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Intelligente Baukastensysteme Modularisierung im Anlagenbau

Komponenten sollen im Anlagenbau vielfältig kombiniert werden können wie Legosteine.

Bild: iStock, nitimongkolchai
24.04.2017

Kundenwünsche mit Einzellösungen zu erfüllen stand lange im Fokus vieler Anlagenbauer. Heute liegt der Fokus auf intelligenten und modularen Systemen, die einen kundespezifischen Anlagenbau ermöglichen und durch ihre Flexibilität und Lernfähigkeit eine Anzahl beliebiger Komponenten zu einer betriebssicheren Anlage kombinieren – ohne den Kundennutzen zu reduzieren.

Was bei einem Serienprodukt wie einem Automobil einfach ist, wird bei komplexen kundenspezifischen Anlagen – mit Stückzahl eins – schwierig und aufwendig: ein modularer Aufbau. In den letzten Jahren ist in vielen Bereichen des Anlagenbaus eine steigende Produktkomplexität und Variantenvielfalt zu beobachten. Und auch der Wandel der Märkte vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt führt im Anlagenbau zu differenzierten Kundenansprüchen und immer spezifischeren Produkten und Lösungen.

Vor diesem Hintergrund, beginnen viele Unternehmen der Branche ihre einzelnen Produkte oder Komponenten in modularisierte Baukästen zu strukturieren. Die Möglichkeiten durch diese Modularisierungsstrategien Kosten und Aufwand zu reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit auszubauen sind bemerkenswert. Günstigere Herstellungskosten, kürzere Lieferzeiten oder die steigende Flexibilität sind nur einige der Vorteile.

Im Laufe der Jahre hat die Firma Derichs ein modulares Baukastensystem entwickelt, das konsequent objektorientiert und modular aufgebaut ist und die Anforderungen an ein intelligentes und zukunftsorientiertes Baukastensystem erfüllt.

Definierte Struktur

Bereits beim Entwurf des Fließbildes werden alle Teile der Anlage eindeutig bezeichnet und in eine definierte Struktur eingebaut. Somit ist von Anfang an klar, was wo zu finden ist. Für eine komplette Anlage ergibt sich aus dieser definierten Struktur ein Aufbau, der in Teilanlagen, Baugruppen und Komponenten unterteilt ist:

  • Teilanlagen ermöglichen es, komplexere Abläufe zu realisieren. Mehrere Baugruppen werden zu einem System kombiniert, das gestartet oder gestoppt werden kann und mit anderen Teilanlagen kommuniziert.

  • Baugruppen bestehen aus einer oder mehreren Komponenten und einer definierten lokalen Funktionalität. Bewährte Kombinationen können so wiederholt werden oder mit geringfügigen Anpassungen bestmöglich auf die Bedürfnisse adaptiert werden.

  • Komponenten bilden die kleinste unveränderbare Einheit. Die Haupteigenschaften einer Komponente sind festgeschrieben. Dadurch kann eine Dokumentation oder Bedienungsanleitung vorbereitet bereitliegen. Soll eine Variante erstellt werden, die sich in maßgeblichen Bereichen unterscheidet (Stückliste, Funktionsablauf), so ist eine neue Komponente anzulegen. Derzeit sind etwa 500 Komponenten definiert, die als Varianten von ungefähr 20 Basiskomponenten entstanden sind.

Zum Tragen kommen die Vorteile eines solchen Systems bei der weiteren Bearbeitung. Teilanlagen, Baugruppen und Komponenten finden sich in allen Systemen wieder: im Fließbild als Symbol, im Stromlaufplan, im ERP-System als Stückliste, in der Anlagensteuerung als Programm- und Datenbaustein, in der Anlagenvisualisierung als Grafik, in der Anlagensimulation als Simulationsmakro, im Störmeldesystem und in der Dokumentation als (Teil-)Bedienungsanleitung. Erfahrungen und Verbesserungen werden in einem lernenden System auf die Objekte übertragen und sorgen so für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Mit Hilfe von Makros und Generatoren können im Handumdrehen Gerätelisten, E/A-Listen, Stromlaufpläne, ein Simulationsprogramm, ein strukturiertes Step7-Programm, Variablenlisten für WinCC sowie Stör- und Betriebsmeldungen erzeugt und fehlerfrei verschaltet werden.

Die Anlagenteile besitzen in der Steuerung eine gewisse eigene Funktion und kommunizieren mit anderen Modulen über genormte Schnittstellen. Diese Schnittstellen zwischen den verschiedenen Programmen und Tools sind definiert und werden automatisiert bedient. Der Programmierer kann sich ganz auf den eigentlichen Ablauf der Anlage konzentrieren. Der Betrieb, Umbau oder Erweiterung sind einfach möglich und können nahtlos in den Bestand eingefügt werden. Es entsteht eine variable zukunftsfähige Produktionsanlage.

Einfache Dokumentation

Aufgrund der durchgängigen Struktur in allen Dokumenten ist ein sehr schnelles, intuitives Auffinden aller gewünschten Informationen möglich. Zur Inbetriebnahme und Dokumentation hat sich eine strukturierte Darstellung der Gesamtanlage in Tabellenform sowie eine Komponentenliste mit Verwendungsnachweis bewährt. Die meisten Dokumente können in Form von intelligenten PDFs bereitgestellt werden, was eine schlanke und schnelle Dokumentation ermöglicht.

Herausforderungen der Baukastengestaltung

Neben einer konzeptionellen Planung und Umsetzung der Modularisierung ist die Schaffung von Akzeptanz und Verständnis für das Baukastensystem von großer Bedeutung. Eine einführende und umfassende Analyse bezüglich der Realisierung, Aufwand und Nutzen des geplanten Modularisierungsprozesses bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Implementierung.

Zusätzlich bedeutet eine Implementierung eines Baukastensystems auch strukturelle Veränderungen im Unternehmen. So muss sich beispielsweise der Vertrieb mit dem neuen System und den Konfigurationen vertraut machen und sich mit diesem System identifizieren.

Das letztendliche Ziel eines intelligenten Baukastensystems ist, dass ein Kundenauftrag von der Planung bis zur Realisierung effizient durch das Unternehmen gesteuert werden kann.

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  • Simulation und Softwaretest für eine Anlage.

    Simulation und Softwaretest für eine Anlage.

    Bild: Derichs

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