaben zu qualifizieren, weil mitunter zeitaufwändig ist und zusätzliche Personalkosten verursacht. In diesen Fällen bieten sich zwei Lösungen an: Entweder sie beauftragen den jeweiligen BWS-Hersteller mit der Prüfung. Oder sie greifen auf spezialisierte, unabhängige Prüfgesellschaften wie TÜV Süd zurück.

Diese prüfen die BWS dann wiederkehrend. Dabei muss unter anderem kontrolliert werden, ob die BWS noch fest und sicher montiert ist, ob sie eventuell verändert, neu parametriert oder manipuliert wurde und ob die Systemeinstellungen möglicherweise den reibungslosen Arbeitsablauf stören oder beeinträchtigen könnte.

Darüber hinaus muss mittels einer kalibrierten Nachlaufmessung die Zeit ermittelt werden, welche die Maschine benötigt, um den sicheren Zustand (=Stillstand) zu erreichen, nachdem die BWS ausgelöst und den Maschinenstopp veranlasst hat.

Weichen die Messergebnisse von den Herstellerangaben ab, ist zu ermitteln, ob der vorhandene Sicherheitsabstand bei maximaler Nachlaufzeit ausreichen würde, um das Bedienpersonal zu schützen. Ist das nicht der Fall, muss der Betreiber eine neue Gefährdungsbeurteilung erstellen und andere, wirksame Sicherheitsmaßnahmen veranlassen.

Darüber hinaus muss stets geprüft werden, ob

  • es eine Wiederanlaufsperre gibt, solange sich eine Person im Gefahrenbereich hinter der BWS befindet

  • der Gefahrenbereich aus einer von der BWS nicht abgesicherten Richtung zugänglich ist

  • der berechnete Sicherheitsabstand auch bei maximaler Nachlaufzeit der Maschine ausreicht

BWS-Prüfung in der Praxis

Ein spezieller Fall ist zudem die Prüfung von BWS mit Muting-Funktion: Müssen zum Beispiel immer wieder Waren in einen Sicherheitsbereich hinein oder aus ihm heraus transportiert werden, wird die Sicherheitsfunktion per Muting-Funktion vorübergehend außer Kraft gesetzt.

Für eine wiederkehrende Prüfung bedeutet dies, dass dieser Betriebsmodus ebenfalls getestet werden muss. Zu beachten ist insbesondere auch, dass bei die Stummschaltung beim normalen Funktionstest nicht aktiviert sein darf.

Und auch die Prüfung von BWS bei fahrerlosen Transportsystemen ist bisweilen eine Herausforderung: Die BWS müssen hierbei zuverlässig Personen und Gegenstände im Fahrweg erkennen und sicher bremsen.

Wichtig ist daher, den Nachlaufweg zu ermitteln. Allerdings hängt dieser auch von den Umgebungsbedingungen, zum Beispiel der Beschaffenheit des Untergrunds, und der Beladung, zum Beispiel Höhe des Schwerpunkts, ab.

Schließlich ist auch die Prüfung von BWS bei Förderbändern zu absolvieren: Aufgrund der Bewegung der transportierten Produkte entstehen meist zusätzliche Gefährdungssituationen, weil die Transportgüter verrutschen können. Je nach Bewegung und Gewicht des Transportgutes ergeben sich oft auch unterschiedliche Messwerte in der Nachlaufzeit bis zum Erreichen des sicheren Zustands.

Zudem muss sichergestellt sein, dass auch Gefahrenbereiche an drehenden Teilen wie zum Beispiel Rollen zuverlässig von der BWS erfasst und gesichert werden.

Fazit

Hersteller müssen garantieren können, dass ihre BWS verlässlich und reibungslos funktionieren, die Systeme korrekt ausgelegt sind und Konstruktionsnormen eingehalten wurden. Betreiber sollten sich die ordnungsgemäße Installation und Inbetriebnahme bestätigen lassen.

Anschließend sind sie dann für den sicheren Betrieb und damit auch für die regelmäßigen und die wiederkehrenden Prüfungen verantwortlich. Diese Aufgabe können sie bei Bedarf an qualifizierte Dienstleister übertragen. Unabhängige Dritte wie TÜV Süd unterstützen bei allen Fragen rund um Prüfungen und Funktionstests zur Maschinensicherheit.

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