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Thermische Brücke Sonnige Zeiten für Powerrelais

Thermische Brücke: Die wärmeleitende Kupferbrücke hinter den Kontaktzungen des Solarrelais sorgt für eine gleichmäßige Wärmeverteilung auch bei Überhitzung.

Bild: Zettler Electronics
20.10.2016

Der Markt der erneuerbaren Energien stellt an Relais hohe Anforderungen. Außerdem sorgen Normen und Standards für einen Innovationsschub. Neue Lösungen erfüllen nicht nur spezifische Vorgaben, sie lösen auch Standardlösungen aus dem bisherigen Relaisportfolio ab.

Der Relaismarkt erhält neuen Schwung, unter anderem durch die Solar- und Elektromobilitätsbranche. Beide Industriezweige wachsen seit Jahren kontinuierlich und werden sich auch in Zukunft weiter positiv entwickeln. Dieser Trend verspricht auch neue Umsatzgewinne für die Elektronikbranche. Voraussetzung dafür sind technologische Innovationen, die die wachsenden Anforderungen beider Branchen erfüllen. Bei den Powerrelais im Solarbereich stehen neben hohem Wirkungsgrad, eine lange Lebensdauer und eine kleine Baugröße im Vordergrund. Für Elektrofahrzeuge lauten die Vorgaben: sicherer Betrieb, der das Laden und Wiedereinschalten im Fehlerfall verhindert, sowie eine kleine und leichte Bauform. Standardrelais können diese Anforderungen nicht erfüllen. Jedoch lassen sie sich systemübergreifend weiterentwickeln, um applikationsspezifischen Vorgaben zu entsprechen.

Solarrelais – Kontaktabstand entscheidend

Inverter sind das Herzstück von Photovoltaikanlagen. Sie wandeln Gleichspannung aus Solarmodulen in Wechselspannung um und speisen diese in das Stromversorgungsnetz ein. Im Allgemeinen benötigen Inverter zwei Relais, die in Reihe geschaltet, den Wechselrichter im Fehlerfall sicher vom Netz trennen. Die Isolationsanforderungen und damit der Mindestabstand zwischen den Relaiskontakten sind abhängig vom Einsatzort. Für Solaranlagen, die in bis zu 2.000 Metern Höhe betrieben werden, lag der erforderliche Kontaktabstand ursprünglich bei mindestens 1,5 mm pro Kontakt. Die Norm IEC 62109-1 schreibt jetzt einen Kontaktabstand von 1,8 mm vor, bei einer Systemspannung von 1.000 VDC in der Überspannungskategorie II. Nachdem die ersten Solarkraftwerke in über 3.000 m Höhe errichtet wurden, stiegen auch die Bemessungsdaten für Luft- und Kriechstrecken nach oben. Die Messlatte liegt bei mindestens 2,05 mm pro Kontakt. Für Solaranlagen in 4.000 m Höhe ist gemäß IEC 62109-1 sogar ein Mindestabstand von 2,32 mm notwendig.

Nicht alle Solarrelais lassen sich konstruktiv so modifizieren, dass der Kontaktabstand beliebig vergrößert werden kann. Um höhere Ströme zu ermöglichen, mussten neue Wege beschritten werden. Eine solche Lösung ist ein neues, von Zettler Electronics entwickeltes Kontaktsystem. Es kommt ohne die übliche Kontaktfeder aus und braucht nur geringe Kräfte, um die Rückstellkraft der Kontaktfeder zu überwinden. Diese Lösung wurde bereits im AZSR1200 von Zettler integriert. An Stelle der herkömmlichen Kontaktfeder besitzt das PCB-Powerrelais mehrere hochflexible „Kupferseile“, die an einer Art Galgen baumeln und daher keine Federvorspannung benötigen. Einzig die vernachlässigbaren Reibungs- und Elastizitätskräfte der Kupferseile müssen überwunden werden, um den 200-A-Kontakt in Arbeitsstellung zu bewegen. Das ermöglicht Spitzenwerte in Bezug auf Ansprech- und Halteleistung.

Der zusätzliche Vorteil dieser Kontaktkonfiguration: Die bei Kurzschlussströmen auftretende Magnetkraft zwischen parallel verlaufenden Kontaktfedern wird anders genutzt. Diese Kraft stößt normalerweise die Kontakte auseinander und bewegt sie damit zum Öffnen, was zwangsläufig zum Verschweißen der Kontakte beim Wiederschließen im Lichtbogen führt. Je stärker bei der neuen Konstruktion der Stromstoß ist, umso mehr werden die Kontakte aneinander gepresst. Kurzzeitige Kurzschlussströme von bis zu 3.000 A bedeuten deshalb keine Gefahr für die Relaiskontakte. Nach dem Wiedereinschalten der dann ausgelösten Sicherung beziehungsweise des Leitungsschutzschalters ist das Relais wie vor dem Kurzschluss völlig intakt.

Eine weitere Alternative stellt die sogenannte thermische Brücke von Zettler dar. Dabei wird eine wärmeleitende Kupferbrücke direkt hinter den Kontaktzungen angebracht, um die zwei parallelen Kontakte thermisch miteinander zu verbinden. Das gewährleistet eine gleichmäßige Wärmeverteilung, auch wenn es durch ungleichmäßige Stromverteilung der Kontakte zur Überhitzung kommt. Die Zerstörung des Relais wird selbst bei einem Totalausfalls eines der beiden Kontakte vermieden. Dies ist der Fall, wenn der eine Kontakt vollständig isoliert ist, während der komplette Strom über den anderen Kontakt läuft und so eine Überlastsituation verursacht. Die thermische Brücke beugt dabei einer Überhitzung des Kontakts vor.

E-Mobility – Herausforderung Laden

Anderen Herausforderungen stellen sich Hersteller im Bereich Elektromobilität. Powerrelais kommen dort zum Beispiel in Ladestationen für Elektrofahrzeuge und bei elektrischen Antriebssystemen zum Einsatz. Insbesondere beim Laden von Fahrzeugen über Kabel sind besondere Anforderungen zu berücksichtigen. Sicherheit hat oberste Priorität aufgrund der Spannungen, die beidseitig am Kabel auftreten können.

Bei den vier in der Norm EN 61851 standardisierten Ladebetriebsarten, ist insbesondere das Laden in der Ladebetriebsart 2
für Schaltrelais eine Herausforderung. Hier müssen die Relais eine hohe Kurzschlussstromfestigkeit von bis zu 1,5 kA aufweisen. Bei dieser Strombelastung treten elektrodynamische Kräfte (Lorentz-
kraft) auf, die der Kontaktkraft des Relais entgegenwirken. Im Extremfall steigt die Temperatur so stark an, dass die Kontakte verschweißen. Um die geforderte Kurzschlussfestigkeit sicherzustellen, verwendet Zettler eine patentierte Konstruktion mit einer speziell geformten Kontaktfeder. Diese verstärkt die Kontaktkraft mit zunehmendem Strom anstatt ihr entgegen zu wirken. Damit wird eine hohe Zuverlässigkeit des Relais garantiert und ein Verschweißen der Kontakte verhindert. So ermöglicht das AZSR140 von Zettler Schaltströme von 40 A sowie die von IEC 62752:2016 geforderte Kurzschlussstromfestigkeit von 1.500 A bei einer Halteleistung von nur 200 mW.

Die Norm IEC 62752:2016 lässt sich aber auch auf andere Weise erfüllen, nämlich über einen im Relais integrierten Rückmeldekontakt. Findet bei Kurzschluss oder im Fehlerfall ein Verschweißen der Kontakte statt, wird dies sofort signalisiert und das Laden automatisch unterbrochen. Relais mit dieser Art von Monitoring bieten einen hohen Schutz bei sicherheitskritischen Applikationen und entsprechen schärfsten Sicherheitsrichtlinien. Die Relais AZSR116/132/140 zum Beispiel verfügen über einen potenzialfreien N.C.(1 Form B)-Rückmeldekontakt und können so für Ladeeinrichtungen nach Mode 2 eingesetzt werden.

Standardrelais weiterentwickeln

Noch fahren auf den Straßen zu wenige Elektrofahrzeuge, um eigens für diesen Markt Relais zu entwickeln. Bis eine Marktgröße erreicht ist, die eine Entwicklung von AC-Relais speziell für die E-Mobilität interessant macht, sind Kompromisse gefragt – ganz ähnlich wie zu Beginn des Photovoltaik-Booms. Damals wie heute bieten Relais-Standardlösungen, die applikationsspezifisch weiterentwickelt werden, eine bewährte und kosteneffiziente Alternative zu bisherigen Relais.

Bildergalerie

  • Abbildung 2: Relais-Monitoring: Der durch die Kontaktfeder fließende Strom (1) erzeugt Magnetfelder, die einander abstoßen (2). Die Magnetkraft verstärkt die Kontaktkraft (3) und sorgt so für eine hohe Strombelastbarkeit.

    Abbildung 2: Relais-Monitoring: Der durch die Kontaktfeder fließende Strom (1) erzeugt Magnetfelder, die einander abstoßen (2). Die Magnetkraft verstärkt die Kontaktkraft (3) und sorgt so für eine hohe Strombelastbarkeit.

    Bild: Zettler Electronics

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