Prof. Dr. Thomas Prefi, Umlaut Paradigmenwechsel in der Produktion

Prof. Dr. Thomas Prefi wurde 1964 in Aachen geboren. Von 1984 - 1990 studierte er Maschinenbau an der RWTH Aachen, wo er 1995 am IPT promovierte und 2002 am WZL habilitierte. Seit 1996 ist er Gründer und war Geschäftsführer der P3 Group und weiterer P3-Konzernunternehmen. Seit 2008 ist er außerplanmäßiger Professor am WZL – Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement der Fakultät für Maschinenwesen an der RWTH Aachen. Seit der Umbenennung der P3 Group zu Umlaut 2019 ist er Mitglied des Aufsichtsrats. Seit 2021 ist Umlaut part of Accenture.

Bild: Umlaut
26.10.2022

Fast alles, was uns umgibt, ist auf die eine oder andere Weise montiert worden. Eine mehr oder weniger automatisierte Montage ist für viele Unternehmen der Kern der Wertschöpfung. Flexibilität im Montagesystem ist notwendig, um auf Marktveränderungen zu reagieren und um geringere Stückzahlen automatisiert und wirtschaftlich produzieren zu können. Dabei ist Flexibilität im System zwar teuer, auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie teuer es ist, unflexibel einen volatilen Markt zu bedienen? Wie sieht die Montage von Morgen aus? Automation of Automation ist das Endgame!

Nach der starren Automatisierung der Vergangenheit ist die Automatisierung der Produktion flexibler geworden. Der Automatisierungsgrad steigt zwar weiter – aber nicht mehr in dem Ausmaß verglichen mit der Anfangszeit. Die technischen Zutaten sind nun da – wir stehen vor dem Durchbruch der autonomen Produktionssysteme.

Autonomie bedeutet quasi intelligentes Handeln im Produktionssystem nach dem Schema Sense – Compute – Act. Die Zutaten hierzu sind Echtzeitkommunikation zum Beispiel mit 5G, leistungsstarke Rechner- und Softwarearchitekturen mit digitalen Zwillingen, einem virtuellen Abbild eines realen Systems basierend auf massivem Sensoreneinsatz sowie maschinellem Lernen.

Ging der Einrichter in den Anfängen der Automatisierung noch mit dem USB-Stick von Roboter zu Roboter, um ein neues Programm aufzuspielen, erkennen die Systeme heute Abweichungen zwischen Programmiertem und Realität und reagieren darauf. Ein weiterer Schritt wäre wiederum das beispielorientierte Lernen: Hier macht es der Mensch physisch etwas vor, der Roboter vollzieht dies nach. Der Schritt zur Autonomie basiert auf Software. Software bildet den Kern von intelligenten Maschinen und Systemen.

Sinnvoll wäre es, Software hierfür durch maschinelles Lernen zu generieren: Auf Basis der Simulation entsteht im digitalen Zwilling die Programmierung, mit der der Roboter dann selbständig arbeiten kann. Das ist, was wir Automation of Automation nennen. Für die Praxis ist das Zukunftsmusik – hier befinden wir uns noch in der Forschung und Entwicklung.

Heute ist das Layout eines Produktionssystems meist fest und unflexibel. Der Materialfluss folgt dem Leitdraht des fahrerlosen Transportsystems. Im nächsten Schritt wird der Materialfluss frei programmierbar flexibel und dann autonom. Angefahren werden hochflexible Zellen zur automatisierten Montage. Hier ist der Trend zu mobilen Maschinen erkennbar, die nicht mehr fest mit dem Boden verbunden sind. Das Endgame ist ein Produktionssystem, das sich für die anstehende Aufgabe selbst konfiguriert, entlang des über Nacht gerechneten digitalen Zwillings „morgens zu Arbeit fährt“ und sich nach getaner Arbeit „selbst wieder wegräumt“.

Manche nennen das die „Dark Factory“, weil man in einer Produktion ohne Menschen wohl das Licht nicht mehr einschalten müsste. Ist diese Vision richtig? Wir glauben nicht! Der Mensch wird über Virtual und Augmented Reality in ein kooperatives System eingebunden, denn nach wie vor bleibt der Mensch das agilste Element eines Produktionssystems! Allerdings ändern sich die Anforderungen dramatisch.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Zutaten für die autonome Montage stehen uns heute zur Verfügung und sind auf dem Sprung in die Praxis. Maschinen werden immer intelligenter und können zukünftig mit 5G und Edge-Computing autonom arbeiten. Noch ist der deutsche Maschinenbau, der Mittelstand besonders, zu schwach bezüglich der softwarebasierten Arbeit aufgestellt. Diese Lücke muss unbedingt geschlossen werden.

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