Konventionelle Kraftwerke effizient betrieben Ein-Mühlen-Betrieb als Chance für die Fossilen

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13.06.2017

Seit der Energiewende bedienen Grundlast-Kradtwerke auch die schwankende Residuallast. Diese Aufgabe können sie im sogenannten Ein-Mühlen-Betrieb besser stemmen.

Mitte Januar 2017 stand das Land kurz vor einer Stromkrise. Am 24. des Monats wurden über 80 Gigawatt Strom benötigt, doch Windräder und Solaranlagen speisten nicht einmal drei Gigawatt ins Netz ein. Die konventionellen Kraftwerke waren an diesem Tag mehr denn je gefordert. Auch wenn Sonne und Wind den Strombedarf decken können, speisen sie nur fluktuierend ins Netz ein. Solange dies der Fall ist, müssen auch konventionelle Kraftwerke flexibel betrieben werden können. Das bedeutet, täglich mal mehr und mal weniger Strom zu produzieren und die Anlagen auch über längere Zeiträume in Teillast zu fahren. Wenn die Anlagen im unteren Bereich gefahren werden, sorgt ein Stützfeuer aus Öl oder Gas für eine Mindestfeuerungswärmeleistung im Bereich von etwa 30 bis 40 Prozent. Dann wird die erste Kohlemühle und in der Folge weitere Mühlen zugeschaltet. Erst nach Erreichen der definierten Feuerungswärmeleistung von etwa 30 bis 40 Prozent kann der Weiterbetrieb ausschließlich durch Kohle erfolgen, wobei die Stützfeuerung allmählich abgeschaltet werden kann. Bei neuen und moderneren Kraftwerken ist der alleinige Betrieb mit Kohle in der Regel auch nur durch den Einsatz mehrerer Mühlen möglich und wurde in der Betriebsleittechnik entsprechend hinterlegt.

Ein-Mühlen-Betrieb ohne Stützfeuer

Tests haben zwischenzeitlich gezeigt, dass der Betrieb einiger Kraftwerke unter bestimmten Voraussetzungen auch mit nur einer Mühle möglich ist. Die Mindestlast mit nur einer Mühle kann auf diese Weise sogar abgesenkt werden. Neuere Kraftwerke wurden ansatzweise für das Fahren im unteren Teillastbereich ausgelegt, wobei der alleinige Einmühlenbetrieb bisher nicht konsequent verfolgt wird. Da diese neuen Kraftwerke für eine hohe Leistung ausgelegt wurden, zeigt sich im untersten Lastpunkt das Problem, dass die Frischdampfparameter nicht mehr eingehalten werden können. Zudem ergeben sich auch größere Schieflagen in der Temperaturverteilung der einzelnen Stränge. Versuche zeigen, dass die Kohlemühe im unteren Lastpunkt stabil und sicher gefahren werden kann. Das heißt, die Flammensignale sind klar detektierbar. Ein mögliches Problem ergibt sich dadurch, dass die Mühle für einen bestimmten minimalen Füllstand an Mahlmaterial in der Mahlschüssel ausgelegt wurde und dieser Füllstand als Abschaltsignal funktioniert. Somit stellt sich die Frage, ob in Abhängigkeit der Kohlequalität eine mögliche Reduzierung dieser Füllhöhe möglich ist, ohne dass es zu erhöhtem Verschleiß der Mahlpendel kommt. Es kann auch zu einer Instabilität im Austrag des Mahlgutes in den Feuerraum kommen. Diese Sachverhalte müssen in einem Dialog zwischen Lieferanten und Betreibern erfolgen.

Ältere Anlagen können betriebstechnisch angepasst werden. Dabei zeigt sich: Im Vergleich zu neueren Anlagen wurden viele bestehende Anlagen verfahrenstechnisch und betriebstechnisch bestmöglich ausgelegt. Grund ist das Auslegungs- und Verfahrenskonzept mit entsprechenden Auslegungsreserven, um eine höhere Lastflexibiliät zu ermöglichen.

Gerade ältere Kraftwerke können also auf einen Ein-Mühlen-Betrieb ohne Stützfeuerung umgestellt werden und lassen sich im unteren Teillastbereich fahren – vorausgesetzt, sowohl der Feuerungsraum als auch das implementierte Feuerungssystem sind so ausgerichtet, dass die Feuerung, auch bei einer Teillast, stabil bleibt. Ein sicheres Zünden des eingebrachten Kohlestaubs muss problemlos möglich sein, auch dann, wenn eine zusätzliche Kohlemühle bei eventueller Laststeigerung zugeschaltet wird. Die Feuerungssignale lassen sich mittels Flammenwächter zuverlässig detektieren.

Wie der Ein-Mühlen-Betrieb ohne Stützfeuerung funktioniert, zeigt das Beispiel eines Großkraftwerks in Süddeutschland. 2015 wurde in einem Block der Ein-Mühlen-Betrieb eingeführt. Bis dahin wurden die Kohleblöcke bei Teillast im Zwei-Mühlen-Betrieb mit rund 30 Prozent der Volllast betrieben. Seit der Umstellung auf einen Ein-Mühlenbetrieb konnte die Mindestlast so weit abgesenkt werden, wie es prozesstechnisch überhaupt möglich ist. Die erreichte Dampfleistung liegt zwischen 15 und 20 Prozent.

Brenner mit Tangential-Eckenfeuerung

In diesem Fall reicht mittlerweile eine Mühle aus, weil der Feuerungsraum und das implementierte Feuerungssystem sowie die eingesetzte Kohle entsprechende Voraussetzungen mitbringen. So handelt es sich beim Dampferzeuger um ein klassisches Design mit Tangential-Eckenfeuerung und vier Schüsselmühlen. Die Feuerungswärmeleistung wurde ausgelegt auf 1140 Megawatt thermische Leistung bei Erzeugung einer elektrischen Leistung von 475 Megawatt. Zusätzlich wurde der Dampfleister mit einer Zwischenüberhitzung ausgelegt. Die Tangential-Eckenfeuerung erlaubt eine gute Feuerungsqualität während der gesamten Dampferzeugungsphase. Denn über die in den Ecken eingesetzten Strahlbrenner wird der Kohlestaub direkt horizontal in den Feuerraum eingeblasen und vermischt sich mit den dort eingebrachten Luftmengen. Die symmetrische Anordnung der Brennerdüsen in jeder der insgesamt vier Brennerebenen sorgt für eine gleichmäßige Wärmeverteilung über den Verdampferquerschnitt sowie für einen sehr guten Ausbrand. Ein derartiges Feuerungskonzept ermöglicht eine hohe Lastflexibilität bis in den unteren Regelbereich, denn die Wärme verteilt sich bestmöglich in der Brennkammer und den nachgeschalteten Heizflächen. Vereinfacht gesagt: die Brennkammer ist der eigentliche Brenner.

Im Ein-Mühlenbetrieb spielt die verwendete Kohle eine wesentliche Rolle. Abhängig von der Analyse des Brennstoffs wird die Menge an verbrennlichen Anteilen in der Flugasche beeinflusst. Der Ein-Mühlen-Betrieb kann also maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der Flug- beziehungsweise Nassasche haben. Dieses muss dann kontinuierlich beobachtet werden, um die vorgegebenen Werte unverbrennlicher Anteile in der Flugasche unter 5 Prozent einzuhalten.

Sicherheitstechnische Bewertung

TÜV Süd begleitete die Umstellung des Blocks mit Blick auf die Verfahrens- und die Sicherheitstechnik. Eine wichtige Größe spielte dabei das Feuerleitprogramm, da sich mit diesem das Einsatzregime der Kohlemühlen beeinflussen lässt und auf die jeweilige Feuerraumkonstruktion abgestimmt wird. Die Umstellung auf den Ein-Mühlenbetrieb ohne Stützfeuer bedeutet keine wesentliche Änderung in Bezug auf die Dampfkesselverordnung (DampfkV). Diese gilt für ältere Kraftwerksanlagen, die vor dem 1. Januar 2003 erstmalig in Betrieb genommen wurden. Im vorliegenden Fall behielt sie weiterhin ihre Gültigkeit und erforderte keine erneute Erlaubnis seitens der zuständigen Behörde. Außerdem erfordert der Ein-Mühlen-Betrieb keine Änderungen der implementierten Schutzfunktionen und das Kraftwerk wird weiter umweltschonend innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte betrieben.

Im Ein-Mühlenbetrieb ergibt sich eine höhere Betriebssicherheit der Feuerung. Grund dafür ist, dass die Anlage im Ein-Mühlenbetrieb in einem höheren Beladungszustand gefahren werden kann, als im Zwei-Mühlenbetrieb. Damit hat sie auch eine höhere Betriebsflexibilität.

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