Communication Keine hohle Phrase: Die Zukunft der Industrie liegt im Internet of Things

Marco Becker ist Senior Consultant bei IDC. In dieser Position beschäftigt er sich vor allem mit der Erstellung von Studien sowie der Durchführung von Kundenprojekten; hierfür steht er in engem Austausch sowohl mit Anbieter- als auch Anwenderunternehmen. Sein inhaltlicher Schwerpunkt liegt auf den Themengebieten (I)IoT-, Cloud- und Netzwerktechnologien. Vor seinem Einstieg bei IDC war Becker sechs Jahre bei Techconsult als Marktanalyst beschäftigt, sein Fokus lag hier sowohl auf Mittelstands- als auch auf Enterprise-Themen.

Bild: Sarah Kastner Fotografie; IDC
14.07.2020

Das IoT ist nicht einfach nur ein Trend, der wieder vorübergeht. Ganz im Gegenteil: Es krempelt bestehende Grundlagen der Produktion immer wieder komplett um und ist, ähnlich wie die Dampfmaschine, eine tiefgreifende technologische Neuerung. Nur dass das IoT nie mehr verschwinden wird.

Marco Becker ist mit diesem Beitrag im E&E-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Elektronikwelt vertreten. Alle Beiträge des E&E-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.

Viele industrielle Unternehmen haben das bereits begriffen, allen voran die Großunternehmen – und das sollte auch ein gewichtiges Signal an alle KMU sein. Eine Erhebung von IDC im Juli des vergangenen Jahres ergab, dass fast 40 Prozent der befragten deutschen Großunternehmen und gehobenen Mittelständler in industriellen oder industrienahen Sektoren (ab 1.000 Mitarbeiter) IoT-Technologien bereits produktiv einsetzten. KMU mit mehr als 100 Mitarbeitern kamen hier nur auf 16 Prozent.

Das ist sicher nicht ganz schlecht und aller Anfang ist schwer, dennoch springt einem die große Diskrepanz förmlich ins Gesicht. Viele Unternehmen setzen auf Beobachtung, sie evaluieren und planen, doch der Schritt in handfeste Pilotprojekte bleibt häufig (noch) aus.

An den ersten PC hat auch niemand geglaubt

Gehen wir aber noch mal einen Schritt zurück in der Historie: Als in den 70ern die ersten Arbeitsplatz-PCs eingeführt wurden, waren nur wenige Vorreiter überzeugt. Heute, 50 Jahre später, ist fast jedes Unternehmen geradezu handlungsunfähig, wenn die IT nicht funktioniert. Ihr Siegeszug hatte sicherlich viele Gründe, im Vordergrund steht und stand aber immer, dass die Informationstechnologie die Büroarbeit erleichtert und erheblich produktiver gemacht hat. Gleichzeitig bot sie komplett neue Möglichkeiten der Informationsverarbeitung und Interaktion, die zur Schaffung und besonders Verbesserung innovativer Dienstleistungen genutzt werden konnten.

Diese Entwicklung ist im Prinzip komplett auf das industrielle Internet of Things übertragbar, handelt es sich hierbei im Kern ja um nichts anderes als die Übertragung der Vorteile der IT für die Büro- auf die Fertigungsumgebungen. Auch hier geht es ganz klar darum, auf Basis von Daten die Produktivität in der Fertigung zu optimieren und innovative Dienstleistungen zu ermöglichen.

Ablehnung von IoT ist sinnlos

Aus strategischer Sicht ist IoT insbesondere für uns hierzulande eine wünschenswerte Entwicklung: Als rohstoffarmes Land wird Deutschland entweder zunehmend abhängig von Lieferanten oder eben von einem starken Dienstleistungssektor. Für jedes produzierende Unternehmen heißt das: je mehr Umsatz auf Dienstleistungen umgeschichtet werden kann, desto mehr Unabhängigkeit kann es bewahren. Vielmehr können Unternehmen sogar zu Produzenten des vielleicht wichtigsten Rohstoffes der heutigen Zeit werden: Daten in allen Varianten.

Und genau diesen Wandel haben bereits viele Unternehmen – und vor allem Elektronikkomponenten-, Sensorik-, Automatisierungs-, Robotik-Hersteller wie auch Maschinenbauer – entlang der Wertschöpfungskette angestoßen. Ihre Produkte werden zunehmend zu datenbasierten Service-Plattformen, die weit über einfache physische Prozesserfüllung hinausgehen.

Und weil IoT die Vernetzung über das eigene Unternehmen hinaus einschließt, zum Beispiel für gemeinsame Service-Ökosysteme und andere Synergien, kann man sich der Technologie kaum entziehen – und hat dazu eigentlich auch keinen Grund.

Ein Denkanstoß für die Skeptiker

Es wundert daher nicht, dass gerade die Elektro- und Maschinenbau-Giganten der Welt – darunter erfreulicherweise viele europäische und deutsche Unternehmen – ganz weit vorne dabei sind, wenn es darum geht, das Internet of Things von morgen mitzugestalten, unter anderem in starken deutschen Fachverbänden für Elektronik, Industriekommunikation und IoT wie ZVEI, VDI, FED und vielen weiteren.

Skeptikern, die argumentieren, dass IoT dennoch nur eine temporäre Modererscheinung ist, sei mit einem Zitat eines erfolgreichen Wegbereiters einer früheren industriellen Revolution, Henry Ford, noch ein Denkanstoß mit auf den Weg gegeben: „Erfolg besteht darin, dass man genau die Fähigkeiten besitzt, die im Moment gefragt sind.“ Und heute bedeutet das dediziert, Werte aus Daten zu generieren.

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