Cultural Change Kontaktarm und doch menschlich: Arbeiten während der Krise

Gerald Taraba ist Managing Director von Actemium Deutschland. Für den erfahrenen Diplom-Ingenieur und Manager ist der Wille zur Veränderung und damit zur ständigen Anpassung an aktuelle Gegebenheiten der Schlüssel zum Erfolg.

Bild: Actemium
07.09.2020

2020 ist zweifellos ein turbulentes Jahr. Auch wenn das Coronavirus eine in ihrem Ausmaß ungewöhnlich heftige Krise ausgelöst hat, kann sie als Beispiel dazu dienen, welche Fragen wir uns stellen müssen: Wie begegnen wir etwa ständigen und komplexen Veränderungen? Was befähigt uns dazu, und welche Voraussetzungen für Lösungen finden wir bereits?

Gerald Taraba ist mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.

Das menschliche Gehirn hat sich in den letzten 10.000 Jahren nicht signifikant verändert. Von den grundsätzlichen Verarbeitungstriggern und -methoden in unseren Synapsen bis hin zu unseren Reaktionen auf Eindrücke und Erfahrungen. Wie können wir dann heute auf die ständigen Veränderungen um uns herum angemessen reagieren, wenn unser Gehirn noch genauso arbeitet wie zu Zeiten der Mammutjagd? Wie finden wir angemessene Lösungen, um uns auf die aktuelle Corona-Krise und ähnliche Szenarien vorzubereiten?

Tatsächlich passt sich auch unser Gehirn stetig an neue Anforderungen an, Stichwort Neuroplastizität. Das gleiche Prinzip gilt auch für von uns erdachte technische Lösungen. In der Automatisierung sprechen wir dabei gerne vom Adaptionsmodell – ein sich selbst in bestimmten Grenzen anpassendes System. In Kombination mit Technologien neuronaler Netze (KI) erhalten wir ein KI-System mit einer Adaptivschleife und einem übergeordneten Beobachter, der als Begrenzer fungiert. Mittlerweile ist diese Idee vollkommen technisch realisierbar und wird bei Actemium auch eingesetzt.

In der Krise „überleben“

Trotz der drastischen Veränderungen durch Covid-19 waren wir in kürzester Zeit fähig, Lösungen mit dem Ziel des „Überlebens“ umzusetzen. So mussten unsere Kunden ihre Anlagen unter der Prämisse des störungsfreien Betriebs, der flexiblen Umstellung der Produktvielfalt und der Einführung neuer Herstellungsverfahren betrachten und ausgestalten. Zudem sind stets Wirtschaftskreisläufe von Zulieferprodukten und Absatzmärkten, neue Produktanforderungen, Herstellungsbedingungen und gesetzliche Bestimmungen zu betrachten.

Dazu notwendig ist zweierlei: zum einen komplex und agil wirkende Analysemethoden und -systeme und zum anderen die passenden Werkzeuge, um neue Produktionsmethoden, IT- und Automatisierungsstrategien umzusetzen. Aus der Analyse leiten sich neue Verfahren ab, die sofort danach über eine Simulation getestet werden können.

Ist der Verlauf positiv, muss das neue Produkt in unterschiedlichen Zeitslots auf einer bestehenden Anlage hergestellt werden können. Unablässige Anpassungen in der IT-/Automatisierungsstruktur und die daraus gewonnenen Analyseergebnisse sind teilweise in Echtzeit auszuwerten und zur Optimierung einerseits und der Gefahrenminimierung andererseits in die Prozesse zurück zu spiegeln.

Menschliche Komponente nicht vernachlässigen

Um am Ende profitabel zu sein, ist es außerdem zwingend erforderlich, bereits bei der Entwurfsplanung mehrere Faktoren zu integrieren: darunter etwa IT- und technische Methoden, Automatisierungssysteme, nachhaltige Energieversorgung, Predictive Maintenance – und der menschliche Anwender.

Dazu sind sowohl unsere technischen Möglichkeiten als auch wir selbst mit unserem jahrtausendealten Bauplan in der Lage. Industrielle Unternehmen, die mit derlei Ansätzen ihre Prozesse unterstützen, optimieren nicht nur Kosten und Flexibilität ihrer Anlagen, sondern wappnen sich auch gezielt vor der nächsten Pandemie. Denn digitalisierte Algorithmen und Methoden fördern den kontaktarmen Informationsaustausch, ohne jedoch die menschliche Beziehungsebene zu vernachlässigen.

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