Anlagenbau & Betrieb Klare Signale in der Wüste

Turck – Hans Turck GmbH & Co. KG



21.02.2012

Glühende Sonne, eiskalte Nächte und immer wieder Sand - der Revamp des Düngemittelkomplexes von Abu Qir II in Alexandria forderte Mensch und Material. Doch die Umstellung auf Foundation-Fieldbus mit Diagnosefunktion bildet heute die Basis für mehr Transparenz über ein anlagenweites Asset-Management-System.

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Die Abu Qir Fertilizers and Chemical Industries Company (AFC) in Alexandria zählt zu den führenden Herstellern von stickstoffhaltigen Düngemitteln in Ägypten, Afrika und dem mittleren Osten. Das börsennotierte Unternehmen mit seinen mehr als 3.300 Mitarbeitern setzt bei Herstellung und Qualitätsmanagement auf internationale Standards wie beispielsweise ISO 9001/2000. Um eine umweltgerechte und effiziente Produktion nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik zu gewährleisten, werden die Anlagen in Alexandria kontinuierlich erweitert und optimiert. Der Einsatz von modernen Automatisierungslösungen für Ammoniakanlagen erlangt auf Grund von Produktionssteigerungen und Energieeinsparungen einen zunehmend höheren Stellenwert in der Düngemittelindustrie. „Mit dem Abu-Quir-Revamp-Projekt wird erstmalig eine existierende Düngemittelanlage dieser Dimension im nordafrikanischen Raum auf eine hochmoderne Automatisierungslösung umgestellt“, sagt Dr. Bernd Jordan, Head of Electrical and Instrumentation bei Uhde Services. Der Serviceanbieter entwickelt weltweit individuelle Konzepte zur Modernisierung und Produktionssteigerung für größere Effizienz von Industrieanlagen.

Erhöhte Sicherheit bei 85 Prozent Luftfeuchte

Aufgrund der geografischen Lage des Düngemittelkomplexes müssen sowohl die Foundation-Fieldbus (FF)-Verkabelung als auch die FF-Systemkomponenten besonders hohen Anforderungen genügen: Die Umgebungstemperaturen liegen in der Regel zwischen 3 und 45°C und die Oberflächentemperatur kann bei direkter Sonneneinstrahlung bis zu 75°C erreichen. In diesem Fall schützt ein pulverbeschichtetes Aluminium-Druckguss-Gehäuse mit Klimastutzen vor Kondensat im Behälter, das sich durch die extremen Temperaturschwankungen vom Tag in die Nacht bildet. Über den einzelnen Gehäusen ist ein separater Sonnenschutz angebracht. Durch die relative Luftfeuchte von rund 85 Prozent sowie die chemische und mechanische Beanspruchung durch Harnstoff, Ammoniumnitrat, Staub und den immer wieder aufkommenden Sand mussten die Verteilerbausteine in einem zusätzlichen Schutzgehäuse untergebracht werden, um eine erhöhte Sicherheitsstufe gewährleisten zu können.

Das Revamp-Projekt lässt sich in zwei wesentliche Umschlussphasen gliedern: FF-Loops für Messungen und Prozessregelungen sowie ESD-Loops für sicherheitsrelevante (Fail Safe) Anlagenüberwachungen. Insgesamt mussten 350 Ex-Geräte und 1.050 Nicht-Ex-Geräte über Foundation-Fieldbus angeschlossen werden, aufgeteilt in 220 Segmente - jeweils 60 in der Ammoniakanlage, der Salpetersäureanlage und der Betriebsmittelversorgung sowie weitere 40 für die Visualisierung.

Bei der Suche nach einem geeigneten Lösungspartner für die FF-Installation in Abu Qir konnte der Sensor-, Feldbus- und Interfacespezialist Turck den Generalauftragnehmer Uhde Services ebenso überzeugen wie den Betreiber der Anlage. „Das umfangreiche Foundation-Fieldbus-Portfolio und die detaillierten Diagnosefunktionalitäten machten die neue FF-Installation erst wirklich effizient“, kommentiert Markus Mahland, Project Engineer E&IC Engineering bei Uhde Services, die Entscheidung für das Mülheimer Familienunternehmen.

Um die 220 Segmente zu versorgen und zu überwachen, hat Turck insgesamt 60 Diagnostic-Power-Conditioner-Systeme ausgewählt, die nach gemeinsamer Planung von Uhde Services, Honeywell Process Solutions und Turck in Schaltschränken vorkonfiguriert angeliefert wurden. Die DPC-Systeme versorgen FF-H1-Segmente mit Strom und bieten umfassende Diagnosemöglichkeiten zu deren Überwachung, was ein anlagenweites Asset Management ermöglicht. Schon die Inbetriebnahme einer Feldbusanlage wird vom DPC-System unterstützt. Im Betrieb kann die Lösung dann sogar schleichende Veränderungen innerhalb der einzelnen Feldbussegmente über einen langen Zeitraum aufdecken und mit entsprechender Alarmierung Störungen oder Ausfällen vorbeugen.Ein DPC-System speist primär bis zu 16 Segmente redundant mit bis zu 800mA Ausgangsstrom und 30VDC Ausgangsspannung. Es besteht aus einem oder mehreren Modulträgern mit jeweils bis zu acht Stromversorgungsmodulen vom Typ DPC-49-IPS1 und einem Diagnosemodul. Pro Modulträger lassen sich bis zu vier H1-Segmente redundant betreiben und überwachen. Die Diagnosedaten aus diesen H1-Segmenten können über ein FF-HSE-Feldgerät DPC-49-HSEFD/24VDC an die übergeordnete Asset-Management-Applikation - in diesem Fall wird das Experion PKS von Honeywell eingesetzt - übertragen werden.

32 Feldgeräte pro Segment dank Multibarrieren

Für die sichere Verbindung zwischen Feldgeräten und DPC-Systemen sorgen in Abu Qir insgesamt 165 JBBS-Verteilerbausteine (Junction Boxes) und 110 Multibarrieren von Turck. Die achtkanaligen Verteilerbausteine JBBS-49SC-T815 sind mit einer einstellbaren Kurzschlussbegrenzung (30, 35, 45 und 60mA) ausgestattet. Über zwei Schalter auf der Platine lassen sich bei Bedarf die gängigen Schirmungskonzepte realisieren und ein Abschlusswiderstand für den Bus zuschalten. Das Gehäuse ist in der Schutzart IP67 ausgeführt. Um den aggressiven Umgebungsbedingungen vor Ort zu trotzen, hat Turck die Junction-Boxes trotz der hohen Schutzart in zusätzlichen Schutzgehäusen untergebracht. Für den Einsatz in Ex-Zone 1 werden die Multibarrieren MBD49-T415/Ex eingesetzt. Die Geräte erhöhen die maximale Zahl der Feldbusteilnehmer pro Segment bis auf 32 Feldgeräte. Erreicht wird diese größere Teilnehmeranzahl durch eine Feldbuseinspeisung in erhöhter Sicherheit, die von Multibarriere zu Multibarriere durchgeschleift werden kann. Mit jeweils vier eigensicheren und galvanisch getrennten Ausgängen werden die Feldbusteilnehmer in Zone 0 und 1 versorgt. Die allseitig galvanische Trennung besteht dabei sowohl zwischen der Haupt-Busleitung (Trunk-Line) und den Ausgangskreisen als auch zwischen den vier Ausgangskreisen untereinander. Für den Anwender hat der Einsatz der Multibarrieren klare Kostenvorteile: Da alle Feldgeräte an einem einzelnen Feldbussegment im Ex-Bereich betrieben werden können, entfallen die Kosten für einen zusätzlichen Buskoppler beziehungsweise eine neue Segmentkarte sowie deren Integration und Parametrierung. Ein zusätzliches Stammkabel und Verdrahtungsmaterial werden ebenfalls eingespart. Die Spannungsversorgung der Multibarriere erfolgt über den Bus, eine separate Zuleitung ist nicht erforderlich.Trotz des Komplettpakets von Turck, zu dem auch über 200 Kilometer Feldbusleitungen zählten, mussten in der Startphase des Projekts einige Hindernisse überwunden werden. „Dass es bei einem Revamp in dieser Größenordnung hier und da einmal hakt, lässt sich gar nicht vermeiden“, äußert Jordan. Letztendlich konnten die ersten zwei Umschlussphasen zeitgerecht zur Zufriedenheit des Betreibers abgeschlossen werden, sodass AFC heute eine der modernsten und effizientesten Düngemittelanlagen weltweit betreibt.

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