Optoelektronik, Displays & HMI Maschinen kommunizieren drahtlos

02.04.2012

Längst tauschen in den Fabrikhallen Maschinen Daten unter sich aus - ohne das Eingreifen von Menschen. Und das tun sie immer häufiger ohne Kabel. Das macht die Produktion flexibler, ist aber in der Installation häufig sehr komplex.

Die anfänglichen Einwände der Skeptiker gegen menschenleere Fabrikflure sind lange verebbt: In den Produktionshallen tauschen intelligente Maschinen ihre Daten unbeirrt ohne menschliche Eingriffe aus. Machine-to-Machine-(M2M)-Kommunikation, durchgehende Vernetzung, Telemetrie, Fernwirken und Fernüberwachung bestimmen die Fertigungsstätten und Prozesse von heute. Bluetooth, WLAN, ZigBee und WirelessHART, aber auch Ethernet, LTE, Fragen der Konvergenz, der Protokolle und Schnittstellen sind aus der reinen Informationstechnik heraus auch in die raue Industrieumwelt eingezogen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Maschinen und Anlagen lassen sich wesentlich flexibler umorganisieren, Automatisierungsinseln einfacher verknüpfen und Transportsysteme leichter steuern. Und überdies wird dem Umsatz mit drahtlosen M2M-Systemen bis 2014 nahezu eine Verdopplung auf höchst attraktive 60 Milliarden US-Dollar vorhergesagt.

Vertikale Integration

Die industrielle Fertigung bleibt im Fluss, global, flexibel und mobil. Eingebettete, vernetzte IT-Komponenten haben Maschinen und Anlagen erobert und pflegen wie selbstverständlich einen regen Austausch. Vorrangiges Ziel sind Leistungssteigerungen und Kostensenkungen sowie erhöhte Servicequalität, anfänglich vor allem bei Prozessen mit hoher Widerholungsrate und niedriger Komplexität. Die Ansprüche an die Netzwerke, die in allen Umgebungen zuverlässig und hoch verfügbar sind, steigen unablässig. Und zusehends verdrängen drahtlose Verbindungen die Kabel und Lichtwellenleiter. Viele Industriezweige streben zudem eine „vertikale Integration“ an, den direkten und automatisierten Austausch von Informationen zwischen der betrieblichen Ebene und der eigentlichen Produktionssteuerung. In einer voll vernetzten, cleveren Fabrik liegen außerdem Zukunftschancen für deutsche Unternehmen: Durch die Vernetzung entstehen hoch komplexe Anlagen, und deren Handhabung ist eine traditionelle Stärke deutscher Ingenieurskunst. Fachleute nennen das die dritte Welle der Konvergenz; nach dem Zusammenwachsen von IT und Telekommunikation und der nachfolgenden Integration der Unterhaltungselektronik finden jetzt ITK und Fertigungsindustrie zueinander. So ganz freiwillig geschieht das aber nicht. Zur höchsten Effizienz der Fertigung werden die Industriebetriebe durch den globalen Wettbewerbs- und Kundendruck gezwungen. Sie setzt neben einer bislang unerreichten Flexibilität eine durchgängige Automatisierung und hohe Verfügbarkeit der Anlagen voraus. Störungen müssen schnell behoben werden; oft kann bereits ein Stillstand der Produktion von wenigen Minuten sehr hohe Kosten verursachen. Dafür sind Diagnoselösungen auf dem Markt, welche die zentrale und Protokoll-übergreifende Überwachung industrieller Netze gewährleisten. Vernetzung in der Fabrik ist nicht neu; Kabel zur Verbindung von Anlagen gehören zum gewohnten Bild in den Fabrikhallen. Wesentlich jünger sind indes die Übertragungstechniken über Funk oder gar übers Internet. Die Lösungen haben sich sukzessive von den anfänglichen funkbasierten Feldbussen auf drahtlose Ethernet-Netzwerke verlagert. Erst dadurch wurde die M2M-Kommunikation mit mobilen oder weltweit verteilten Fertigungseinrichtungen möglich. Wegen stark unterschiedlicher Anforderungen entstanden im Laufe der relativ kurzen Zeit zahlreiche industrietaugliche Funktechnologien. Funkbasierte Systeme haben gegenüber kabelgebundenen eine ganze Reihe von Vorteilen: Kabel und Stecker werden eingespart, die Mobilität und Flexibilität erhöht. Hinzu kommt die Verschleißfreiheit des Übertragungsmediums. Da kein Funksystem alle Anforderungen gleichzeitig erfüllen kann, müssen für verschiedene Aufgaben gegebenenfalls mehrere Systeme in Stern-, Ring- oder Bus-Topologie parallel betrieben werden. Aus diesem Grunde untersuchten führende Unternehmen unter dem Dach des ZVEI bereits vor einiger Zeit die gegenseitige Funkbeeinflussung, um einen zuverlässigen Parallelbetrieb sicherzustellen.

Das richtige Frequenzband

Dabei steht die effektive, störungsfreie Nutzung des Frequenzbands im Vordergrund. Regulierungsstellen bestimmen über die Nutzung des begrenzt verfügbaren Frequenzspektrums. In der Automatisierungstechnik stehen dafür die lizenzfreien ISM-Bänder (Industrial, Scientific und Medical) zur Verfügung, zum Beispiel 433 MHz sowie 2,4 GHz (weltweit verfügbar) und 5 GHz, die allerdings auch von anderen Anwendungen (Militär, Mikrowellenöfen) genutzt werden. Außerdem ist in Europa der Bereich 868 bis 870 MHz lizenzfrei freigegeben (beliebt in der Sicherheitstechnik, der Gebäudeautomation und für RFID-Systeme). Auch der Bereich 5,1 bis 5,7GHz ist lizenzfrei von WLAN nutzbar, erfordert jedoch zusätzliche Maßnahmen wie eine dynamische Frequenzwahl und Leistungsregelung. Nach Lizenzierung durch die zuständigen Stellen können weitere Frequenzen für die Automatisierung durch Lizenzen erworben werden, beispielsweise 448 und 459MHz, mit denen sich durch höhere erlaubte Sendeleistungen Reichweiten bis 10 km erreichen lassen. Darüber hinaus zwingen Bestrebungen zur Energie- und Ressourceneffizienz sowie hohe Sicherheitsanforderungen die einstmals getrennten IT- und Fabrikflur-Netzwelten trotz völlig unterschiedlicher Lebenszyklen zu gemeinsamem Handeln. Im Jahre 2010 wurde die einstmals heile Welt der Steuerungen durch die Schadsoftware Stuxnet aufgeschreckt; die aktuelle Wurm-Version Duqu zeigt, dass die Bedrohungen nicht aufhören. Da helfen nur proaktive konzertierte Gegenmaßnahmen. Denn Einflüsse der Außenwelt sind unvermeidlich, und gegen Spionage und Sabotage müssen nicht nur Abteilungen, sondern die Unternehmen als Ganzes gewappnet sein. Bleibt die Frage, welche Trends und welche Drahtlostechniken sich im Industrieumfeld durchzusetzen vermögen. Standen früher Feldbusse einschließlich ihrer Erweiterungen sowie proprietäre Protokolle und Systeme im Mittelpunkt, ist mittlerweile die drahtlose Ethernet-Kommunikation zum vorherrschenden Medium geworden. Dieser Siegeszug wurde durch den Umstand begünstigt, dass der Umstieg auf die verwirrende Vielfalt der industriellen Ethernet-Netzwerke nicht schlagartig erfolgen muss, sondern in hybriden Übergangslösungen schrittweise vorgenommen werden kann. In ungefähr drei Viertel aller weltweit genutzten Industrial-Ethernet-Anwendungen kommen Profinet oder EtherNet/IP (einschließlich Modbus/TCP) zum Einsatz, gefolgt von Powerlink und EtherCAT, die besonders für harte Echtzeit geeignet sind, sowie Sercos III für schnelle Antriebssteuerungen. IEC-Normen sorgen für übergreifende Einheitlichkeit, während Nutzerorganisationen die Protokolle sinnvoll weiterentwickeln. Die Investitionssicherheit, der beim Industrieeinsatz ebenfalls hohe Priorität zukommt, wird sowohl durch offene Protokolle und Kompatibilität zu bestehenden Applikationsprofilen sichergestellt als auch durch hohe Verfügbarkeit, Hotplug-Fähigkeit, Verwendungsmöglichkeit mit Gigabit-Hardware sowie zertifizierte Sicherheit (Safety). Implementierungen in einen Slave können entweder durch Hardware- oder durch Softwarelösungen erfolgen. Die Betriebskosten setzen sich hauptsächlich aus Aufwendungen für Wartung und Inbetriebnahme durch hochqualifizierte Fachleute sowie aus zuweilen erheblichen Kosten für die Netzwerkadministration zusammen.

Anforderungsprofil erstellen

Die Systemauswahl richtet sich nach dem Anforderungsprofil: Betriebs- und Datensicherheit, Reaktionszeiten, Verfügbarkeit, Reichweite, Netzabdeckung, Übertragungsstabilität, Datendurchsatz, Parallelbetrieb, Echtzeitfähigkeit, Kosten (auch für Lizenzen). Außerdem gibt es sechs von der ISA festgelegte Anwendungsklassen, die von 0 (höchste Anforderungen, Notfallmaßnahmen) bis 5 (geringste Anforderungen) reichen. Für den Medienzugriff finden Spreizcode-, Frequenzmultiplex-, Frequenzsprung- oder Chirp-Modulationsverfahren Verwendung. Durch die Erweiterung der Norm 802.11n ließen sich die Datenraten auf 300 MBit/s steigern; außerdem ist die gleichzeitige Nutzung mehrerer Sende- und Empfangsantennen möglich (Multiple Input Multiple Output). Durch parallele Signalverarbeitung sind bessere Signalqualitäten, die effektive Nutzung von Mehrwegausbreitungen sowie robustere Übertragungen möglich.

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