Polypropylen-Gewinnung Neuartiges Lösungsmittel ermöglicht Teppich-Recycling

Aus diesen zerkleinerten Teppichabfällen lässt sich mithilfe eines ionischem Liquids qualitativ hochwertiges Polypropylen gewinnen.

Bild: Isoprep
14.06.2021

Teppichabfälle bestehen zu großen Teilen aus erdölbasiertem Polypropylen. Bislang sind sie jedoch nicht recycelbar, sie werden verbrannt oder deponiert. Mit einem neuartigen Lösungsmittel lässt sich der Kunststoff nun zurückgewinnen – ohne merkliche Qualitätseinbußen.

Etwa 1,6 Millionen Tonnen Teppichabfälle fallen jährlich in der EU an. Der Großteil davon wird deponiert oder verbrannt: Denn Teppiche gehören zu den Verbundwerkstoffen, bei denen rein mechanisches Recycling wenig effizient ist.

Im Projekt „Isoprep“ ist deshalb ein Verfahren entwickelt worden, mit dem sich Polypropylen aus Teppichabfällen recyceln lässt. „Mit dem Recycling-Verfahren lässt sich erstmals Polypropylen aus Teppichabfällen zurückgewinnen – und zwar in Primärqualität“, sagt Maike Illner, Wissenschaftlerin am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP. Es kann somit nicht nur für minderwertigere Produkte, sprich zum Downcycling verwendet werden, sondern kommt mit seiner Qualität an neu hergestelltes Polypropylen heran.

Pilotanlage bereits geplant

Basis für das Verfahren ist ein besonderes Lösungsmittel, genauer gesagt ein ionisches Liquid. Besteht dieses aus den passenden Komponenten, löst es selektiv Polypropylen aus Teppichfasern heraus. Zuvor müssen die Abfälle aber gereinigt werden. Dabei trennen die Forscher unter anderem möglichst viel des Teppichrückens ab und zerkleinern es.

Die vorbehandelten Teppichabfälle kommen dann in einen Reaktor, in dem sie mit dem Lösungsmittel behandelt werden. Auf diese Weise löst sich das Polypropylen selektiv im Lösungsmittel, was für ein effektives Abtrennen von Farbstoffen und anderen Additiven sorgt.

Im größeren Labormaßstab mit mehreren Litern funktioniert das Verfahren bereits. Nun arbeitet das Konsortium daran, den Prozess auf eine Pilotanlage zu übertragen: Eine Tonne Teppichabfälle soll diese pro Tag recyclen können. Geplant ist, dass die Anlage zum Projektende im März 2022 in Betrieb geht.

Ökonomie und Ökologie analysiert

Doch ein Recyclingverfahren kommt nur dann zu großtechnischem Einsatz, wenn es kostenmäßig konkurrenzfähig ist. Das heißt in diesem Fall: Das recht teure ionische Liquid muss möglichst vollständig im Kreislauf geführt werden.

„Liegen die Verlustraten bei einem Prozent oder darunter, hat der Prozess das Potenzial, hinsichtlich der Kosten mit der Neuherstellung von Polypropylen zu konkurrieren“, fasst Illner zusammen. „Das zeigt eine vorläufige ökonomische Analyse, die wir am Fraunhofer IBP durchgeführt haben.“ Dazu untersuchten die Forscher, welche Mengen an Material und Energie für den Prozess benötigt werden sowie was als Produkt wieder herauskommt, und errechneten die entsprechenden Kosten. Sie berücksichtigten zudem, wie sich die Kosten langfristig entwickeln könnten.

Im Fokus steht aber vor allem die Ökologie des Verfahrens. Aufschluss darüber gibt unter anderem eine Lebenszyklusbetrachtung: Welche Emissionen entstehen beispielsweise beim Recyclingprozess? Und auch hier gilt wieder: Erreicht das Konsortium sein Ziel, die Verlustraten des Lösungsmittels auf ein Prozent und weniger zu senken, liegen Primärenergiebedarf und Treibhausgasemissionen in einer ähnlichen Größenordnung wie die der Neuherstellung.

Auf andere Abfallströme übertragbar

Zwar stehen Teppichabfälle im Blickpunkt des Projekts, doch die Fraunhofer-Experten gehen davon aus, dass es sich auch auf eine Vielzahl anderer Polypropylen-Abfallströme übertragen lässt. „Ein Beispiel sind Polypropylen-Produkte, die Farbstoffe und Additive enthalten“, konkretisiert Illner. „Bislang ist es schwierig, diese aus dem Kunststoff herauszulösen, sodass sich das recycelte Polypropylen nur für einen minderwertigeren Einsatz verwenden lässt.“

Mit dem neuen Verfahren lässt sich das Polypropylen demnach nicht nur von anderen Materialien trennen. Auch ein Abscheiden von zugesetzten Farbstoffen und Additiven und somit eine hochwertige Anwendung sind möglich.

Bildergalerie

  • Das hochreine Polypropylen aus dem „Isoprep“-Prozess kommt an die Beschaffenheit von neu hergestelltem Produkt heran.

    Das hochreine Polypropylen aus dem „Isoprep“-Prozess kommt an die Beschaffenheit von neu hergestelltem Produkt heran.

    Bild: Isoprep

  • „Isoprep“ wird mit Mitteln aus dem europäischen Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizon 2020“ gefördert.

    „Isoprep“ wird mit Mitteln aus dem europäischen Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizon 2020“ gefördert.

    Bild: Isoprep

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