Smart Traffic & Mobility Kabellos beim Fahren nachladen


Elektro-Flitzer: Der FIA- Geschwindigkeitsrekord für E-Fahrzeuge ging 2013 mit 328,3 km/h an den induktiv geladenen Rennwagen Drayson B12 69/EV.

10.10.2013

Das induktive Laden von Elektrofahrzeugen während der Fahrt würde die Reichweitenproblematik weitgehend lösen. Die benötigte Infrastruktur ist allerdings teuer. Lösungen aus dem Motorsport könnten den Weg ebnen für städtische Ansätze und den Langstreckenverkehr.

Am 26. Juni 2013 stellte Drayson Racing Technologies mit einer Höchstgeschwindigkeit von 328,3063 km/h einen neuen FIA-Landgeschwindigkeitsweltrekord für Elektrofahrzeuge unter 1000 kg auf. Zuvor war das Rekordfahrzeug kabellos aufgeladen worden: mit WEVC-Technik (Wireless Electric Vehicle Charging, siehe Kasten S. 32).

Mit diesem Rekord begann ein neues Kapitel im Motorsport. Die Formel-E, die neue FIA-Meisterschaft ausschließlich für E-Rennwagen, institutionalisiert den elektrischen Motorsport und führt einem breitem Publikum das Leistungspotenzial dieser Antriebe vor Augen. Wie der zügige Reifenwechsel wird künftig auch die Ladezeit eine zentrale Stellung in der Strategie und Taktik des Motorsports einnehmen. Im Kampf um die besten Zeiten kann das Laden während der Fahrt, die sogenannte DEVC-Technologie (Dynamic Electric Vehicle Charging) ihr größtes Potenzial ausspielen: Ohne anzuhalten Energie tanken. Sobald die Akkuleistung abnimmt, steuern die Rennpiloten ihre Fahrzeuge über die speziell mit DEVC ausgestatteten Streckensegmente.

Wie es bei vielen Technologien der Fall ist, die in unseren Autos heute als selbstverständlich betrachtet werden, fließen die Lehren aus dem Rennsporteinsatz von DEVC in die Entwicklung ziviler Fahrzeuge mit ein. Dabei eignen sich hochfrequentierte Verkehrsknoten im städtischen Umfeld - wie Kreuzungen mit ihrem hohen Anteil an stoppendem und zähfließendem Verkehr - sehr gut für die Integration von DEVC. Dieses semi-dynamische Laden ist zudem ideal für Taxistände, an denen häufiger und kürzer geladen wird. Die finale Ausbaustufe stellen spezielle Ladespuren auf Autobahnen dar, auf denen Fahrzeuge in Bewegung ihre Akkus wieder auffüllen.

Unterstützung durch private Investoren

In den Städten der Rennserie wird die Formel-E eine kabellose Ladeinfrastruktur zur Nutzung hinterlassen. Der flächendeckende Einsatz des induktiven Ladens in unseren Städten und auf unseren Straßen bedarf allerdings der Zusammenarbeit aller beteiligten Interessensvertreter. Da die Eingriffe in die Infrastruktur tiefgreifend und das Investment-Volumen hoch ist, bildet die Expertise und das Kapital von Public-Private-Partnerships das ideale Projektkonsortium, um den Weg für eine saubere und mühelose Mobilität zu bereiten. Hierzu bieten sich Lizensierungsmodelle für Verkehrswege von Bund und Ländern an: Privatunternehmen können einzelne Streckensegmente betreiben und damit das öffentliche Investitionsvolumen auf ein Minimum reduzieren. Zudem bedeutet die Instandhaltung dieser Segmente eine langfristige Investition in eine sichere Einkommensquelle für die Unternehmen.

Den Fahrern werden hierbei die Kosten nach einem fairen „Pay As You Charge“-Modell während der Nutzung der Streckensegmente abgerechnet. Dieser Prozess ist vergleichbar mit dem Roaming in der Telekommunikation; das Fahrzeug sendet die Daten über die entnommene Energie an den jeweiligen Energieversorger des Fahrers. Die Energieeinheiten tauchen dann in der regulären Stromrechnung auf - ganz so, als würde das Fahrzeug in der heimischen Garage aufgeladen. Jüngste Entwicklungen in der Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) und das mit seiner Umwelt vernetzte Auto, das sogenannte „Connected Car“, machen dieses neue Abrechnungsmodell möglich.

Insbesondere für Unternehmen aus Energie und Telekommunikation verspricht DEVC eine Vorreiterrolle bei den langfristigen Gewinnchancen, bedient dieses Geschäftsmodell doch das Bedürfnis von Fahrern nach Nutzerfreundlichkeit und Zeitersparnis.

Schrittweise Einführung

Der Weg zu diesen Zukunftsszenarien führt über mehrere kleine Schritte. Stationäre Induktions-Ladestationen sollten zunächst um semi-dynamische Ladelösungen für Elektrofahrzeuge ergänzt werden, um den langsamen Verkehrsfluss städtischer Umgebungen zu bedienen - beispielsweise an Taxiständen oder an Verkehrskreuzungen, wo Fahrzeuge sich über eine relativ kurze Distanz langsam fortbewegen.

In der Folge sollte DEVC Schritt für Schritt auf stark befahrenen Langstreckenverbindungen zwischen großen Städten implementiert werden, etwa auf der Strecke Hamburg - Berlin. Wie die Zweige eines Baumes könnte sich die Technologie in der Folge auf weitere Verkehrswege ausweiten und auf diese Weise letztendlich ein dichtgeknüpftes Straßennetz nahtloser DEVC-Infrastruktur entstehen.

Visionäre sind gefragt

Obgleich auf dem Weg zu diesen Szenarien große Herausforderungen gemeistert werden müssen, sind sie keineswegs unerreichbar, wie der Siegeszug der Mobiltelefone zeigt. Es bedarf visionärer Protagonisten sowohl im öffentlichen wie privaten Bereich, um Projekte über Branchen und Sektoren hinweg voranzutreiben - bis zu einer finalen Ausbaustufe. Die Politik muss dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, damit derlei Vorhaben gelingen können. Auf der anderen Seite sollte die Industrie entsprechende Technologien entwickeln, fortlaufend verbessern und ihr Potenzial aufzeigen. Das Engagement von Qualcomm als Sponsor der Formel-E ist ein Beispiel für diese Selbstverpflichtung.

Unter der Voraussetzung, dass alle beteiligten Parteien gemeinsam auf die Integration kabelloser Ladetechnologie in unsere Infrastruktur hinarbeiten, gibt es guten Grund, optimistisch in eine sauberere und bequemere Zukunft der Mobilität zu schauen.

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