Röntgenstrahlen genauer steuern Mini-Teilchenbeschleuniger gegen gefährliches Jod

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Um Verengungen der Herzkranzgefäße sichtbar zu machen, sind Kontrastmittel nötig. Diese haben allerdings Nebenwirkungen. Wissenschaftler haben nun einen Weg gefunden, die Menge zu senken.

10.03.2017

Weniger Nebenwirkungen dank weniger Kontrastmittel: Forscher fanden eine unkonventionelle Methode, die Menge an Kontrastmitteln bei Herzuntersuchungen zu reduzieren.

Um Verengungen in den Herzkranzgefäßen sichtbar zu machen, kommt meist die Koronarangiographie zum Einsatz. Denn: Weichteile wie Organe oder Blutgefäße sind auf Röntgenbildern kaum zu erkennen. Um Veränderungen am Herzen aufzuspüren, wird daher zumeist ein Jod-haltiges Kontrastmittel gespritzt. Bei einigen Patienten können die verwendeten Kontrastmittel jedoch gesundheitliche Probleme hervorrufen.

„Speziell bei Patienten mit Niereninsuffizienz kann es zu Komplikationen bis hin zum Nierenversagen kommen“, erläutert Dr. Daniela Münzel, Privatdozentin und Oberärztin für Radiologie am Klinikum rechts der Isar der TUM. „Deshalb erforschen wir Möglichkeiten, um die Kontrastmittelgabe zu reduzieren.“

Präzise Röntgenstrahlen

Einen Ansatz dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie des Klinikums jetzt in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Biomedizinische Physik am Department Physik der TUM entwickelt. Die Methode basiert nicht auf neuen Kontrastmitteln, sondern auf besonderen Röntgenstrahlen. Diese lassen sich mithilfe der Munich Compact Light Source (MuCLS) erzeugen, dem weltweit ersten Mini-Synchrotron, das Ende 2015 an der TUM eingeweiht wurde.

„Während herkömmliche Röntgenquellen ein relativ breites Spektrum an Energien erzeugen, lässt sich die Energie der Röntgenstrahlen, die mit der MuCLS erzeugt werden, viel genauer steuern“, erläutert die Physikerin Elena Eggl.

Dicht an der Absorptionskante

Bei Kontrastmitteln wie Jod und Gadolinium gibt es eine sogenannte Absorptionskante. Das bedeutet: Wenn der Stoff mit Röntgenstrahlen einer bestimmten Wellenlänge bestrahlt wird, ist der Kontrast des markierten Organs auf der fertigen Aufnahme besonders gut. Bleibt man unter dieser Absorptionskante – bei Jod liegt sie bei etwa 30 Kiloelektronenvolt – ist der Kontrast bereits deutlich schwächer. Weit darüber wird er ebenfalls schwächer.

Daher muss bei herkömmlichen Röntgenquellen mit einem breiten Spektrum immer genug Kontrastmittel verwendet werden, damit dieser Effekt ausgeglichen wird und der Kontrast für eine Diagnose ausreicht. Die MuCLS kann Röntgenstrahlen erzeugen, die ausschließlich den benötigten Energiewert haben. Solch eine monoenergetische Röntgenstrahlung kann man schon länger erzeugen. Bisher waren dafür aber ringförmige Teilchenbeschleuniger mit einem Durchmesser von mehreren hundert Metern nötig. Die MuCLS hat dagegen ungefähr die Größe eines Autos.

Am Schweineherz getestet

Rechnerisch ließe sich mithilfe von monoenergetischer Röntgenstrahlung bei gleichbleibendem Kontrast die Jod-Dosis um knapp ein Drittel senken. Für Gadolinium läge der Wert sogar noch etwas höher. Bis tatsächlich Patienten mit monoenergetischer Röntgenstrahlung untersucht werden können, muss jedoch noch vieles erforscht werden.

Die MuCLS ist das erste Kompaktsynchrotron überhaupt. „Da stehen wir erst ganz am Anfang der Entwicklung“, sagt Elena Eggl. Zudem ist das Gerät auf Grundlagenforschung und nicht auf die Untersuchung von Menschen ausgerichtet. Dass die Methode grundsätzlich funktioniert, zeigten die Forscherinnen und Forscher anhand von detaillierten Computersimulationen und mithilfe eines Schweineherzens, dessen Gefäße sie mit Jod einfärbten.

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