Lebensdauer von Ableitern Mit dem Alter bröckelt der Schutz

ABB AG

Bild: iStock, majo1122331; ABB
23.05.2016

Typ-2-Überspannungsableiter werden beim Blitzschutz oft nicht ausreichend beachtet. Erreichen sie das Ende ihrer Lebensdauer und üben deshalb ihre Schutzfunktion nicht mehr vollständig aus, können die Folgen für Anlagen und Installationen gravierend sein. Diese lassen sich verhindern, wenn man die maximale Lebensdauer der Ableiter im Blick behält.

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Trifft ein Blitz eine Anlage oder ein Niederspannungsnetz, hat das oft weitreichende Folgen. Blitzeinschläge verursachen in Industrieanlagen und privaten Haushalten hohe Störspannungen. Durch das Leitungsnetz werden diese Überspannungen übertragen und können dann empfindliche Endgeräte schädigen oder zerstören. Beim Aufbau eines Potenzialausgleichssystems für eine Blitzschutzanlage erfahren deshalb die äußere Blitzschutzanlage und das Erdungssystem besondere Beachtung. Auch in die Auswahl der Typ-1-Überspannungsableiter für die Hauptverteilung wird in der Regel viel Zeit investiert. Die darauf folgenden Schutzstufen erfahren meist weniger Aufmerksamkeit. Das trifft besonders auf die Typ-2-Überspannungsableiter zu, die in den Unterverteilungen installiert sind. In der Regel werden dafür nur Standardgeräte verwendet. Aufgrund ihrer Eigenschaften und technischen Daten ist es fahrlässig, sie zu vernachlässigen.

Auswahl von Ableitern

Maßgeblich für Typ-2-Überspannungsableiter ist in Deutschland die Norm VDE 0100 Teil 534. Sie nennt verschiedene Kriterien für die Auswahl von Überspannungsableitern. Dazu zählen der Schutzpegel Up, die dauernde Betriebsspannung Uc, die Festigkeit gegen zeitweilige Überspannungen, der Nennableitstoßstrom In, der Blitzstoßstrom Iimp, der zu erwartende Kurzschlussstrom und das Folgestromlöschvermögen. Weitere wichtige Auswahlkriterien sind oft noch Eigenschaften, die die Installation der Überspannungsableiter betreffen, wie Anschlusskontakte oder maximale Vorsicherung.

Fehlender Schutz, große Folgen

Kaum beachtet wird meistens die Lebensdauererwartung der Überspannungsableiter. Dabei gilt es gerade sie besonders zu berücksichtigen. Wenn ein Überspannungsschutzgerät an seinem Lebensdauerende angekommen ist, trennt es sich im besten Fall einfach vom Netz ab. Für die Anlage besteht dann kein Schutz gegen Überspannungen mehr. Ist die Anlage nicht mehr geschützt, können sowohl die Installation als auch die Endgeräte Schaden nehmen. Neben direkten Schäden, beispielsweise zerstörten oder beschädigten Installationen und Endgeräten wie PCs, Server und Steuerschränken, treten meistens auch indirekte Schäden auf. Darunter fallen unter anderem verlorene Kundendaten, ein abgetautes Kühlhaus oder der Ausfall der Produktion. Die Folgekosten können die direkten Kosten bei Weitem übersteigen.

Diesen hohen Kosten infolge eines defekten Überspannungsschutzgeräts und ungeeigneter Vorsicherung stehen meist deutlich geringere Kosten für den Austausch der defekten Geräte gegenüber. Sie bestehen lediglich aus den Kosten für die Anfahrt eines Servicetechnikers oder Elektroinstallateurs, das geplanten kurzzeitigen Abschalten der Anlage und den Austausch der Komponenten. Unterm Strich übersteigen im industriellen Bereich die Kosten für den Stillstand der Anlagen die Kosten für den Austausch häufig um ein Vielfaches.

Alterung eines Ableiters

Aus diesem Grund muss die Alterung eines Überspannungsableiters zwingend im Blick behalten werden. Seine zu erwartende Lebensdauer lässt sich nicht absolut angeben, zum Beispiel in Betriebsstunden. Dafür hängt die Lebensdauer zu stark von den Belastungen am Einbauort ab. Sie kann aber durch die Wahl des Ableitvermögens relativ beeinflusst werden. Das Ableitvermögen beschreibt den Wert der ableitbaren Stromspitzen im Überspannungsfall. Zwei Parameter, die bei der Produktprüfung des Geräts getestet werden, charakterisieren das Ableitvermögen eines Typ-2-Überspannungsableiters: das Nennableitvermögen In und der maximale Ableitstrom Imax.

Unter dem Nennableitvermögen versteht man eine Belastung, die ein Überspannungsableiter 15-mal sicher ableiten kann. Ein typischer Wert sind 20 kA (8/20). Die Angabe 8/20 bezieht sich auf den Prüfimpuls eines Typ-2-Überspannungsableiters. Die erste Zahl definiert die Anstiegszeit des Impulses. Bei einem Typ-2-Überspannungsableiter steigt der Impuls in 8 μs von 10 auf 90 Prozent des maximalen Stromwertes. Die zweite Zahl definiert die Rückenhalbwertszeit und damit die Länge des Impulses. Bei einem Typ-2-Überspannungsableiter fällt der Strom innerhalb von 20 μs vom maximalen Wert auf die Hälfte ab. Der maximale Ableitstrom definiert den höchstmöglichen Impulsstrom, den ein Typ-2-Überspannungsableiter einmal sicher ableiten kann, ohne defekt zu werden oder sich vom Netz abzutrennen. Ein typischer Wert sind hier 40 kA (8/20). Laborversuche haben gezeigt, dass die Anzahl der sicheren Ableitvorgänge bei geringeren Belastungen deutlich höher ist. Nimmt die Belastung am Einbauort ab, steigt die Anzahl der möglichen Ableitvorgänge exponentiell an. Reduziert sie sich für einen Überspannungsableiter mit einem maximalen Ableitvermögen von 40 kA beispielsweise von 20 kA auf 5 kA, steigt die Anzahl der möglichen Ableitvorgänge von 20 auf 200 an.

Norm und Wirklichkeit

Die Norm VDE 0100 Teil 534 fordert für eine Anlage mindestens einen Typ-2-Überspannungsableiter mit einem In von 5 kA (8/20). Die erwähnten Messergebnissen im Labor sprechen allerdings dafür, einen Überspannungsableiter mit einem höheren Ableitvermögen einzusetzen. Daher hat sich als Standard bei Typ 2-Überspannungsableitern mittlerweile die Kombination eines maximalen Ableitvermögens von 40 kA und eines Nennableitvermögens von 20 kA etabliert. Überspannungsableiter mit einem niedrigeren Ableitvermögen, etwa einem Imax von 20 kA und einem In von 5 kA, werden oft nur noch als zweite Schutzstufe hinter einem ersten Typ-2-Überspannungsableiter verwendet. Solche kombinierten Überspannungsableiter eignen sich auch als Feinschutz für empfindliche Elektronik nach einem ersten Typ-2-Überspannungsableiter.

Ausreichendes Ableitvermögen

Bei der Auswahl von Typ-2-Überspannungsableitern ist es sinnvoll, auch die Lebensdauer des Ableiters zu berücksichtigen. Das Augenmerk sollte hier besonders auf dem Ableitvermögen liegen, da dieses einen maßgeblichen Einfluss auf die Lebensdauer des Schutzgerätes hat. Überspannungsableiter mit einem niedrigeren Ableitvermögen als die standardmäßige Kombination aus In von 20 kA und Imax von 40 kA werden aus unterschiedlichen Gründen hergestellt. Als Überspannungsableiter in Haupt- oder Unterverteilungen sind solche Geräte nicht zu empfehlen, weil sie die Lebensdauer der elektrischen Anlage deutlich senken können.

Bildergalerie

  • Um Anlagen zu schützen, 
müssen die Überspannungs-
ableiter über ein ausreichendes Ableitvermögen verfügen.

    Um Anlagen zu schützen,
    müssen die Überspannungs-
    ableiter über ein ausreichendes Ableitvermögen verfügen.

    Bild: ABB

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