Fein justiertes Einstellen der Halbleiter-Eigenschaften Neue Einblicke in Quantenpunkte

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Das nicht Gleichgewicht muss so lange gehalten werden, dass es gemessen werden kann.

19.01.2018

Kleine Inseln in Halbleitern, in die sich einzelne Elektronen einsperren lassen, könnten eines Tages die Informationseinheiten in Quantencomputern bilden.

Elektronen besetzen bestimmte Energieniveaus

Quantenpunkte sind rund zehn Nanometer groß. Aufgrund ihrer geringen Ausdehnung ist die Bewegung der Elektronen im Inneren räumlich stark eingeschränkt. Dadurch kann die Energie in einem Quantenpunkt nicht kontinuierliche Werte haben; stattdessen nehmen die Elektronen nur ganz bestimmte Energieniveaus ein – ähnlich wie in Atomen, in denen die Elektronen bestimmte Schalen besetzen.

Normalerweise befindet sich ein Quantenpunkt im thermodynamischen Gleichgewicht; das heißt, die enthaltenen Elektronen besetzen die verfügbaren Energiezustände nacheinander vom niedrigsten zum höchsten.

Mithilfe der sogenannten Kapazitäts-Spannungs-Spektroskopie lassen sich diese Energieniveaus messen. Zustände im Nichtgleichgewicht – in denen die Elektronen also die normalen Regeln für die Besetzung der Energieniveaus nicht befolgen – konnten mit dieser Methode bislang nicht detektiert werden. „Nichtgleichgewichtsprozesse sind für das Maßschneidern von Materialien für bestimmte technische Anwendungen sehr nützlich“, erklärt Andreas Wieck, Koautor und Leiter des Lehrstuhls für Angewandte Festkörperphysik. „Sie können aber auch fatal sein. Daher sind Kenntnisse über die Erzeugung und Kontrolle dieser Prozesse wichtig.“

Paare aus Elektronen und Elektronenlöchern erzeugt

Entscheidend war, die instabilen Nichtgleichgewichtszustände lang genug am Leben zu halten, um sie messen zu können. Für ihre Versuche stellten die Forscher Quantenpunkte in einem Halbleiter mit fein justierten Materialeigenschaften her. In den Quantenpunkten erzeugten sie Paare aus Elektronen und Löchern, wobei Letztere durch das gezielte Entfernen einzelner Elektronen entstehen und im Festkörper als Antiteilchen der Elektronen angesehen werden können. Treffen Elektron und Loch aufeinander, löschen sie sich gegenseitig aus. Die dabei frei werdende Energie wird in Form eines Photons, also eines einzelnes Lichtteilchens, abgestrahlt.

Das umgekehrte Phänomen nutzten die Forscher für die Herstellung der Elektronen-Loch-Paare: Sie bestrahlten den Quantenpunkt mit Licht, was im Inneren Elektronen und Löcher entstehen ließ.

Nichtgleichgewichtszustände vermessen und im Modell beschrieben

Die Materialstruktur der Quantenpunkte und ihrer Umgebung hatten die Physiker so maßgeschneidert, dass sie mit den Elektronenlöchern nun gezielt einzelne Elektronen auslöschen konnten. Dabei blieben Elektronen im Nichtgleichgewichtszustand übrig, also solche Elektronen, die untypische Energieniveaus besetzen. Diese Zustände vermaß das Team mit der Kapazitäts-Spannungs-Spektroskopie. Ergänzend zu den Experimenten erstellten die Wissenschaftler ein Modell, das die Messungen der Nichtgleichgewichtszustände theoretisch beschreibt.

„Die experimentellen Ergebnisse als Nichtgleichgewichtsphänomene zu interpretieren lag auf der Hand“, sagt der Bochumer Erstautor Sascha Valentin. „Ein physikalisches Modell zu entwickeln bedeutete allerdings größere Klimmzüge, die nur mithilfe unserer theoretisch arbeitenden Kollegen zu bewältigen waren.“

„Überraschenderweise haben wir dabei auch herausgefunden, dass ein etabliertes Modell, welches die Dynamik der Vermessung von Gleichgewichtsprozessen beschreibt, korrigiert werden muss“, ergänzt Arne Ludwig.

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